Der große Ball Part II

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Jaime

Vor dem Buffet mit den Erfrischungen befand sich eine ziemliche Schlange und ich war keineswegs bereit mich zehn Minuten lang anzustellen. Einen Augenblick überlegte ich, ob ich nicht einfach zurück zu Luna gehen sollte. Doch dann entdeckte ich Krum. Er befand sich ziemlich am Ende der Reihe und grummelte etwas auf Bulgarisch. Dabei versuchte er sich so gut wie möglich von seinen weiblichen Fans entfernt zu halten, die nur auf eine Gelegenheit warteten, ihn ihre Schals signieren zu lassen.
Wenn Krum ohne Hermine hier war, musste das bedeuten, dass diese sich noch in der großen Halle aufhielt. Und zwar allein. Für etwa zehn Minuten.
Mein Blick wanderte wieder zu Krum und ein spontaner, höchst unmoralischer Gedanke nahm in meinem Kopf Gestalt an, der meinen sofortigen Rauswurf aus Hogwarts bedeuten könnte. Natürlich nur wenn man mich erwischte. Was hoffentlich nicht passieren würde.
Ich nahm den Zauberstab aus der Tasche meines Umhangs und versteckte ihn so in meinem Ärmel, sodass nur noch ein winziger Teil der Spitze zu sehen war. Dann drängelte ich mich rüde in der Schlange nach vorne. Ein paar Schüler wurden zur Seite geschubst und warfen mir Beleidigungen nach. Einer von ihnen - Justin Finch-Fletchley - knallte gegen Krums Rücken, sodass dieser sich genervt umdrehte. ,,Pass doch auf!", schnautzte er, woraufhin der Hufflepuff sich hastig entschuldigte und anklagend mit dem Finger auf mich deutete. Krums Augenbrauen zogen sich zusammen. ,,Du. Stell dich gefälligst hinten an."
Ich tat als würde ich hicksen und torkelte ein bisschen. An der Theke wurde zwar überhaupt kein Alkohol an Minderjährige verkauft, doch das brauchte Krum nicht zu wissen. ,,Hier gefällt es mir besser." Ich ging ein paar Schritte nach vorne und legte provozierend einen Arm - natürlich den mit dem Zauberstab - auf seine Schulter. Unter dem Stoff fühlte ich seine angespannten Muskelpakete. Aber ich wusste, dass er mich nicht schlagen durfte, zumindest nicht öffentlich. Er war einer der Champions! Sein guter Ruf würde nach einer Schlägerei mit einem jüngeren Schüler erheblich sinken. Er musste also höflich bleiben.
,,Komm, gehen wir ein paar Schritte", bot ich ihm an, den Arm immer noch scheinbar brüderlich um seine Schultern gelegt. Er zögerte kurz, nickte dann jedoch und bewegte sich mit seinem gewohnt schlürfenden Gang vorwärts.
,,Weißt du was", meinte ich, als wir uns einige Meter von den neugierigen Blicken meiner Mitschüler entfernt hatten, und lallte dabei ein bisschen. Doch meine vorgetäuschte Trunkenheit war im nächsten Moment wie weggeblasen. ,,Ich hasse Quidditch." Und dann jagte ich ihm einen starken Verwechslungszauber auf den Hals.

Allana

Draco und ich saßen etwas abseits des regen Treibens und beobachteten die tanzenden Paare. Ich hatte mich leicht an ihn gelehnt und lauschte seinen leisen Atemzügen. Seine Augen waren beinahe geschlossen, nur durch einen winzigen Spalt zwischen seinen Lidern konnte ich seine Iris erkennen. Sein Mund war leicht geöffnet.
Mein Blick wanderte herum und fand Harry und Ron, die nur wenige Tische entfernt von uns saßen. Die beiden waren vollkommen allein und schienen sich nicht im Geringsten zu amüsieren. Rons Miene war angespannt, wärend Harrys Augen unheilverkündend auf Draco lagen. Ich ahnte, was gleich geschehen würde. ,,Draco, wollen wir nicht woanders hingehen?", fragte ich ihn zaghaft und er schlug die Augen auf.
,,Warum denn?"
,,Nun, Harry versucht dich gerade mit Blicken zu ermorden."
Er blinzelte kurz und drehte sich dann für einen Moment in die Richtung der beiden Gryffindors. ,,Du hast Recht", meinte er gelassen, ,,Potter sieht aus, als hätte er sich gerade an einem Löffel Murtlap-Essenz verschluckt."
Meine Mundwinkel hoben sich, doch trotzdem war mir unwohl zumute. Ich sah noch einmal zu den beiden Gryffindors hinüber, doch dort waren nur zwei verlassene Sitzgelegenheiten.
Plötzlich schob sich ein Schatten vor meine Sicht ich zuckte zusammen. ,,Allana, können wir uns kurz unterhalten?", fragte Harry ungewohnt förmlich. Dabei starrte er Draco böse an. Ron hatte sich neben ihm aufgestellt.
,,Um was geht es denn?"
Harry nickte rüde in Richtung Draco. ,,Was glaubst du denn?"
Das wiederum nahm dieser ebenfalls als Anlass zu sprechen. ,,Potter, sie wird schon gewusst haben, was sie getan hat."
,,Was mischst du dich da ein?!"
,,Weil ich doch der Anlass für dieses Gespräch bin, oder?"
Darauf erwiederte Harry nichts, doch sein Blick wurde wenn möglich noch finsterer.
Und ich habe ernsthaft geglaubt, dass wir hier einen stressfreien Abend genießen können....
Ich seufzte. ,,Okay, meinetwegen können wir kurz reden, aber auch nur kurz, ja?"
Harry nickte knapp und zog mich äußerst unsanft am Arm ein paar Meter von Draco weg. Dessen Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. Ich stolperte in meinem Kleid hinter meinen Freunden her und langsam war ich - umgangssprachlich ausgedrückt - echt angepisst. Die beiden sollten sich gefälligst nicht so anstellen! Ich riss mich aus Harrys Griff los und verschränkte die Arme vor dem Körper. ,,Also?"
,,Also?!", wiederholte er fast schon ungläubig, ,,Wie ,also'?! Warum gehst du mit Malfoy, den du doch eigentlich nicht ausstehen kannst?!" Seine Stimme klang nun wütend und das fachte auch meinen Zorn an. ,,Harry Potter! Du bist derjenige, der schon seit vier Jahren ein Problem mit Malfoy hat! Ich bin darüber hinweg gekommen, denn ich bewerte Menschen nicht schlechter, nur weil sie aus dem falschen Haus kommen!"
,,Darum geht es doch gar nicht!", meinte nun auch Ron mit rotem Gesicht. ,,Es ist Malfoy! Er ist nicht gut für dich, das weißt du doch auch!"
,,Wie ,er ist nicht gut für mich'?!", explodierte ich. Was fiel ihm eigentlich ein?! ,,Wer ist denn ,gut für mich'?!!"
Ron ignorierte das einfach, doch ich merkte, dass er errötete. ,,Erinnerst du dich etwa nicht mehr daran, wie er Harry verhexen wollte oder uns so provoziert hat oder Hermine wegen ihrer Abstammung beleidigt und bloßgestellt hat?!"
,,Das war so, weil ihr euch seit euren ersten Tag verfeindet habt!! Hat er mich verhext? Nein! Weil ich mit ihm klarkomme! Aber ihr: Ihr habt immer nur Streit gewollt!"
,,Das ist gar nicht wahr!", fauchte Harry. ,,Verstehst du denn gar nicht, in welcher Gefahr du vielleicht bist?! Seine Eltern sind Todesser! Was glaubst du wohl, was eines Tages aus ihm wird?!"
Meine Augen blitzten. ,,Seine Eltern sind Todesser und er nicht! Außerdem weiß ich mir zu helfen, Danke!"
Ich drehte mich um und stapfte zurück zu Draco, der mich mit einer hochgezogenen Augenbraue ansah.
,,Allana, warte!", rief Harry und folgte mir. ,,Hör auf mich, ja? Malfoy ist ein Slytherin, er ist ein-"
,,Gibt es ein Problem?", fragte Draco hinter mir und neigte ein wenig den Kopf.
,,Du bist das Problem!", spuckte Ron aus.
Ich schloss für einen Moment lang die Augen und versuchte im nächsten Moment nicht vollends auszurasten. ,,Hört zu", meinte ich mit gefährlich ruhiger Stimme, ganz wie ich sie auch von Jaime kannte, ,,das Trimagische Turnier ist da um Freundschaften zu schließen und um alte Feindseligkeiten zu überwinden. Aber wenn ihr dazu aufgrund eures Stolzes und eurer Sturheit nicht in der Lage seid, dann ist das nicht mein, sondern euer verdammtes Problem!!"
Die beiden sahen sich kurz an. ,,Das hat Hermine auch gesagt, als wir sie gefragt haben, warum sie mit dem Feind geht", grummelte Ron.
,,Der Feind? Der Feind?!", wiederholte ich ungläubig, ,,Ronald Weasley, wenn du glaubst, dass Krum der Feind ist, dann bist du wirklich entsetzlich falsch informiert!"
Harry murmelte etwas. Ich drehte mich um. ,,Ach, und nur weil ihr zu faul wart, um euch eine Partnerin zu suchen, müsst ihr nicht denen, den es gelungen ist, den Abend ruinieren!"

Jaime

Ich beobachtete, wie Krum gerade etwas desorientiert in die Richtung eines braunhaarigen Mädchens aus Hufflepuff starrte und angestrengt zu überlegen schien. Ich grinste breit und beeilte mich den Zauberstab wieder in die Tasche meines Umhangs zu stecken.
Hoffentlich würde es noch eine Weile dauern, bis er wieder zu Vernunft kam.
Ich schlängelte mich an den Leuten vorbei, was schwieriger war, als gedacht. Vor allem war es schwerer in der ganzen Masse Hermine auszumachen. Hier auf der Tanzfläche war es so voll und so laut, dass ich nur mit Mühe irgendjemanden identifizieren konnte. Mehrmals wurde ich angetanzt und drängte die Person mit Mühe von mir weg. Da entdeckte ich Lavender Brown unweit vor mir. ,,Hermine?", fragte ich sie knapp.
,,Ich bin Lavender!", schrie sie verwirrt über das Gewirr der Stimmen hinweg.
,,Wo ist sie?"
,,Hier!"
Ich rollte die Augen. ,,Ich meine Hermine!"
,,Achso." Sie drehte sich um und wäre fast gefallen, da sie sich in ihrem Kleid verfing. Doch sie fing sich glücklicherweise wieder. ,,Ich weiß nicht. Sie war vor ein paar Minuten bei Harry und Ron."
Ich nickte als Dankeschön und beschloss die Tanzfläche zu verlassen. Nach einigen Quetschen, Rempeln und Drücken hatte ich es endlich geschafft und schnappte nach Luft. Hier war es deutlich leerer, als in dem vorherigen Teil. Leise, romantische Musik spielte, zu der Hagrid mit der Schulleiterin von Beauxbatons tanzte, sowie Neville mit der kleinen Weasley und einige andere Pärchen.
Und endlich sah ich Hermine. Sie saß, ihr rosanes Kleid um sich herum ausgebreitet am Fuße der großen Treppe, die Schuhe ausgezogen. Und weinte.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt