Das Tagebuch

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Allana

Jaime war mein Bruder. Das musste ich erstmal verdauen.
Mit schweren Schritten ging ich zum Turm der Gryffindors und versuchte eine neutrale Miene beizubehalten.
Wenn meine Freunde bemerkten, wie aufgelöst ich innerlich war, würden sie mich mit Fragen löchern und das wollte ich im Moment kein bisschen.
Ich hielt vor dem Portrait der Fetten Dame inne und richtete meine Klamotten. Waren meine Augen geschwollen? Ich hoffte mal nicht. Die Fette Dame schaute mich mit schweren Lidern an. ,,Kannst du dich nicht ein wenig beeilen?! Ich bin müde und möchte schlafen!"
,,Oh, ja ... Entschuldigung", stammelte ich verlegen, doch sie winkte ab.
,,Caput Draconis", murmelte ich das Passwort und das Porträt schwang auf.
,,Allana! ", begrüßte Hermine mich sofort und umarmte mich stürmisch, ,,wo warst du denn?!"
,,Ich... uhm... in der Bibliothek!", erklärte ich. Hoffentlich war Hermine heute auch nicht dort gewesen...
Aber offensichtlich hatte ich gerade Glück gehabt.
,,Ach so", nickte sie und zog mich vorwärts.
,,He, wo willst du denn hin?"
,,Harry hat im Klo der maulenden Myrte ein Tagebuch gefunden und untersucht es gerade!"
Ich unterdrückte ein Seufzen. Auf so etwas unwichtiges hatte ich gerade überhaupt keine Lust. Ich war aufgewühlt, verwirrt und müde!
Hermine plapperte jedoch fröhlich weiter. ,,Im Tagebuch steht eigentlich gar nichts drin, nur der Name. Es gehörte einem gewissen To- "
,,Hermine", unterbrach ich sie mitten im Satz und schenkte ihr einen entschuldigenden Blick, ,,Sorry, aber im Moment geht es mir nicht sonderlich gut. Ich möchte am liebsten nur schlafen gehen. "
Hermine nickte sofort. ,,Tut mir leid, dass ich so aufdringlich war. Das Tagebuch ist ja auch nicht so wichtig. "
Sie lächelte mir zu. ,,Gute Besserung! "
,,Danke", murmelte ich und schlürfte in mein Bett. Ich zog mir die Decke über den Kopf und schloss die Augen. Aber Schlaf fand ich keinen. Die heutigen Ereignisse schwirrten noch immer in meinen Kopf herum.
Eine eigenartige Kälte kroch plötzlich meine Beine empor und ich erschauderte. Ich kuschelte mich tiefer unter die Decke und ließ nur einen kleinen Spalt zum Atmen. Aber das Gefühl der Gefahr blieb bestehen. Irgendetwas hier im Turm war nicht normal. Und das machte mir Angst.
Mein Herz fing an wie verrückt zu pochen, aber ich wusste nicht wieso.
Und dann hörte ich diese Stimme.
,,Allana", hörte ich ein Säuseln, ganz schwach, wie ein Windhauch, ,,komm zu mir... in die Kammer des Schreckens! "
Mit einem schrillen Aufschrei fuhr ich senkrecht aus dem Bett. Mein Herz raste und meine Augen waren weit aufgerissen. Ich atmete hektisch ein und aus.
Diese Stimme war ganz anders gewesen, als die, die Jaime und ich in den Wänden gehört hatte. Diese Stimme klang bösartig und kalt... und irgendwie vertraut.
,,Allana, alles in Ordnung?!", fragte mich Hermine, die panisch ins Zimmer gerannt kam.
Ich versuchte zu lächeln, brachte jedoch nur eine Art Grimasse zustande. ,,Jaa, alles gut. Habe nur einen Albtraum gehabt. "
Hermine schien nicht ganz überzeugt zu sein, doch sie nickte. ,,Gute Nacht. "
,,Nacht", murmelte ich und verkroch mich unter der Decke. Doch die Stimme ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ich versuchte zu schlafen, aber die ganze Nacht machte ich kein Auge zu.

Jaime

Ich gähnte herzhaft und quälte mich aus dem Bett. Ferien waren zwar etwas schönes, aber ich wachte trotzdem immer ziemlich früh auf.
Langsam stand ich auf und zog mir die mittlerweile ungewohnte Muggelkleidung an; Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine Kapuzenjacke. Ich war mit Umhängen und Schuluniform jetzt schon so vertraut, dass ich die Jeans kratzig und das T-Shirt eng fand. Wenigstens gab es keine Krawatte.
Ich ging in die große Halle und setzte mich an meinen Haustisch. Die Halle war vollkommen leer, bis auf McGonagall und und Professor Flitwick, die am Lehrertisch saßen und sich unterhielten. Ich aß ein wenig Toast und Bacon und wollte die Halle gerade wieder verlassen, als Hermine Granger mit schnellen Schritten in die Halle eilte. Schnurstracks bewegte sie sich auf mich zu und ihre Miene zeugte von Ärger.
Das konnte ja heiter werden.
Sie ließ sich neben mir auf die Bank fallen und setzte zum Sprechen an.
,,Das ist der falsche Haustisch", unterbrach ich sie nach dem erstem Buchstaben und sie funkelte mich böse an.
Oha. Da war ich wohl zu weit gegangen.
,,Interessiert mich nicht!", keifte sie, senkte dann aber ihre Stimme zu einem Flüstern, als McGonagall sie mahnend ansah.
Da war wohl jemand sauer.
Betont langsam legte ich mein Besteck weg. ,,Hermine, was ist los mit dir?"
,,Heute Vormittag. Zehn Uhr. In der Bibliothek, Verstanden!?"
Ich rollte die Augen. ,,Ich bin vielleicht ein Slytherin, aber kein unterbelichteter Trottel, so wie Crabbe und Goyle. "
Hermine schnaubte bloß abwertend und stand dann schnell wieder auf. Dann ging sie schnell wieder aus der Halle.
,,Wir sehen uns!", rief ich ihr hinterher und erntete dafür einen bösen Blick seitens Hermine.
Grinsend wandte ich mich wieder dem Essen zu und ignorierte McGonagalls verwirrte Blicke.
Wie viel Uhr war es eigentlich? Ich schaute auf meine Armbanduhr. Halb Zehn.
Gemächlich verließ ich die Halle und machte mich auf den Weg in die Bibliothek. Wenn Hermine solch eine schlechte Laune hatte, wollte ich lieber nicht zu spät kommen.
Zwanzig Minuten später saß ich in der Bibliothek und durchblätterte ein Buch über Schlangengifte.
,,Du bist zu früh", hörte ich Hermine beinahe schon vorwurfsvoll sagen und ich drehte mich um.
,,Lieber zu früh, als zu spät", antwortete ich nur locker. Dann klappte ich das Buch um und legte es zur Seite. ,,Also? Warum bist du so mies gelaunt?"
,,Du hast mir nie gesagt, dass du Parsel sprichst."
Meine Gesichtszüge entgleisten für einen Moment, doch dann hatte ich mich wieder unter Kontrolle. Woher zum Teufel wusste sie das?!
,,Ich hatte nicht den Eindruck, dass es wichtig wäre", erklärte ich ihr vorsichtig, aber Hermine schnaubte nur.
,,Nicht wichtig?! Der Erbe Slytherins spricht ebenfalls Parsel und du bist der Meinung, es wäre nicht WICHTIG, dass du es auch kannst?!"
Madame Pince, die Bibliothekarin kam um die Ecke fauchte uns an, dass wir gefälligst die Klappe halten sollten.
,,Wenn du noch lauter brüllst, weiß bald die ganze Schule, dass ich Parsel spreche!", zischte ich Hermine ins Ohr, kurz nachdem Madame Pince wieder davongerauscht war.
,,Ich finde nur, dass du es mir hättest sagen sollen!"
,,Und was hätte das gebracht, huh? Du hättest mich nur noch mehr verdächtigt!"
,,Es ging einfach ums Vertrauen!", fauchte Hermine.
Ich schnaubte. ,,Der Deal war, dass ich dir alles erzähle, was mit dem Erben oder dem Monster zusammenhängt. Aber es gibt keinen Zusammenhang zwischen mir und der Kammer, also hätte ich es dir nicht zu sagen brauchen!"
,,Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen dir und der Kammer!", meinte Hermine, ,,ich weiß nur nicht, welchen. "
Eine Weile lang herrschte Schweigen zwischen uns. ,,Wie hast du das mit dem Parsel eigentlich erfahren?", fragte ich sie schließlich.
,,Ich- Allana hat es mir erzählt. "
,,Du weißt schon, dass Allana auch Parsel spricht, warum verdächtigst du nicht sie?"
,,Ich habe keinen von euch beiden im Verdacht!", tobte Hermine.
Madame Pince kam wieder um die Ecke. ,,Jetzt reicht's mir aber mit Ihnen beiden! Sie stören und schreien in der Bibliothek herum! Hinaus!"
Sie begann uns zu beschimpfen und Hermine und ich jagten zum Ausgang.
Keuchend hielten wir im Korridor inne.
,,Ich bin noch nie aus einer Bibliothek geflogen!", jammerte Hermine und richtete ihre Klamotten.
,,Es gibt immer ein erstes Mal", grummelte ich und hielt mir meine schmerzende Seite.
,,Was sollen wir jetzt machen?"
,,Das mit dem Informationen suchen, geht jetzt wohl nicht mehr, was hältst du also davon, uns in der großen Halle ein zweites Frühstück zu gönnen?"
Hermine starrte mich an. ,,Soll das ein Witz sein? Ganz Hogwarts ist in Gefahr von einer unbekannten Schlangenart versteinert zu werden und du willst etwas essen?!"
,,Nur die Muggelstämmigen sind in Gefahr.", erklärte ich grinsend. ,,Außerdem: Hast du eine bessere Idee?"
Hermine zögerte und legte die Stirn in Falten. ,,Nein", gab sie zu.
,,Fein", meinte ich, ,,hoffentlich ist Allana da. Ich muss noch etwas mit ihr besprechen. "
Hermine hob eine Braue. ,,Es ist ziemlich unüblich, dass ein Slytherin mit einer Gryffindor befreundet ist."
Ich wusste, dass sie näheres über meine Verbindung mit Allana erfahren wollte, doch leicht machte ich es ihr nicht. ,,Du hältst es doch auch mit mir aus", feixte ich nur und Hermine wurde still.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt