Die Quidditch-Weltmeisterschaft

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Jaime

Ich hasste es mit dem Portschlüssel zu reisen. Als wir auf die Erde knallten, wurde mir übel. Mehrere Sekunden lang konnte ich einfach nur auf dem Boden liegen und keuchend nach Luft schnappen, was mir einen ziemlich mitleidigen Blick von Hermine einbrachte.
Nie wieder.
Cedric zog mich auf die Beine. ,,Sieh mal!" Im Hintergrund war ein riesiges, glänzendes Stadion zu sehen und vor uns erstreckten sich hunderte winzige Zelte. Ein kleiner Junge raste auf einem Besen auf uns zu, ich konnte nur knapp ausweichen. ,,Pass doch auf!", fauchte ich ihm nach. Hier langzugehen würde der reinste Selbstmord sein!
Alle anderen schienen jedoch hellauf begeistert zu sein. Mit Ausnahme natürlich von Hermine, die eher skeptisch auf die ganzen Zelte voller fanatischer Quidditchfans schaute. Kurzerhand hakte ich mich bei ihr unter. ,,Komm, lass uns mal ein wenig umschauen."
Am besten möglichst weit weg von aggressiven kleinen Kindern auf Besen, fügte ich im Geiste hinzu.
Damit hatte ich natürlich wieder die Aufmerksamkeit der gesamten Weasley-Familie auf mich gezogen. ,,Wo geht ihr hin?", verlangte Harry grob von mir zu wissen.
,,Ich werde jetzt Hermine mit meinen dunklen Slytherin-Kräften entführen und ihr Blut für ein schwarzmagisches Ritual nutzen." Ich schaute ihn genervt an. ,,Kleiner Scherz. Wir wollen uns einfach nur die Beine vertreten."
Natürlich bestanden Harry und Ron darauf mitzukommen und auch Allana und Ginny schlossen sich uns an.
Von Gryffindors umzingelt.
Zuerst gingen wir zu den Zelten der Irländer, wo alles mit grünen Farben geschmückt war. Wir begegneten einigen Gryffindors und Hufflepuffs, aber niemanden aus meinem Haus. Wo steckte denn Draco?!
Nach einiger Zeit waren wir bei den Zelten der Bulgaren angelangt. Dort starrten uns sofort Poster mit einem grimmig dreinschauenden Mann an. ,,Wer ist denn dieser zutiefst liebenswürdige Mensch?", murmelte ich. Hermine stieß mir den Ellenbogen in die Rippen. ,,Du siehst im Moment genauso miesepetrig aus."
Ich zwang meine Lippen zu einem schiefen Grinsen. Es wirkte gequält.
,,Du kennst ihn nicht?!", hörte ich auf einmal die fassungslose Stimme des Wiesels. Ich schaute ihn aus schweren Lidern an. ,,Ich habe ihn in letzter Zeit weder auf Hogwarts herumlaufen sehen, noch bei Allana zu Hause. Also verzeih mir, dass er mir nicht wirklich vertraut erscheint."
,,Aber... er ist der berühmteste Sucher der Welt!" Ron starrte mich  geschockt an.
Das erklärt dann so einiges.
,,Ron, du kennst mich zu meinen persönlichen Bedauern schon ziemlich lange. Deshalb solltest du wissen, dass mein Interesse an Quidditch offenbar so groß ist, wie die Chance auf ein Ohnegleichen auf deinem ZAG Zeugnis. Also nicht wirklich hoch", fügte ich des Verständnis halber hinzu.
Rons Gesicht lief purpurrot an. Allana hüstelte.
,,Gaunt, hör auf ihn immer zu provozieren!", fauchte Harry. Ich hob beschwichtigend meine Arme. ,,Schon gut. Ich werde ihn für heute mit meinen Kommentaren verschonen."
Jemand tippte mir von hinten auf die Schulter. Ich fuhr herum. Vor mir stand Theodore Nott, der mich grinsend ansah. ,,Lange nicht gesehen, Gaunt!"
,,Lange nicht gesehen, Nott." Ich umarmte ihn. Dann bemerkte ich die Person neben ihn. ,,Wer ist das denn?"
Theodore schob ihn etwas nach vorne. ,,Ein Freund aus Spanien." Er runzelte die Stirn, als er Harry, Ron und Hermine erkannte. ,,Interessante Gesellschaft, mit der du dich da umgibst."
,,¿Como te llamas?", fragte mich auf ein mal der Junge.
,,Me.... uhm... me llamo Jaime", stotterte ich herum.
Theo hob eine Braue. ,,Du sprichst spanisch?"
,,Genau diesen einen Satz", erklärte ich ihm und versuchte den Worschwall aus dem Mund des Spaniers einigermaßen zu verstehen.
Nott zog ihn weiter.
,,Was kannst du eigentlich nicht?", fragte mich Allana halb im Scherz.
,,Quidditch."

Allana

Endlich fing es an Abend zu werden. Von überall hörte ich schon die aufgeregten Stimmen von tausenden Zauberern aus aller Welt, die in verschiedenen Sprachen miteinander kommunizierten. Obwohl ich kein Wort verstand, konnte ich die gleiche Vorfreude wahrnehmen, die auch uns bereits ergriffen hatte.
Mr Weasley führte uns durch den bereits dunklen Wald. ,,Das Stadion besitzt Hunderttausend Plätze. Hunderttausend! Das Ministerium hat mit dem Bau bestimmt ein Jahr gebraucht - alles natürlich streng geheim gehalten!"
,,Merken es die Muggel eigentlich nicht, dass tausende merkwürdige Menschen mit spitzen Hüten in ein Stadion gehen, das auf keiner Karte eingetragen ist?", fragte Jaime zweifelnd.
Mr Weasley gluckste. ,,Das Stadion ist mit allen möglichen Zaubern belegt! Die Muggel können es gar nicht bemerken!", erklärte er fröhlich, während er uns zum Eingang führte und die Eintrittskarten vorlegte.
,,In die Ehrenloge, die ist ganz oben", meinte die Hexe, die unsere Karten kontrollierte.
,,Besten Dank!"
,,Ah, Arthur Weasley. Wie lange musste Ihre Familie hungern, um sich diese Karten leisten zu können?" Malfoy Seniors Stimme war voller Spott, als er das sagte.
Mr Weasley versteifte sich. ,,Guten Tag, Malfoy."
Lucius Malfoy besaß das gleiche hellblonde Haar, wie sein Sohn, auch wenn er an den Schläfen bereits ein wenig kahl war. Seine blasierte Miene glich exakt der von Malfoy Junior. Hinter ihm stand seine Frau Narzissa, geborene Black, die ebenfalls blond war. Irgendwie waren wir wohl miteinander verwandt. Dann war Malfoy also unser Cousin zweiten oder dritten Grades?
Ich wollte es gar nicht wissen. Aber apropos Malfoy: Der Malfoy-Sprössling winkte gerade Jaime zu, der sofort ein listiges Grinsen zeigte. Die beiden setzten sich sofort auf die besten Plätze und fingen an zu quatschen.
Malfoy Seniors kalte graue Augen blieben an mir hängen. ,,Wer bist du?"
,,Das ist Allana Diggory", erklärte Malfoy seinem Vater sofort an meiner Stelle, ,,sie ist in meinen Jahrgang."
,,Ah", meinte dieser nur, hielt mir dann aber zu meiner Überraschung die Hand hin. Ich schüttelte sie.
,,Al, kommst du?", rief  Hermine mir von dem Rand der Loge aus zu.
,,Ja, klar!" Ich setzte mich zu ihr. Unglücklicherweise blockierte eine dicke Eisenstange den größten Teil meiner Sicht, weswegen ich den Kopf immer leicht schief legen musste.
,,Harry, wollen wir Plätze tauschen?", fragte ich ihn, doch er schüttelte heftig den Kopf. ,,Von da kann man gar nichts sehen!"
Ich biss mir auf die Lippe. Jubel ertönte von den unteren Rängen. Das Spiel würde jede Sekunde anfangen!
,,Jaime, willst du mit mir den Platz tauschen?", rief ich meinen Bruder zu, der augenblicklich den Kopf in meine Richtung drehte. ,,Neben wem sitzst du denn?"
,,Neben Hermine und Ginny."
Er zuckte die Schultern. ,,Okay."
Er stand langsam auf und ließ sich zwischen Hermine und Ginny fallen. Ginny rutschte sofort einige Zentimeter in die entgegengesetzte Richtung.
Ich ging zu Jaimes freien Platz. Draco Malfoy grinste mir zu. Ron warf ihm dafür einen bösen Blick zu. Das konnte ja lustig werden.
,,Uuund die Maskottchen der Bulgaren!", schrie der Stadionsprecher in das magisch verstärkte Mikrofon. Sofort hoben sich tausende Köpfe.
,,Veela", erklärte mir Malfoy besserwisserisch und lehnte sich leicht zu mir hin. Ich schaute ihn verwirrt an. ,,Was sind Veela?"
Als Antwort nickte er nur in Richtung des Feldes. Dort schwebten annähernd fünfzig wunderschöne Frauen, die den Fans - hauptsächlich den Männern - zuwinkten.
,,Sie sind zwar keine Menschen, aber sie haben natürlich eine besondere Wirkung auf das männliche Geschlecht. Sieh selbst." Er deutete auf Ron und Harry. Ihre Münder und Augen waren aufgerissen, sie glotzten die Veela förmlich an. Rons Gesicht hatte einen verträumten Ausdruck angenommen. Harry zappelte auf seinem Stuhl herum.
Jaime hingegen diskutierte mit Hermine fröhlich über die magischen Eigenschaften von Veela und ihrer Vererbung, aber ich merkte, dass Hermine ihren beiden Freunden genervte Blicke zuwarf.
Ich stupste Ron sachte an. ,,Ron?"
,,Hmmmm?" Er lehnte sich vor, um einen besseren Blick auf die magischen Wesen zu erhaschen. Ich rollte die Augen.
Jaime und Hermine stritten sich derweil über einen Absatz aus alte Runen, den beide offenbar unterschiedlich übersetzt und interpretiert hatten. Das Quidditch-Finale war für beide nebensächlich.
Ginny rückte näher an Harry heran, um den intellektuellen Einflüssen zu entgehen.
,,Uuund hier kommen die beiden Teams!"
Ich reckte den Kopf, um die Spieler zu erkennen, aber sie flogen so schnell, dass ich nur verschwommene bunte Flecken wahrnehmen konnte.
,,Ich habe gehört, dass Krum noch zur Schule gehen soll!", meinte Malfoy und deutete sichtlich begeistert auf den jungen Sucher der Bulgaren. So einen Gefühlsausbruch hatte ich bei ihm bislang noch nie erlebt.
,,Echt?!"
Er nickte heftig. ,,Angeblich geht er auf Durmstrang, zumindest hat mein Vater mir das erzählt."
Ich war beeindruckt. Krum konnte höchstens siebzehn oder achtzehn sein...
Das Spiel begann mit rasanten Tempo. Man konnte den Quaffel nur noch erahnen, geschweige denn den winzigen goldenen Schnatz. Irland ging schnell in Führung, die Bulgaren wurden zusehends mutloser.
,,Hast du eigentlich schon von dem Turnier gehört, das in Hogwarts stattfinden soll?", fragte Malfoy plötzlich.
,,Turnier?", hakte ich misstrauisch nach. Meinte er das ernst oder war das nur ein alberner Scherz?
,,Das Jahr wird auf jeden Fall spannend, das kann ich dir versichern."
Konnte er sich nicht etwas klarer ausdrücken?!
Nun hatte er aber mein Interesse geweckt. Ich sah ihn aus den Augenwinkeln verstohlen an. Er hatte ein zufriedenes Lächeln aufgesetzt und erwartete wohl, dass ich ihn weiter ausfragte. Diesen Gefallen würde ich ihm jedoch nicht tun!
Obwohl... Ich kaute an meiner Unterlippe herum. Es wäre schon interessant, wenn ich noch etwas über dieses Turnier erfahren würde...
,,Was ist das für ein Turnier?", platzte ich heraus. Malfoys Grinsen wurde eine Spur breiter und doppelt so selbstgefällig.
War ja wieder klar.
,,Es ist ein Turnier, an dem mehrere Zauberschulen teilnehmen. Dieses Jahr ist Hogwarts der Gastgeber. Bei dem Turnier gibt es immer einen Champion pro Schule, der dann drei magische Aufgaben lösen muss", erklärte er, wobei er sich beim Sprechen extra viel Zeit ließ. ,,Außerdem würde ich mir an deiner Stelle ein Kleid kaufen."
Nun hatte er meine volle Aufmerksamkeit. ,,Es wird dort getanzt werden?!" Ich konnte nicht tanzen!
Malfoy nickte jedoch und ein Grinsen zierte seine bleichen Züge. ,,Vermutlich wird es eine Art Ball geben." Er schien noch etwas sagen zu wollen, doch in diesem Moment schoss Krum, der Sucher der Bulgaren, nahezu senkrecht auf die Erde zu. Aus den Rängen ertönte Jubel.
,,Ich glaube, Krum hat den Schnatz gesehen! Er streckt den Arm aus und...!", schrie der Stadionsprecher, der völlig aus dem Häuschen war. ,,Er hat den Schnatz gefangen!!!!"
Jubel brandete auf und auch ich fing wie wild an zu klatschen.
,,Der andere Sucher war auch nicht wirklich gut", murmelte Malfoy abwertend. Ich verkniff mir ein genervtes Kommentar.
Trotz Krums Glanzleistung gewannen die Iren mit zehn Punkten Vorsprung.
Die Iren hoben strahlend den Pokal in die Höhe und das Publikum spendete begeistert Applaus.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt