Das Trimagische Turnier

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Jaime

Es schüttete wie aus Kübeln. Der Himmel über Hogwarts war schon beinahe schwarz zu nennen, nur manchmal erhellte ein Blitz die Umgebung und tauchte alles in grelles Licht.
Ich schloss die Augen. Blendete das aufgeregte Geschnatter der Schüler aus, ignorierte die nassen Körper um mich herum und konzentrierte mich einfach nur auf das wunderbare Gefühl wieder hier zu sein.
Jemand schüttete einen Eimer eiskalten Wassers über mir aus. Dann ein schadenfrohes Gackern. ,,Peeves!!", brüllte ich dem nervtötenden Poltergeist nach, ,,mach das noch einmal und ich spüle deinen Körper die Toilette nach unten in den See!"
Der Geist ließ sich nur zu einem listigen Grinsen hinab und piesakte mehrere verängstigte Zweitklässler aus Hufflepuff.
Hrmpf.
Ich tat mein Möglichstes, um auf dem glatten, marmornen Boden nicht der Länge nach zu fallen und hangelte mich deshalb von einer Rüstung zur nächsten. Auch die anderen Schüler hatten mit der fortwährenden Rutschgefahr zu kämpfen; Ernie McMillian schlitterte bereits kontrolllos über die nassen Fliesen und versuchte (vergeblich) sein Gleichgewicht wieder zu erlangen.
Endlich kamen wir in der großen Halle an, wo ich mich direkt auf den erstbesten Stul setzte. Draco ließ sich neben mich fallen und Blaise pflanzte seinen Hintern zu meiner linken Seite.
Wie jedes Jahr gab der sprechende Hut eines seiner Gedichte zum Besten, in dem es darum ging, dass Freundschaft zwischen den Häusern von immenser Bedeutung seien. Draco grinste darüber. ,,In dieser Hinsicht sind wir wohl die reinsten Musterschüler!"
Dabei spielte er wohl auf die neue ,Freundschaft' zwischen ihm und Allana an. Aber ich wusste es besser. Er plante etwas. Definitiv.
Er schaute kurz zu meiner Schwester hinüber, die gerade angeregt mit Hermine quatschte. Dann bemerkte er, dass ich ihn ansah und begegnete meinem starren Blick mit einer hochmütig hochgezogenen Augenbraue. ,,Was? Darf ich sie etwa nicht beobachten?"
Mir lag eine zutiefst unschöne Antwort auf der Zunge, doch ich schluckte sie herunter, denn in diesem Augenblick erhob sich Professor Dumbledore.
Der Schulleiter von Hogwarts schenkte den versammelten Schülern ein breites Lächeln und räusperte sich. ,,Wieder einmal beginnt ein neues Jahr", begann er, ,,aber dieses wird wirklich außergewöhnlich sein!"
Aufgeregtes Getuschel. ,,Was genau meint er damit?", wisperte ich Draco zu, doch der grinste nur überlegen. ,,Wart's ab."
,, ... doch zuerst möchte ich gerne unseren neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste willkommen heißen. Professor Moody!" Dumbledore deutete mit der ringverzierten Hand strahlend auf eine massige Gestalt am Lehrertisch, die mir zuvor noch gar nicht aufgefallen war.
Das Flüstern nahm zu, besonders am Tisch der Slytherins.
,,Als ob das wirklich Mad-Eye Moody, der Auror ist", staunte Blaise mit offenen Mund.
Ich verstand kein Wort. ,,Wer zum Teufel ist das?"
Blaise starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. ,,Dieser Mann hat ungefähr die Hälfte der Zellen in Askaban gefüllt!" Er schien kurz nachzudenken. ,,Ich glaube, er hat auch meinen Urgroßonkel Ferdinand gefangen genommen. Der Kerl hatte aber sowieso eine Schraube locker." Er zuckte die Schultern. ,,Auf jedem Fall werden ihn viele Slytherins nicht gerade willkommen heißen."
Das glaubte ich nur teilweise. Zwar begegnete ich ein paar feindlichen Gesichtern, aber die meisten zeigten einfach nur Erstaunen oder Faszination. Diese Empfindung teilte ich ebenfalls, wie ich mir eingestehen musste. Schon allein sein Aussehen war verblüffend: Sein Gesicht war voller Narben und ich glaubte zu erkennen, dass ein großer Teil seiner Nase fehlte. Außerdem war ein klumpiges Holzbein an seinem Kniegelenk befestigt, wo sich eigentlich ein Bein aus Fleisch und Blut befinden sollte.
Wahrscheinlich wegen einem Fluch.
Aber das interessanteste an ihm war ohne Zweifel ein hellblaues, künstliches Auge, das sich anstelle eines Echten in seiner Augenhöhle befand. Einen winzigen Augenblick lang glaubte ich, dass es mich geradewegs ansah.
Gruselig.
Vereinzelte Klatscher waren zu hören, doch das Echo von den Wänden machte deutlich, wie wenige es doch waren. Ich konnte es ihnen nicht verübeln; die meisten waren noch vollkommen von Moodys andersartiger Erscheinung eingenommen.
Der klägliche Applaus stoppte, als Dumbledore in einer dramatischen Geste die Hände hob. ,,Außerdem freue ich mich, Euch mitteilen zu dürfen, dass dieses Jahr das Trimagische Turnier in Hogwarts stattfinden wird!", erklärte er feierlich und sofort brandete Gemurmel wie eine riesige Welle auf.
,, ... Trimagisches Turnier?", fragte ein junger Slytherin und runzelte die Stirn. ,,Was ist das?"
,, ... gaanz berühmt ...", berichtete Montague seiner Freundin, obwohl dieser vermutlich ebenfalls nicht wusste, was für ein Event dies genau war.
,, ... klingt schonmal interessant ..."
,, ... ein Turnier? Zwischen wem denn?"
,, ... vielleicht zwischen den einzelnen Häusern", antwortete ein kleines, schüchterndes Mädchen mit krausen schwarzen Haar darauf.
Daraufhin folgte eine angeregte Diskussion.
,,Ruhe!!", ließ Dumbledore verlauten. ,,Das Turnier findet zwischen drei verschiedenen Schulen statt, deren so genannte Champions drei magische Aufgaben lösen müssen." Er ließ seinen Blick durch die Halle schweifen, seine Stimme wurde merklich leiser. ,,Jeder, der älter als Siebzehn ist, darf teilnehmen. Ich muss euch jedoch warnen: es sind dort bereits Menschen zu Tode gekommen." Seine blauen Augen funkelten ernst unter der Halbmondbrille.
Trotzdem schien diese ernüchternde Nachricht die Begeisterung vieler Schüler nicht gerade zu dämpfen, sondern vielmehr anzustacheln. Einige Siebtklässler diskutierten schon über einen möglichen Kandidaten.
,, ... die Freiwilligen müssen einen Zettel ausfüllen und ihn in dieses Gefäß werfen." Er deutete auf einen schmucklosen, circa ein Meter hohen Kelch. ,,Der Feuerkelch." Bei der Erwähnung des Namens brutzelten bunte Flammenzungen aus dem Inneren des Kelches in die Höhe. Es war zugleich einschüchternd als auch faszinierend.
Doch Dumbledore war noch nicht fertig. ,,Der Gewinner des Turniers", erklärte er und jede Person schien den Atem anzuhalten, ,,erhält einen Preis von Eintausend Galleonen."
Sofort erfüllten laute Ausrufe, sowie hektisches Schnappatmen und Pfiffe den Saal. ,,Wir melden uns freiwillig", brüllten die Weasley-Zwillinge unisono und versuchten gleichzeitig einem anderen Schüler die Luft abzuschnüren, da dieser ebenfalls lautstark sein Interesse an dem tödlichen Wettbewerb verkündete. Ein paar weiteren Schülern stand der Mund angesichts des Reichtums offen. Allein bei den Slytherins war die Stimmung distanziert. Von ihnen kamen alle aus reichen, reinblütigen Familien, deren Jahreslohn den Gewinn wahrscheinlich sogar übertaf. Zabini, dessen Mutter eine berühmte Hexe war und bereits mehrmals reiche Zauberer geheiratet hatte - die dann alle ziemlich schnell unter fragwürdigen Umständen ihr Ende gefunden hatten - blickte Dumbledore nur aus schweren Lidern an. Ein anderer Slytherin murmelte, dass das doch kein Gewinn sei...
Ich spürte einen kurzen Anflug von Hass für meine verwöhnten reinblütigen Freunde in mir aufflammen. Sie mussten sich keine Sorgen um irgendwas machen, sie besaßen alles, was sie sich wünschten...
Es ist nicht ihre Schuld, sagte ich mir. Sie kennen es einfach nicht anders.
Meine Wut verschwand allmählich, nur ein fahler Nachgeschmack blieb zurück.
Dumbledore klatschte einmal in die Hände und sofort tauchten wie aus dem Nichts hunderte Speisen auf goldenen Tellern auf.
Darauf habe ich die gesamten Ferien gewartet.
Ich lud mir eine große Portion auf und beobachtete aus den Augenwinkeln Moody, der gerade mit Flitwick sprach. Auf einmal hob er den Blick und starrte mich geradewegs über die Massen der Schüler hinweg an. Es war ein kalter, berechender Blick, der mein Innerstes aufzudecken schien.
Ich schluckte und sah schnell in die entgegengesetzte Richtung.
Dieser Mann war mir unheimlich.

Wie ihr bestimmt schon erkannt habt, habe ich ein neues Cover. Vielen Dank dafür an sunnymi99 das sieht echt fantastisch aus!

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt