Ein Raum der Wünsche

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Jaime

Die Idee für Hermines Geschenk kam mir in der großen Halle. Es war ein ganz normaler Tag in Hogwarts: Aufstehen, Anziehen, Frühstück.
Bei dem Frühstück drängten sich hunderte Leiber an den engen Bänken nebeneinander, lautes Stimmengewirr herrschte und die kleinen, vorlauten, nervigen Erstklässler strapazierten meine ohnehin schon miese Laune. Endlich riss mir der Geduldsfaden. ,,Du! Halt's Maul, sonst verhex' ich dich in ein Wiesel!", fauchte ich einen winzigen Hufflepuff an, der mit Brotkrumen um sich warf. Der Kleine nickte ängstlich und verkrümelte sich. Dem nächstem Schüler hielt ich einen Vortrag über das Werfen von Apfelmus und einen anderen verpasste ich einen unauffälligen Schubs, der ihn von der Bank fallen ließ. Endlich war es einigermaßen still.
,,Komm wieder runter", meinte Draco trocken, während er seinen Joghurt löffelte.
Ich gab ein genervtes Schnauben von mir. Könnte man nicht einmal in Ruhe frühstücken?!
Und dann machte es Klick.
,,Draco", meinte ich langsam, ,,wenn du ein Mädchen wärst-"
,,Nein, dann würde ich trotzdem nichts mit dir anfangen. Wir sind doch beste Freunde!"
Ich rollte die Augen, doch er grinste nur. ,,Ich wollte eigentlich fragen, ob du es als Mädchen schön finden würdest, wenn dich jemand zum Essen oder so einlädt. Jetzt kein Essen bei Kerzenlicht, sondern einfach nur ein gemütliches Frühstück."
Kurz wurde er still. Überlegte genauer, als ich angenommen hatte. ,,Jaaa, aber es kommt auf das Mädchen an. Wenn du zum Beispiel Pansy einlädst, ist das etwas anderes, als... Diggory oder so."
,,Vertrau mir, ich meine keinen von beiden."
,,Also dann... ja."
,,Fein." Jetzt brauchte ich nur noch einen geeigneten Ort für das Frühstück. Und ich musste Essen aus der Küche klauen. Alles absolut machbar. Ich prostete Draco fröhlich zu.

Nach dem Unterricht machte ich mich sofort auf die Suche nach einem geeigneten Raum. Aber das gestaltete sich schwerer als gedacht. Hogwarts war zwar riesig und besaß mehrere Hundert Flure, Klassenzimmer, versteckte Kammern und Gänge, aber die waren entweder für den Unterricht gedacht, vollkommen verstaubt oder verschlossen. Trotzdem suchte ich weiter, wollte einfach nicht aufgeben.
Ich streunte bestimmt zwei Stunden durch die verschiedenen Stockwerke, bis ich am Ende überhaupt nicht mehr wusste, wo genau ich war.
Ich seufzte. Warum war das alles so kompliziert?! Ich brauchte doch nur einen Raum, der halbwegs gemütlich war und Hermine gefallen könnte!
Ich ging ein paar Meter auf und ab. Dann stockte ich. War die Tür eben auch schon da gewesen?
Nein, war sie nicht.
Aber jetzt war sie da, einfach so, als würde sie schon seit Ewigkeiten dort stehen.
Zögernd trat ich näher, öffnete behutsam die Tür und linste hinein. Ein Feuer knisterte im Kamin, weshalb es trotz der frostigen Außentemperaturen angenehm warm war, mehrere Sitzkissen lagen auf dem Boden verstreut und ein dicker Teppich war über den hölzernen Dielen ausgebreitet. Es war ziemlich gemütlich. Vielleicht sogar noch gemütlicher als die Gemeintschaftsräume der verschiedenen Häuser. Es war schlicht und einfach perfekt.
Vor allem strahlte dieser Ort eine besondere Art von Magie aus, eine Magie, die sowohl mächtig als auch schützend war. Und dann noch die Tür, die einfach so aus der Wand entstanden war.
Als hätte sich der Raum aus meinen Wünschen manifestiert...
Nun, das war ziemlich interessant. Jetzt war auf alle Fälle meine Neugierde geweckt.
Was wäre wenn...
Ich prägte mir den Inhalt des Raumes noch einmal genau ein, dann schloss ich die Tür wieder.
Ich brauche einen Raum, wo ich... - meine Blase drückte unangenehm - auf Toilette gehen kann. Das war vermutlich nicht gerade die optimale Nutzung dieses magischen Raums, aber egal.
Ich drehte ein paar Runden, währendessen ich mich immer wieder an eine volle Blase erinnerte und kam dann wieder an der geheimnisvollen Tür ein.
Ich berührte die Klinge und die Tür schwang auf. Ich prustete los: Der magische Raum, der vermutlich schon die verschiedensten und extravagantesten Wünsche erhört hatte, war zu einer gewöhnlichen Toilette geworden. Aber es war eine sehr schöne Toilette...
Ich musste grinsen. Hogwarts würde wohl nie aufhören mich zu verblüffen!
Letztes Jahr hatte ich eine tausend Jahre alte Kammer mit einem tödlichen Monster entdeckt, dieses Jahr einen Raum, der buchstäblich alle Wünsche erfüllte. Ein Raum der Wünsche. Ja, das passte ziemlich gut.
Und ich war eine der wenigen Personen, die diesen Raum kannten. Mit Hermine.

Allana

Morgen war Weihnachten. Bis jetzt hatte ich mich immer auf dieses Fest gefreut, sogar entgegengefiebert. Jetzt konnte ich mir nichts schlimmeres vorstellen, als den ganzen Tag lang mit Hermine, Harry und Ron zu verbringen und ihnen vorzugaukeln, dass mit mir alles in Ordnung war. Denn es war definitiv nichts in Ordnung!
Ich seufzte leise und ging in die große Halle. Auch hier war bereits schon alles festlich dekoriert: Meterhohe Tannen standen geschmückt mit Kugeln im Eingangsbereich, Schnee rieselte von oben herab und es roch nach Plätzchen.
Konnte meine Laune nicht mal besser werden?!
,,Diggory."
Ich drehte mich um. Meine Laune wurde schlechter. ,,Malfoy."
Wir schwiegen uns an.
,,Weißt du", ergriff ich dann betont locker das Wort, ,,ich diskutiere ja gerne mit dir über alle möglichen Dinge, aber auf dieses Schweigen kann man schlecht etwas erwiedern. Also, was willst du?"
Malfoy blinzelte kurz überrascht. Normalerweise redete ich auch nicht so mit anderen Leuten, aber meine Laune war gerade einfach ganz unten.
Eins der wenigen Male, dass dies nicht Malfoy zu verdanken ist.
,,Ich will nichts. Ich habe dich nur kurz begrüßt."
Jetzt war ich verwirrt. Ein netter Malfoy, der nichts fieses im Schilde führte? Irgendwie passte das nicht ganz zusammen. Aber vermutlich reagierte ich im Moment ganz einfach über. Er konnte schließlich auch nichts für meine miese Laune. ,,Sorry", meinte ich langsam, ,,ich bin nur ein wenig gestresst. "
Das ist die Untertreibung des Jahres.
,,Gestresst? Wir haben Ferien! Sollte man da nicht am wenigsten gestresst sein?" Er schaute mich abwartend an, erwartete offenbar eine Antwort. Der Umstand, dass er womöglich sogar Recht hatte, ließ mich meinen persönlichen Tiefpunkt erreichen. ,,Ja, du hast Recht, wie immer, zufrieden?!", fauchte ich.
Genervt quetschte ich mich an ihm vorbei und ignorierte dabei seine verwirrte Miene. Ich war bockig, wie ein kleines Kind. Echt lächerlich.
Wir haben gerade ein fast normales Gespräch geführt. Zumindest bis ich ihn angemotzt hatte.

Das war das Bonuskapitel für 7k reads
Ja, ja, ich weiß. Kein sonderlich interessantes oder spannendes Kapitel. Eher so etwas wie ein Lückenfüller, zumindest kommt mir das gerade so vor. Das nächste Kapitel wird auf jeden Fall anders. Vielleicht nicht spannender, aber besser als dieses.
Ich hab mir auch überlegt bei dem 10k spezial oder einem anderen Spezial vielleicht ein Kapitel aus einer anderen Perspektive zu schreiben.
Schreibt mir mal, wie ihr die Idee findet.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt