Neue Vermutungen

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Allana

Ich hastete hinter Harry, Ron und Hermine her und meine Gedanken spielten verrückt. Ich konnte Parsel, aber wie war das möglich? Konnte es etwa sein, dass ich entfernt mit Salazar Slytherin verwandt war? Aber warum war ich dann in Gryffindor?
Hermine und Ron sprachen hektisch auf Harry ein, der mit der Situation ziemlich überfordert schien.
,,Ich habe eine andere Sprache gesprochen?", fragte er Hermine, die hektisch nickte. ,,Richtig, Harry. Du hast Parsel gesprochen. Die Sprache der Schlangen. Jetzt denken bestimmt alle, dass du der Erbe Slytherins bist!"
Hermines Stimme hatte einen panischen Unterton angenommen und Ron nickte so heftig, dass ich befürchte, dass ihm der Kopf von den Schultern flog.
Ich schwieg währendessen, denn ich hatte furchtbare Angst, was die beiden sagen würden, wenn sie erfahren würden, dass ich ebenfalls Parsel sprach. Außerdem hatte sich die Schlange vor mir verbeugt und mich mit ,Meine Lady' betitelt. Bei Harry hatte sie es nicht getan, sondern nur zu mir und zu Jaime. Ich musste unbedingt mit ihm sprechen!
Hermine schien aber im Moment ganz andere Sorgen zu haben. ,,Jetzt ist es umso wichtiger, den Vielsafttrank zu brauen", murmelte sie und ging aufgeregt auf und ab. ,,Die Zutaten haben wir bereits, jetzt müssen wir nur noch den Trank fertigstellen - was ein Kinderspiel ist - und wir brauchen noch Haare von der Person, in die wir uns verwandeln wollen."
Sie stoppte und drehte sich zu uns um. ,,Wir brauchen Haare von Parkinson, Crabbe und Goyle."
Wir warfen uns missmutige Blicke zu und seufzten kollektiv auf.
,,Wie sollen wir an die Haare drankommen?", fragte Ron, aber Hermine winkte ab. ,,Ich habe schon eine Idee", meinte sie, ,,aber zuerst müssen wir die Zutaten unauffällig in das Mädchenklo schmuggeln."
,,Das kann ich übernehmen", antwortete ich und hob die Hand.
,,Sehr gut."
Sie gab mir die Zutaten für den Trank und ich versuchte damit so unauffällig wie möglich zu wirken, was sich aber als nicht so einfach herausstellte, da zum Beispiel Baumschlangenhaut ziemlich verdächtig in meinen Armen aussah. Mir tat das arme Viech ziemlich leid, das für einen einfachen Trank an ihre Haut glauben musste.
Ich schlich mich durch die Gänge und wich den Schülern und vor allen Dingen Professor Snape aus, der die Zutaten sofort erkennen würde.

Endlich hatte ich das Klo erreicht und ließ mich nach Luft schnappend auf dem Boden nieder. Ich verfrachtete die Zutaten schnell in eine leerstehende Kabine und erschuf mit meinem Zauberstab eine kleine Flamme, worauf ich den Kessel stellte.
,,Wer bist du und was machst du hier?!", fauchte plötzlich eine hohe Stimme und zuckte zusammen.
,,Hallo, ich bin Allana", stellte ich mich höflich vor, ,,und du musst Myrte sein."
Der Geist des kleinen Mädchens nickte langsam, sah mich aber immer noch forschend an.
,,Tut mir leid, wenn ich dich hier störe, aber meine Freunde und ich wollten hier einen Trank, ehm ausprobieren."
,,Was für Freunde? ", fragte Myrte argwöhnisch.
,,Harry Potter - du kennst ihn bestimmt", meinte ich, als Myrtes Augen sich weiteten, ,,und Ron Weasley. Sie sind beide sehr nett und stören dich bestimmt nicht."
,,Oh", murmelte sie und schien kurzzeitig etwas enttäuscht zu sein, ,, ich dachte, es wäre dieser süße Junge aus Slytherin."
Ich verkniff mir ein Schmunzeln. Hoffentlich war es nicht Draco Malfoy.
Nun kamen auch Harry und Ron, die beide ziemlich abgehetzt wirkten. Rons Ohren glühten förmlich und Harry schate permanent auf dem Boden.
,,Was ist denn mit euch passiert", fragte ich die beiden amüsiert.
,,Wir sind Percy begegnet", murmelte Ron düster, ,,er wollte wissen, was wir auf der Mädchentoilette vorhaben."
,,Und was habt ihr geantwortet?", wollte ich wissen und hob eine Braue.
,,Wir haben gesagt, dass Hermine am kotzen ist und seelischen Beistand braucht, aber dann kam Hermine und Percy wurde ziemlich misstrauisch."
Das konnte ich gut nachvollziehen.
Hermine kam durch die Tür gerauscht und warf den Jungen böse Blicke zu. ,,Wegen euch musste ich mir von Percy Weasley eine Predigt zum Thema Ernährung anhören!"
,,Entschuldigung", murmelte Harry.
,,Hast du die Zutaten?", fragte sie mich und ich nickte.
,,Gut, dass Allana die Zutaten hatte und nicht ihr. Dein Bruder wäre schnurstracks zu McGonagall gerannt!", schimpfte sie Ron aus.
Myrte gackerte und Ron warf ihr einen bösen Blick zu.
Hermine stellte einen kupfernen Kessel auf die munter lodernden Flammen und begann mit dem Trank. Ron und Harry saßen daneben und wussten offenbar nicht so recht, was sie machen sollten. Deshalb streunerten die beiden schon bald im Bad herum und sponnen Theorien über weitere Verdächtige.
,,Vielleicht ist es ja auch dieser Zabini", überlegte Ron, doch Hermine unterbrach ihn sofort.
,,Warum zum Teufel sollte es Zabini sein?"
,,Na ja, er ist ein Reinblut, in Slytherin-"
,,Ungefähr alle Slytherins sind entweder Reinblüter oder Halblüter", schnitt Hermine ihm das Wort ab und Ron zuckte die Schultern. ,,War ja nur eine Idee."
Hermine wandte sich an mich. ,,Du solltest jetzt besser gehen, immerhin hast du gleich Nachhilfe bei Snape und er schöpft bestimmt Verdacht, wenn du zu spät kommst."
Ich nickte und sammelte meine Schulsachen ein. ,,Viel Spaß noch!", rief ich den Jungen über die Schulter hinweg zu und verließ das Bad. Ehe ich die Tür zuknallte, hörte ich Ron noch murmeln: ,,Für mich sieht das kein bisschen nach Spaß aus."
Ich grinste und machte mich auf den Weg in die Kerker.

Im Nachhilfeunterricht nahmen wir heute einen komplexen Verwandlungszauber durch, aber ich konnte mich nicht richtig konzentrieren. Immer wieder tauschte ich mit Jaime Blicke aus und in stiller Übereinkunft beschlossen wir nach dem Unterricht bei Snape die Informationen zu sammeln, die wir bis jetzt hatten. Viel war es nicht. Ich wusste nur, dass es einen Erben und ein Monster gab, außerdem war es wahrscheinlich, dass der Erbe Slytherins Parsel sprechen konnte. Jaime hörte mir interessiert zu und nickte zum Schluss. ,,Das weiß ich auch schon alles. Aber ich glaube nicht, dass du weißt, dass die Kammer des Schreckens schon einmal geöffnet worden ist."
Ich schaute ihn ungläubig an, ,,woher weißt du das?"
,,Ich habe einfach Draco gefragt und er hst es mir erzählt. Er weiß übrigens, dass ich Parsel spreche."
,,Du hast es ihm gesagt?!", rief ich lauter aus, als beabsichtigt.
,,Ja, habe ich, wenn auch eher aus Versehen."
,,Aber er weiß nicht, dass ich auch Parsel spreche, oder?", hakte ich nach und er nickte. ,,Ich habe was dich betrifft den Mund gehalten."
Ich atmete erleichtert auf. Wenigstens etwas.
,,Wann genau wurde denn die Kammer geöffnet?"
,,Genau vor fünfzig Jahren."
Er sah mich abwartend an, als erwartere er eine Reaktion von mir.
,,Und es wurde eine Muggelstämmige getötet."
Ich hob eine Braue und dachte nach. ,,Warum werden jetzt alle versteinert, aber nicht getötet?"
,,Keine Ahnung", antwortete Jaime, ,,aber die Opfer waren bis jetzt immer Muggelstämmige."
Er schenkte mir einen fragenden Blick. ,,Bist du eigentlich auch muggelstämmig?"
Warum wollte er das wissen?!
,,Ich weiß es nicht", meinte ich und wählte jedes meiner Worte mit Bedacht. Vielleicht hatte Hermine ja Recht und Jaime war der Erbe Slytherins. ,,Ich kenne meine richtigen Eltern nicht, weil ich adoptiert wurde."
Jaimes Augenbrauen schossen in die Höhe. ,,Adoptiert?", wiederholte er und seine Stimme klang merkwürdig gepresst. Was hatte er denn?
,,Na ja, nicht richtig adoptiert. Ich wurde einfach vor der Haustür abgesetzt."
Jaimes Augen weiteten sich für einen Sekundenbruchteil, doch dann setzte er eine undurchsichtige Miene auf, die alle Slytherins perfekt zu beherrschen schienen.
,,Weißt du, wann das ungefähr war?", fragte er und seine Stimme klang drängend, auch wenn er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Was zum Teufel war nur los mit ihm?
,,An Halloween. Irgendwann in der Nacht."
Ich zuckte die Schultern und lachte nervös. ,,Genauer geht's leider nicht."
Jaime machte mir irgendwie Angst. Sein Blick war auf mich geheftet und er schien sehr schnell nachzudenken. Und in seinen Augen schimmerte etwas, was ich nicht ganz zuordnen konnte.
,,Jaime?", fragte ich und er blickte auf und blinzelte. ,,Hm?"
,,Geht es dir gut?"
,,Ja, ja, es ging mir nie besser", murmelte er aufgewühlt und strich sich durch die Haare. Seine Augen huschten umher und er vermied es mich anzusehen.
Ich wusste ganz genau, dass er log.
,,Na dann... bis morgen", meinte ich zum Abschied, aber ich hatte den Eindruck, dass er mir gar nicht zuhörte.
,,Ja, bis später", murmelte er ohne aufzublicken, packte hastig seine Sachen zusammen und eilte aus dem Raum.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt