Die erste Aufgabe

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Jaime

Ich hatte nicht gewusst, dass beim Frühstück eine so angespannte Atmosphäre herrschen würde. Zwischen den Gryffindors und den übrigen Häusern gab es bereits erste Auseinandersetzungen, denn diese beharrten noch immer, dass Potter gefuscht hätte, um an dem Turnier teilzunehmen. Die anderen Champions waren von einer Traube von Freunden oder Bewunderern umgeben, letzteres besonders bei Viktor Krum. Der bulgarische Champion wirkte grimmig, seine Augenbrauen waren nur noch ein dunkler Strich. Er stierte düster in durch die Gegend.
Fleur Delacours Gesicht war merkwürdig bleich und sie biss sich immer wieder auf die Lippe. Mehr von ihrer Aufregung war ihr allerdings nicht anzusehen.
Cedric saß am Tisch der Hufflepuffs und beriet sich mit seinen Freunden. Zwischendurch warf er immer wieder nervöse Blicke zu den anderen Teilnehmern.
Bei Harry Potter war die Anspannung am leichtesten zu erkennen: Er nahm keinen einzigen Bissen des Frühstücks zu sich, außerdem hatten seine Wangen eine ziemlich ungesunde käsige Farbe angenommen.
Nach dem Frühstück wurden die Champions für die Wartezeit in ein Zelt gebracht, während wir Schüler ins Stadion gingen. Dort wuselten bereits unzählige Lehrer und Journalisten herum. Diese horchten vor allem die Gryffindors und Hufflepuffs über die Kandidaten aus Hogwarts aus. Natürlich ließen es sich die Slytherins nicht nehmen die wahnwitzigsten Gerüchte über Potter in Umlauf zu bringen. Draco redete gerade mit einer aufgetakelten, mit einer giftgrünen Feder bewaffneten Blondine, die sich bereits eifrig Notizen machte.
,,Potter spricht Parsel", erklärte Drsco gerade lautstark, ,,aber natürlich hat niemand etwas dagegen unternommen! Obwohl er sogar im Verdacht stand Schüler angegriffen zu haben!"
,,Komm jetzt", ermahnte ich meinen Freund, ehe er noch mehr sagen konnte. Das letzte, was ich jetzt brauchte, waren neue Gerüchte über den Erben Slytherins. Denn auch ich würde so erneut im Verdacht geraten, was ich im Moment herzlich wenig gebrauchen konnte. Genauer gesagt wäre jetzt jedwede Aufmerksamkeit schlecht für mich.
Draco schenkte mir einen genervten Blick. ,,Gleich, Jaime."
Die blondgelockte Frau drehte sich mit einem strahlendem Lächeln zu mir um. ,,Was halten Sie von-"
,,Kein Kommentar", unterbrach ich sie einfach und ließ Draco stehen.  Stattdessen machte ich mich auf die Suche nach Hermine und Allana.
,,He, Gaunt, willst du Süßigkeiten kaufen?!", rief mir einer der Weasley-Zwillinge zu. Automatisch erinnerte ich mich an die Tablette, die einer der beiden gegessen hatte und sich danach übergeben musste. Ich zuckte die Schultern. ,,Ja, klar, warum nicht?"
Die Zwillinge tauschten ein heimliches fieses Grinsen und drückten mir eine Tüte mit farbigen Bonbons in die Hände. Ich gab den beiden einen bronzenen Knut als Bezahlung und schlenderte weiter. Nach wenigen Minuten hatte ich einen kleinen Gryffindor entdeckt, dem ich die Tüte schenkte, natürlich unter der Voraussetzung, dass dieser sie unter seinen Freunden aufteilen sollte. Hoffentlich war von ihnen niemand ein Slytherin.
Dann kaufte ich mir bei einem der anderen Händler eine große Packung Popcorn. Kurz darauf erkannte ich Allana und Hermine, die bereits auf ihren Plätzen saßen. Ich gesellte mich zu ihnen. ,,Wer glaubt ihr, wird die heutige Aufgabe am besten bestehen? Krum, Delacour, Diggory oder Potter?"
,,Sei still, Jaime", meinte Allana nur und rutschte unruhig auf ihrem Platz hin und her. Gerade betrat Viktor Krum die Arena, der gegen ein ziemlich eindrucksvolles Exemplar von einem Drachen antreten musste. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte Krum diesen endlich überlistet und hob das goldene Ei wie einen Pokal empor. Das Publikum jubelte lautstark. Auch die beiden Mädchen neben mir klatschten wie verrückt.
Als nächstes musste Fleur Delacour das goldene Ei beschaffen, was ihr nach einigen Minuten auch glückte. Allerdings trug sie allerlei kleine Verletzungen, wie beispielsweise leichte Verbrennungen oder Kratzer davon. Trotzdem applaudierten die Besucher begeistert oder warfen ihr Kusshände zu. Zumindest der männliche Anteil des Publikums.
Danach war Cedric an der Reihe und ich beugte mich nervös nach vorne, um das Spektakel möglichst genau beobachten zu können. Als erstes verwandelte Cedric einen Felsbrocken in einen Labrador, was meines Erachtens ein kluger Schachzug war; dies würde den Drachen verwirren, wenn nicht sogar vollkommen abmenken. Der gelbe Hund war viel auffälliger, als Cedric, dessen Kleidung beinahe die Farbe der Steine um ihn herum hatte. Außerdem bellte der Hund, was den Drachen ebenfalls ablenken würde. Der Labrador trippelte fröhlich schwanzwedelnd über die Felsen und stieß ein leises Fiepen aus, als er das riesige geschuppte Wesen vor ihm erblickte. Der Drache verengte die glühenden Augen zu Schlitzen.
Hermine quiekte panisch auf. ,,Er darf ihn nicht verbrennen!"
Ich sah auf meinen Arm hinunter, den sie mit eisernen Griff umklammerte. Ich  fand es trotz allem irgendwie ganz angenehm.
Rauch quoll drohend aus den Nüstern des Drachen. Er war vermutlich kurz davor den Hund zu einem saftigen Steak zu brutzeln, als Cedric im Versuch einen Felsen zu erklimmen, aus Versehen eine kleine Steinlavine lostrat. Sofort fuhr der Kopf des Drachens herum und er spieh Feuer auf seinen Angreifer. Cedric konnte zwar den größten Teil der Hitze mit dem Zauberstab abwehren, trotzdem fingen seine Haare an zu kokeln.
Ich rutschte unruhig auf meinem Platz hin und her. ,,Jaime, hör auf zu zappeln!", fauchte mich meine Schwester an, die sichtlich besorgt nach unten blickte. Ihre Augen waren zusammengekniffen.
Ein Aufschrei ging durch die Menge, als der Drache nach Cedric schnappte, doch dieser war unter dem Maul des Drachens hindurchgeschlüpft und sprintete zu dem ungeschütztem Ei.
Ich atmete erleichtert auf.
Hermine hüpfte neben mir auf und ab. ,,Geht es dem Hund gut?"

Das Tor wurde erneut geöffnet und Harry Potter betrat sichtlich angsterfüllt die Arena. Er stolperte vorwärts, seine Hände umklammerten den hölzernen Zauberstab.
Ich lehnte mich zurück und stopfte mir eine Hand voll Popcorn in den Mund. Den Rest der Aufgabe werde ich genießen. Obwohl... hoffentlich würde Potter die Aufgabe halbwegs unbeschadet überstehen, denn ich hatte mit Draco um eine Galleone gewettet. Und so viel Geld hatte ich nicht.
Ein Aufschrei erklang, als Potter nur knapp dem mit Dornen besetzten Schwanz des Drachens entging. Er versteckte sich hinter einem Felsen.
,,Potter, sei mal ein bisschen heldenhafter!", rief ich lautstark, ,,ich habe eine Wette zu gewinnen!"
Gelächter folgte meinen Worten.
Allana stieß mir den Ellenbogen in die Rippen und beugte sich fieberhaft nach vorne. ,,Harry, benutz' deinen Zauberstab!"
Harry rief etwas Unverständliches und fuchtelte hektisch mit dem Zauberstab herum.
Hermine stieß einen spitzen Schrei aus, denn ein Feuerschwall versenkte die Luft, wo Harry sich eben noch befunden hatte.
Beide Mädchen waren vollkommen auf ihren Freund fixiert, der gerade hinter einem weiteren Felsen Deckung suchte.
Allana rief eine Warnung, denn der Drache schnappte nach ihm. Allgemeines Aufseufzen des Publikums.
,,Komm schon, komm schon", flüsterte Hermine, während meine Schwester panisch auf und ab hüpfte.
Ich hielt den beiden die Tüte hin. ,,Popcorn?"
Keine Antwort. Dann eben nicht.
Auf einmal war ein Rauschen zu vernehmen, dann raste etwas Braunes auf das Stadion zu. Es war ein Besen.
Dann kommt man einmal in den Genuss, dass die Quidditch-Spiele ausfallen und trotzdem fliegen immer noch alle mit diesen Stöcken, dachte ich trocken, als Harry sich auf seinen Besen schwang und einige komplizierte Manöver ausführte. Begeisternde Rufe waren zu hören.
Dabei hatte Potter nur einen lebschen Aufrufezauber ausgeführt...
Harry flog über unsere Köpfe hinweg, sodass ein Feuerstoß ihn nur knapp verfehlte und stattdessen mein Popcorn röstete. Toll.
Hermine und Allana fingen an zu jubeln. Potter raste unter den zum Flug ausgebreiteten Flügeln des Drachens hindurch und hielt in der nächsten Sekunde das Ei in der Hand.
Wenigstens schuldet mir Draco jetzt Geld.
Das Publikum klatschte und sogar der Stadionsprecher schien völlig aus dem Häuschen zu sein. ,,Unser jüngster Champion hat das Ei am schnellsten geholt!! Na, wenn das nicht mal eine komplett unerwartete Wendung der Ereignisse ist!"
Ich rollte die Augen. Jetzt würden die Gryffindors noch unausstehlicher werden. Hoffentlich würde Cedric bei nächsten Aufgabe besser abschneiden als Potter.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt