Letzte Vorbereitungen

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Allana

Noch eine Woche bis zum Weihnachtsball. Es hatte noch immer einen merkwürdigen Klang, dass mich dort ausgerechnet Draco Malfoy begleiten würde, gegen den ich in den vergangenen Jahren immer eine große Abneigung verspürt hatte. Mein erstes Date - sofern man einen Tanzabend als Date bezeichnen konnte - würde also mit Draco Malfoy sein. Ich musste lächeln. Es gab bestimmt schlimmeres.
Ein Teil von mir freute sich unglaublich auf den kommenden Abend, doch ich war auch schrecklich nervös. Ich hatte Angst vor Harrys und Rons Reaktion, denen ich noch immer nichts von Draco erzählt hatte. Außerdem könnte noch so viel mehr schief gehen. Ich könnte beim Tanz stolpern oder mich einfach komplett lächerlich machen. Allein bei dem Gedanken daran wurde mir flau im Magen. Und was, wenn ihm mein Kleid nicht gefallen würde ...? Aber dafür brauchte ich zuerst einmal eins. Das musste ich so schnell wie möglich erledigen!
In Zaubertränke berichtete ich flüsternd Jaime von meinem Vorhaben. Er nickte heftig. ,,Sollen wir dann morgen nach Hogsmeade gehen? Dann kannst du mir auch noch beim Aussuchen für meinen Festumhang helfen." Er schaute mich flehend an. ,,Ich habe nämlich keine Ahnung, was mir am besten stehen könnte."
,,Hast du überhaupt die Erlaubnis eines Erziehungsberechtigten, dass du an Wochenenden nach Hogsmeade gehen darfst?", fragte ich ihn vorsichtig, denn soweit ich wusste, hatte er letztes Jahr noch keine Erlaubnis gehabt. Er zögerte kurz. ,,Nein."
Ich biss mir auf die Lippe. ,,Okay, das klären wir dann morgen", murmelte ich eilig und wandte mich wieder meinen Trank zu, denn Snape beobachtete uns bereits aus verengten Augen.
Währenddessen diskutierten Harry und Ron mit leiser Stimme über die noch zur Verfügung stehenden Mädchen. Sie hatten immer noch keine Partnerinnen und langsam wurde es für die beiden schwer ein Mädchen zu finden, was noch keine Begleitung hatte. Ron rührte missmutig in seinem matschbraunen Trank herum. Doch seine Miene erhellte sich kontinuierlich, während er Hermine und mich aus den Augenwinkeln beobachtete. Mir schwahnte nichts gutes.
,,Ähm. Ihr seit doch Mädchen, oder?"
Ich warf ihm einen mörderischen Blick zu, den er aber anscheinend nicht zu deuten wusste.
,,Jaaa", meinte Hermine schnippisch, deren Miene ebenfalls deutlich kühler geworden war.
,,Will eine von euch mit mir zum Ball gehen?"
,,Oder mit mir?", mischte Harry sich nun ein, worauf sich die beiden kurz eine versteckte Rauferei bieteten.
Hermines Blick wechselte von kühl zu eiskalt. ,,Das ist echt erbärmlich, wisst ihr das?!", zischte sie erbost. ,,Ach, und ich habe bereits einen Partner!"
Sie kritzelte schnell ihr Protokoll über den Trank zuende, warf die Haare zurück und rauschte mit hocherhobenen Kopf zu Professor Snape, dem sie den Aufsatz knapp in die Hände drückte. Dann schnappte sie sich ihre Tasche und stolzierte aus dem Raum, ohne an die Jungen noch einen zweiten Blick zu verschwenden.
Ich sah ihr beeindruckt nach. So einen Auftritt hätte ich auch gerne hingelegt.
Aber wenn zwei Leute das gleiche machten, wäre es bestimmt nicht ganz so mitreißend. Außerdem war mein Aufsatz noch nicht fertig.
Ich seufzte und schaute in die hoffnungsvollen Gesichter von Harry und Ron. Ich deutete auf die Tür, aus der Hermine eben entschwunden war. ,,Was sie gesagt hat", und wandte mich wieder dem Trank zu.
,,Wie, du hast auch schon einen Partner?", stammelte Harry. Ich rollte die Augen. ,,Ja, das meine ich damit."
,,Du gehst aber nicht mit Gaunt, oder?", raunte Ron.
,,Nein", erklärte ich, nun zusehends genervt, ,,aber er hat auch schon eine Partnerin." Ich sah meinen Bruder an. ,,Nicht wahr, Jaime?"
Dieser war viel zu sehr damit beschäftigt, sich bis ins kleinste Detail die Ausführung des Tranks in seiner winzigen Schrift zu notieren, als das er unser Gespräch verfolgt hätte. Doch als er seinen Namen hörte, blickte er auf und blinzelte verwirrt. ,,Hmm-Hmm." Er wandte sich wieder seinen Aufgaben zu.
,,Da habt ihr's", meinte ich triumphierend. Die beiden schienen nicht überzeugt zu sein.

Jaime

Am nächsten Tag führte meine Schwester mich in einen leeren Gang. Dort blieb sie vor der weißen Büste einer fettleibigen Hexe stehen und schaute sich mehrmals um. ,,Sag Bescheid, wenn du Filch oder einen Lehrer siehst, okay?"
Ich nickte leicht. Sie tippte mit dem Zauberstab darauf und einen Moment später rückte diese ruckelnd zur Seite und gab den Blick auf einen schmalen Tunnel frei. Mein Mund klaffte auf. ,,Wie...?", stammelte ich staunend.
Sie grinste nur und steckte den Zauberstab zurück in ihre Tasche. ,,Lange Geschichte."
,,Warum hast du mir das nicht schon letztes Jahr gezeigt?!", empörte ich mich, nachdem ich diesen Schock überwunden hatte.
,,Da waren noch Dementoren draußen unterwegs und ich wollte dich nicht in Gefahr bringen." Sie sah mich entschuldigend an.
,,Deine Fürsorge erwärmt mein Herz", murmelte ich noch immer nicht zufrieden mit ihrer Begründung. Wenn ich diesen Tunnel gekannt hätte, hätte ich immer aus Hogwarts hinein und hinaus marschieren können, ohne dass es jemanden aufgefallen wäre!
Plötzlich waren in der Ferne hastige Schritte zu hören. ,,Komm schon, da rein!", flüsterte Allana hektisch und zerrte an meinem Umhang. Sie war bereits in den Tunnel gestiegen. Ich zog meinen Zauberstab und murmelte ganz leise ,,Lumos." Dann machte ich einen großen Schritt in die Dunkelheit des niedrigen Ganges. Der Eingang schloss sich bereits hinter uns, bis nur noch ein winziger Spalt Licht von draußen spendete. Die Schritte kamen immer näher und einen kurzen Augenblick erhaschte ich einen Blick auf Moody, der seinen knorrigen Zauberstab angriffsbereit in der Hand hielt. Sein normales Auge war auf eine Stelle mehrere Meter links von uns gerichtet, aber mich beschäftigte eher sein magisches Auge, welches wild rotierte. Seine Miene war eisern. Ich wusste, es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis er uns entdecken würde. Denn im Unterricht hatten wir bereits in Erfahrung gebracht, dass er mit dem magischen Auge durch Wände sehen konnte. Wir würden also den größtmöglichen Abstand zwischen uns und Moody bringen müssen.
Ich stupste Allana sachte an, die sofort verstand und so schnell wie möglich durch den dunklen Tunnel eilte. Ich folgte ihr im kurzen Abstand. Wir hasteten immer weiter, ständig in der Angst, dass Moody uns vielleicht entdecken würde. Er würde uns bestimmt zu Dumbledore zerren und dieser suchte bestimmt nur nach einen neuen Grund, um mich über meine zahlreichen Regelverstöße aufzuklären.
,,Komm weiter!", zischte Allana nach bestimmt fünf Minuten und nahm meine Hand. Ich schnappte keuchend nach Luft und hielt mir die Seite. ,,Ich glaube, wir sind zu weit weg, als das er uns noch sehen kann."
Nun deutlich langsamer gingen wir im Licht unserer Zauberstäbe durch den Gang. Gerade als ich sie fragen wollte, wie lang der Weg denn noch gehen sollte, stieß ich mit dem Kopf gegen eine Luke. ,,Au!" Ich rieb mir die schmerzende Stelle, während Allana bereits die Klappe zu öffnen versuchte.
Wir kletterten hindurch und fanden uns einen Moment später in einen düsteren Keller wieder, der nach Allana die Vorratskammer des Honigtopfs war. Mir juckte es bereits in den Fingern, ein paar der unbewachten Köstlichkeiten einzustecken, aber Allana führte mich rasch weiter. Wir huschten durch den leeren Laden und erreichten dann den Ausgang. Während wir durch den Tunnel gegangen waren, hatte es angefangen zu schneien und nun waren der Boden und die Dächer der winzigen Häuschen bereits von einer dünnen Schneeschicht bedeckt. Weiße Flocken wirbelten im Wind um uns herum. Es war wie im Märchen.
Allana pustete sich eine Strähne ihres schwarzen Haares nach hinten und deutete auf eins der Geschäfte am anderen Ende der Straße. ,,Es ist gleich da."
Ich nickte als Antwort und zog mir den Kragen meines Mantels bis zum Kinn hoch. Wir eilten durch das dichte Schneegestöber die Straße entlang und meine Haare wurden mir ins Gesicht geweht.
Endlich erreichten wir den Laden, wo uns direkt ein Schwall heißer Luft entgegen schlug, als wir die Tür öffneten. Im Inneren war es jedoch angenehm warm, weshalb ich meinen Mantel rasch auszog. Allana tat es mir gleich.
Im Geschäft befanden sich hunderte von Anzügen, Umhängen und Schuhen, außerdem Massen von Kleidern und Accessoires. Alles mit verschiedenen Stoffen, Farben, Längen und Extras.
,,Okay", meinte Allana munter, ,,erst suchen wir etwas passendes für dich und dann für mich."
Sie ging schnurstracks auf einen der Haken zu und prüfte die Größe. Ich trottete hinter ihr her. Binnen Sekunden hatte sie mehrere Umhänge gefunden und hielt sie mir der Reihe nach an. Sie runzelte die Stirn. ,,Zu trist." Sie hielt mir einen blauen Festumhang an. ,,Hmm. Blau könnte passen. Schwarz aber bestimmt auch. Aber das wirkt dann so düster... Oder willst du lieber einen Anzug haben?"
Ich fand beides nicht schlecht. ,,Gibt es vielleicht so ein Mittelding dazwischen?"
,,Bestimmt! Was hältst du von einem matten grau?"
,,Joa..."
,,Aber du ziehst dir darunter etwas weißes an, oder? Willst du dafür einen Kragen oder eher nicht?"
Unsere Suche schien Stunden zu dauern, bis wir endlich ein geeignetes Kleidungsstück gefunden hatten. Es handelte sich dabei um einen grau-blauen Festumhang, der nach Allanas Meinung perfekt zu meinen Augen passte. Darunter konnte man ein weißes Jackett oder Hemd tragen.
Danach beschäftigten wir uns mit Allanas Kleid, was erneut einige Zeit in Anspruch nahm. Entweder gefiel ihr der Schnitt nicht oder die Form oder es waren zu viele Rüschen und zu viel Tüll... Ich hatte bisher noch nicht gewusst, dass es so eine massenhafte Auswahl an verschiedenen Kleidern gab.
,,Wie findest du das hier?", fragte meine Schwester mich zu wiederholten Male und spazierte aus der Umkleidekabine. Sie trug ein hellblaues Kleid, das sich eng an ihre Haut schmiegte. Außerdem reichte es ihr bis zu den Fußknöcheln, besaß aber keine Arme, sondern nur Träger.
,,Also mir gefällt es gut", meinte ich.
Sie zog eine Schnute. ,,Das hast du bei den letzten Kleidern auch schon gesagt", murmelte sie und betrachtete sich nachdenklich von allen Seiten im Spiegel. ,,Ich wage es fast zu glauben, dass du einfach nur so schnell wie möglich zurück nach Hogwarts willst."
Ich lächelte gequält. Sie kannte mich viel zu gut. ,,Wie findest du es denn?", stellte ich ihr die gleiche Frage. Sie biss sich überlegend auf die Lippe. ,,Bis jetzt gefällt es mir von dem Farbton und dem Schnitt am besten, aber vielleicht finde ich ja noch ein besseres..." Dann entschied sie sich: ,,Ich glaube, ich nehme es trotzdem."
Erleichterung machte sich in mir breit. Endlich!
Draußen war es bereits dunkel geworden, weshalb wir eilig bezahlten (Allana lieh mir etwas Geld) und unsere Tüten schulterten. Der Schnee knarzte unter unseren Füßen und reichte uns bereits bis zu den Waden, weshalb wir immer wieder einsanken.
,,Weißt du", erklärte Allana, die wie verrückt grinste und die Tasche mit ihrem Kleid wie einen kostbaren Schatz eng an sich gepresst hatte, ,,jetzt kann eigentlich nichts mehr schief gehen."
Das hoffe ich auch.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt