Die Begleitung

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Kleine Randbemerkung: Wer glaubt ihr wird letztendlich Jaimes Partnerin werden? Stellt ruhig mal ein paar Vermutungen an (am besten bevor ihr dieses Kapitel lest). Schöne Ostern euch noch!

Jaime

Ich wanderte ziellos in den Korridoren umher. Bis jetzt hatte ich es geschafft Hermine so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Natürlich sprachen wir noch im Unterricht miteinander, aber nur über Themen, die etwas mit dem Lernstoff zu tun hatten. Es schien, als sei eine Barriere zwischen uns entstanden, die jede Chance auf eine ungezwungene Konversation zunichte machte. Ich traute mich auch nicht wirklich sie darauf anzusprechen und ihr ging es scheinbar ähnlich. Denn so würden wir natürlich auf dem Ball zu sprechen kommen und keiner von uns wollte darüber reden. Ich war immer noch gekränkt und enttäuscht, weil sie mir abgesagt hatte und sie .... Ich wusste es natürlich nicht, aber ich vermutete, dass sie sich schuldig fühlte. Schließlich waren wir gute Freunde.
Aber vielleicht empfand sie einfach nicht mehr für mich und hatte deshalb Nein gesagt...
Argh, diese Gedanken machten mich wahnsinnig! Ich lockerte meine angespannten Muskeln und ließ meine Schultern kreisen.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich mehrere tuschelnde und kichernde Mädchen, die mich unauffällig beobachteten. Sie waren aus Ravenclaw und fast alle in meiner Stufe, dennoch hatte ich mir bisher noch nicht die Mühe gemacht, mir ihre Namen zu merken. Sie waren normale, typische Mädchen. Sie interessierten mich einfach nicht.
In der Gewissheit, dass gleich eines von ihnen zu mir kommen, sich die Haare aus dem Gesicht streichen, verlegen giggeln und mich fragen würde, ob ich mit ihr zum Ball gehen wollte, bog ich schnell in einen anderen, leereren Flur ab. Im Moment hatte ich kein Verlangen auf das alberne Verhalten der Schülerinnen. Diese flirteten Blicke, das viel zu hohe Lachen über die humorlosesten Witze und das ständige gezierte Lächeln nervte mich.
Ich ging noch einige Schritte weiter in den Gang, als mir etwas auffiel und meine Schrittr stoppte: Warum bei Merlins mottenzerfressenen Unterhosen hängen an der Decke Schuhe? Ich starrte nach oben und runzelte die Stirn. Bestimmt wieder so ein dummer Streich.
,,Ah, du hast sie gefunden", vernahm ich eine verträumte Stimme hinter mir und unterdrückte den Impuls zusammenzuzucken. ,,Ja, ähm ... sie sind ja auch schwer zu übersehen."
,,Meinst du? Ich bin heute schon mehrmals hier vorbeigelaufen, ohne sie zu bemerken. Bestimmt hat ein Schlickschlupf meine Sicht vernebelt. Sie können das." Das Mädchen nickte ernst.
Von diesem Begriff hatte ich noch nie gehört. ,,Was ist das?", platzte es aus mir heraus und drehte mich zu dem Mädchen um. Sie sah mich an. Sie schien etwas jünger als ich zu sein und besaß lange, blonde Haare, die ihr in leichten Wellen bis hin zur Taille reichten. Ihre Augen waren groß und sehr blau. Außerdem trug sie zu meiner Verwirrung eine pinke Brille mit eigenartig gefärbten Gläsern.
,,Schlickschlüpfe schwirren immerzu um dich herum und lassen dich schummrig werden. Aber eigentlich sind sie harmlos. Mein Vater hat über sie sogar bereits einen Artikel im Klitterer geschrieben."
,,Okay, klingt ... toll", brachte ich hervor. ,,Sag mal, warum hast du eigentlich diese Brille auf?"
Sie runzelte die Stirn. Dann tastete sie in ihrem Gesicht nach dem Gestell. ,,Oh, ich habe gar nicht bemerkt, dass ich sie angezogen hatte... Das erklärt vermutlich auch, warum meine Sicht so merkwürdig war."
,,Vielleicht hast du deshalb nicht die Schuhe gesehen."
Sie schien zu überlegen. ,,Ja, das wäre möglich", stimmte sie mir gedankenverloren zu. ,,Oder hier sind Schlickschlüpfe in der Nähe." Sie schaute sich prüfend um.
Ich räusperte mich unbehaglich. ,,Wingardium Leviosa", murmelte ich und deutete mit dem Zauberstab auf die an der Decke befestigten Schuhe. Langsam schwebten sie herab und landeten durch eine kurze Bewegung meines Zauberstabs direkt in den Händen des Mädchens.
,,Dankeschön", meinte sie und lächelte mich an. Dann legte sie den Kopf schief.  ,,Wie heißt du eigentlich?", fragte sie mich.
,,Jaime Gaunt", antwortete ich, ,,aber Jaime reicht schon. Du?"
,,Luna Lovegood, aber einige nennen mich Loony. Ich mag den Namen allerdings nicht sonderlich."
,,Also einfach nur Luna."
Sie nickte träumerisch. ,,Einfach nur Luna."
Ich betrachtete ihre Schuluniform mit dem blauen Emblem. ,,Und du bist aus Ravenclaw?", führte ich das Gespräch weiter.
,,Ja und du bist ein Slytherin, nicht wahr?" Sie deutete auf die grünen und silbernen Muster auf meinem Umhang
Ich nickte leicht.
,,Eigentlich mag ich Slytherins nicht so gerne, sie stehlen immer meine Schuhe und verstecken sie. Aber ich glaube, du bist nicht so."
,,Und ich dachte immer, alle Ravenclaws wären Streber und Langweiler, aber das ist offenbar auch nicht so."
Das brachte sie zum Kichern und ich stimmte mit ein.
,,Ich muss noch weiter, mein Schal ist schon seit drei Wochen verschwunden. Bis später", meinte sie dann plötzlich und hüpfte elegant den Flur entlang. Ich sah ihr nach. Sie war merkwürdig, aber auf eine liebenswürdige, lockere Art, ganz anders als die Mädchen, mit denen ich in meinem Haus zu tun hatte.
Ich meinem Kopf formte sich eine Idee. ,,He, warte mal", rief ich ihr nach und sprintete ihr hinterher. ,,Luna!"
Sie stoppte mitten in der Bewegung und sah mich an. ,,Willst du etwa noch mehr über Schlickschlüpfe wissen? Oder über schrumpfhörnige Schnarchkakler? Die gibt es wirklich. Vielleicht werde ich mit meinem Vater sogar nächstes Jahr in die Berge fahren und sie suchen. Du kannst dir aber natürlich auch die neue Ausgabe des Klitterers kaufen, dort steht alles drin, was du wissen musst."
,,Ähm...", meinte ich. Vermutlich würde es nicht hilfreich sein, wenn ich ihr sagen würde, dass mich magische Tierwesen reichlich wenig interessierten. ,,Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob du mit mir zum Weihnachtsball gehen willst. Ich weiß, ich kenne dich gar nicht, aber ... na ja, ich finde dich nett und ich mag dich. Also wenn du willst können wir da zusammen hingehen ... nur als ... Freunde natürlich. Ja... Und natürlich vorausgesetzt, dass du noch keine Begleitung hast", fügte ich eilig hinzu. Lass sie bitte Ja sagen! Noch eine Absage verkrafte ich nicht!
Lunas Augen wurden groß wie Tischtennisbälle und sie strahlte mich an. ,,Ja, gerne!" Zu meiner Verblüffung umarmte sie mich.
Ich atmete geräuschvoll aus und bemerkte ich jetzt, dass mir ziemlich warm war. ,,Äh, super! Wirklich! Okay, dann bis spätestens in zwei Wochen!"
Sie winkte mir zum Abschied zu und summte etwas, während sie sich mit schon beinahe tanzenden Schritten entfernte.
Ich musste grinsen, als ich ihr nachschaute. Luna würde eine gute Wahl sein.
Pfeifend ging ich den Korridor zur großen Halle entlang, als ich wieder das Tuscheln der Ravenclaws hörte. Eins der Mädchen - ich vermutete, sie war eine Stufe über mir - bewegte sich auf mich zu.
Ich habe es kommen sehen.
Sie lächelte mich strahlend an und ich hörte ihre Freundinnen einige Meter entfernt kichern. ,,Hi, du kennst mich bestimmt schon, ich bin Hannah."
Nein, ich kenne dich nicht und es ist mir auch herzlich egal wie du heißt.
,,Hättest du Lust mit mir zum Ball zu gehen?", fragte sie selbstsicher und klimperte mit ihren Wimpern.
Ich lächelte mein schönstes Lächeln. ,,Mal überlegen ... Nein."
Ihr Gesicht erschlaffte merklich und ich drehte mich um. ,,Man sieht sich." Ich zwinkerte ihr zu.
Hoffentlich nicht.

Kam Jaimes Wahl für euch überraschend oder eher nicht? Wie findet ihr seine Entscheidung?
Und zu guterletzt noch einmal vielen Dank für das tolle, neue Cover von Vilaatrix!

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt