Unterricht bei Lupin

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Noch ein kleines Bonuskapitel wegen 3K reads.

Allana

,,Glaubst du, dieser Lupin wird ein guter Lehrer sein?", fragte mich Hermine heute zweifelnd und beobachtete den kränklich aussehenden Professor.
,,Ich denke, schlechter als Lockhart geht nicht mehr. Außerdem", fuhr ich fort, ,,hat er einen Patronus-Zauber im Zug gewirkt. Er kennt also sein Fachgebiet. Alles andere werden wir heute herausfinden. "
,,Mit wem haben wir eigentlich zusammen Unterricht? ", fragte Hermine weiter und ich zuckte die Schultern.
,,Mit den Slytherins", meinte eine Stimme hinter uns und ich zuckte zusammen.
,,Jaime! Was fällt dir ein, uns so zu erschrecken!", rief ich und gab meinen Bruder einen spaßhaften Klaps auf den Arm.
,,Aua", murmelte er trocken. Hermine schnaubte. ,,Wie geht's dir, Jaime? ", fragte sie dann und ich blinzelte verwirrt. Hermine fragte einen Slytherin und dazu noch Malfoys besten Freund nach seinem Befinden? Und dazu noch mit Besorgnis in der Stimme, anstatt in einen hasserfüllten Ton? Und mein Bruder gab kein Kommentar dazu ab? Ich bemerkte, dass Hermine und Jaime flüchtige Blicke tauschten, bevor mein Bruder ein kurzes ,,gut" als Antwort gab. Dann tauschten die beiden wieder einen Blick, ehe sich Jaime wieder zu mir wandte. ,,Können wir los? "
Seine Gesichtsausdruck war normal, aber schon seit längerer Zeit glaubte ich Traurigkeit in seinen Augen zu erkennen. Etwas bedrückte ihn und er hatte Angst sich mir anzuvertrauen.
,,Natürlich", meinte ich locker, ,,die anderen warten bestimmt schon."
Wir drei gingen die Treppen nach oben und dabei unterhielten wir uns ein wenig. Mir fiel auf, dass Hermine und Jaime ziemlich vertraut und gelassen miteinander umgingen, fast so, als hätten sie schon tausende Male miteinander gesprochen. Das wäre auch durchaus möglich, musste ich zugeben, schließlich waren beide häufig in der Bibliothek und hatten sich bestimmt schon oft unterhalten.
Lupin erwartete uns bereits vor Ort und ich bemerkte, wie er mich einige Zeit lang unauffällig musterte. Dann runzelte er die Stirn und winkte uns hinein. Auch er schien etwas zu wissen oder wenigstens zu vermuten.
Warum sagt mir denn keiner etwas?!
Jaime lächelte mir kurz zu und gesellte sich dann zu Malfoy, Zabini und Nott, die allesamt dumme Kommentare zu Lupin abgaben. Besonders Malfoy ließ es sich nicht nehmen, über die schäbigen Umhänge seines neuen Lehrers zu lästern.
Lupin hingegen trat munter zu einem Schrank und lehnte sich dagegen. Der Schrank ruckelte hin und her. ,,Kann mir jemand sagen, was da drin ist?", wollte er von uns wissen und sah die einzelnen Schüler der Reihe nach aus seinen wässrigen blauen Augen an. Die meisten tauschten über diese Frage nur verwirrte Blicke, nur Hermines Hand war nach oben geschossen. Kurz darauf folgte Jaimes Arm.
,,Wieder mal typisch", murmelte Ron.
,,Ein Irrwicht", meinte Hermine wichtigtuerisch und Lupin nickte. ,,Das ist korrekt." Dann sah er sich kurz um. ,,Ah, Neville, könntest du vortreten?"
Alle Köpfe wandten sich zu Neville Longbottom, der ängstlich schluckte und ein Quieken von sich gab. Einer der Slytherins schupste ihn nach vorne.
,,Nun", fuhr Lupin fort, ,,ein Irrwicht verwandelt sich immer in das, was man am meisten fürchtet." Er beugte sich zu Neville, ,,wovor hast du am meisten Angst?"
Neville starrte Lupin an und flüsterte dann leise etwas. ,,Vor...vor Professor Snape."
Die Klasse brach in Gelächter aus und auch Lupin grinste. ,,Das ist nachvollziehbar."
Neville lächelte schwach.
,,Der einzige Weg, um den Irrwicht zu besiegen ist, dass ihr über ihn lacht, versteht ihr? Ihr müsst eure Angst also in etwas lustiges verwandeln. Dann gerät er durcheinander und ist ungefährlich!"
Er schob Neville sachte nach vorne. ,,Der Zauberspruch dafür heißt Riddikulus."
,,Riddikulus", sprach ich zusammen mit Harry und Ron und wedelte mit dem Zauberstab. ,,Sehr gut", nickte Lupin und tippte mit dem Zauberstab gegen die Schranktür.
Einen Moment lang geschah nichts, aber dann öffnete sich die Tür mit einen Knarren und eine dunkle Silhouette erschien im Rahmen. Eine bleiche Hand öffnete von innen die Tür und kurz darauf trat eine exakte Kopie unseres Tränkemeisters in den Raum. Professor Snape alias der Irrwicht stakste vorwärts und sah Neville drohend an. Die Slytherins johlten begeistert, als Neville am ganzen Körper anfing zu zittern. ,,Riddikulus!", quietschte Neville und mit einem Mal trug Snape ein Kleid, einen hohen Hut und eine rote Handtasche. Die Hälfte der Klasse brach in Gelächter aus, aber die Slytherins standen nur kalt daneben. Dafür wird Longbottom büßen!", flüsterte Blaise Malfoy kaum hörbar ins Ohr und die anderen Jungen nickten grimmig.
,,Alle in einer Reihe aufstellen!", rief Lupin und die Gryffindors folgten begeistert seinen Anweisungen. Die Slytherins hingegen setzten verdrießliche Mienen auf und stellten sich sichtlich ungern in die Schlange. Zwei Schüler folgten seiner Aufforderung jedoch nicht: Malfoy und Jaime. Bei Malfoy war es eigentlich keine große Überraschung, der Typ hatte seinen eigenen Kopf und ließ sich von niemandem etwas sagen. Bei Jaime sah die Sache anders aus.
Mein Bruder hatte sich etwas weggelehnt und die Arme verschränkt. Sein Gesicht war ausdruckslos, er miemte den gelangweilten Kotzbrocken. Aber ich sah, dass seine Hände zitterten und er hektisch atmete. Ich konnte nur vermuten, dass er Angst vor der Konfrontation mit dem Irrwicht hatte. Er hatte Angst vor seiner Angst.
,,Al, gleich bist du dran!", unterbrach Ron meine Gedankengänge und ich zuckte zusammen. ,,Okay ", murmelte ich und umklammerte meinen Zauberstab fester.
Was war meine größte Angst? Spinnen? Ne, die waren eigentlich ganz knuffig. Zumindest die Kleinen. Wilde Tiere? Auch nicht so richtig.
Und der Irrwicht verwandelte sich.
Ein Körper lag auf dem Boden. Schwarze zerstrubbelte Haare, Brille, Blitznarbe. Harrys Leiche.
Ein Knall ertönte und der Körper veränderte sich. Schwarze glatte Haare, graue Augen, bleiches Gesicht. Jaimes Leiche.
Knall. Cedrics Leiche.
Knall. Hermines Leiche.
Knall. Rons Leiche.
Knall. ...meine Leiche. Mein zweites Ich lag auf dem Boden, das dunkle Haar war auf den Boden ausgebreitet, die grauen Augen starrten blicklos an die Decke.
Ich umklammerte meinen Zauberstab fester und mein Atem ging stoßweise. Mir war speiübel.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie mein Bruder aufgesprungen war und zu mir eilen wollte, Malfoy folgte dicht auf.
Ich hob meinen Zauberstab. ,,Riddikulus!", rief ich aus und meine Leiche verwandelte sich in eine billige Spielzeugpuppe.
Die Schüler brachen in Gelächter aus und ich eilte mit klopfendem Herzen zurück ans Ende der Schlange. Erst jetzt merkte ich, dass ich am ganzen Leib zitterte und wie verrückt schwitzte.
Jaime kam schlitternd vor mir zum Stillstand. ,,Alles Okay bei dir?", fragte er mich besorgt.
,,Ja", wisperte ich mit Mühe in sein Ohr und umarmte ihn dann fest.
,,Hättest du dir nicht eine andere Angst aussuchen können?", murmelte er leise und drückte mich.
Mir stiegen wieder die grauenvollen Bilder vor Augen und ich presste mein Gesicht an seine Brust. ,,Es war schrecklich", nuschelte ich mit gedämpfter Stimme und klammerte mich an ihn.
,,Das glaube ich", meinte er und zog mich sachte mit sich. ,,Wir bringen dich jetzt in den Krankenflügel. Du bist total blass, du kannst schon als Geist herhalten."
,,Haha", schniefte ich über seinen kummervollen Humor und ließ mich von ihm aus dem Raum geleiten.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt