Der Todesser

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Allana

Meine Stimmung nach dem Spiel war schon fast euphorisch zu nennen.
Ich schilderte Jaime alle Spielzüge, die ich erkannt hatte und erklärte ihm die verschiedenen Flugtechniken. Sein Interesse daran war - höflich ausgedrückt - eher bescheiden.
,,Aber irgendetwas muss dir doch an Quidditch gefallen!", meinte ich zu ihm, während wir zu unserem Zelt gingen. Er wollte gerade zu einer sarkastischen Antwort ansetzen, als es einmal laut knallte.
,,Die Iren sind wohl in Feierlaune", grummelte Jaime und hielt sich die Hände auf die Ohren.
Ich reckte den Kopf. Es waren keinerlei Leute zu sehen, weder Fans noch Zauberer vom Ministerium. Es war einfach nur vollkommen dunkel. Und es war diese Dunkelheit, die mir Angst machte.
Dann ein erneuter Knall, diesmal deutlich näher. Im gleichen Augenblick vernahm ich einen schmerzvollen Aufschrei.
Jaime schaute mich an. Seine Unruhe war schon fast mit Händen zu greifen.
Er wusste so gut wie ich, dass hier etwas entsetzlich falsch war.
Ich sprach letztendlich aus, was wir beide dachten: ,,Das sind nicht die Iren."

Jaime

,,Aber wer kann es sonst sein?"
Meine Schwester antwortete nicht. Daraufhin zog ich sie am Arm. ,,Komm, wir müssen die anderen warnen!"
Seltsamerweise sträubte sie sich gegen meinen Griff. ,,Dann müssen wir mitten durch dieses Gebiet!"
Sie deutete in die Richtung, aus der die Schreie kamen. In ihren Augen flackerte Panik. ,,Jaime, diese Leute .... ich weiß nicht, wer die sind, aber sie sind tausend mal gefährlicher als alles, was wir auf Hogwarts erlebt haben!"
Ein erneuter Aufschrei, diesmal deutlich näher. Ganz kurz konnte ich einen Lichtblitz ausmachen, dicht gefolgt von einer Stichflamme.
Sie zünden die Zelte an. Und greifen die Bewohner an, die sich nach draußen retten wollen!
Allana schluckte sichtlich. Dann zog sie ihren Zauberstab. Ich holte meinen aus der Jackentasche.
Ich wollte ihr etwas Ermunterndes sagen, aber in diesem Moment brach das Chaos aus.
Ein Zauber ließ einen Baum wie eine Fackel brennen und die Flammen breiteten sich aufgrund des trockenen Wetters rasend schnell aus. Außerdem versperrten sie uns den Weg in den rettenden Wald.
Wir sprinteten los, nur weg von den Flammen, die hinter uns bereits in meterhoher Größe züngelten. Der Qualm brannte in meiner Lunge. Verschiedenfarbige Zauber zuckten um uns herum. Explosionen lösten ein Klingeln in meinen Ohren aus. Ich blinzelte die aufsteigenden Tränen weg, die anhand des Qualmes entstanden und sah mich um. Fast der gesamte Zeltplatz stand in Flammen, bei einigen von den Zelten war nur noch rußiges und qualmendes Gerippe übrig. Mehrere Körper lagen auf dem Boden. Bei einem von ihnen entdeckte ich einen dunklen Fleck am Hinterkopf. Mir wurde übel.
,,Runter!", schrie Allana dann plötzlich und ich duckte mich geistesgegenwärtig. Ein purpurner Lichtblitz raste nur wenige Zentimeter über meinen Kopf hinweg und traf ein nahes Zelt. Es ging in Flammen auf.
Hektisch krabbelte ich so weit wie möglich weg von der Hitze des Feuers.
Mein Blick suchte Allana, die sich hinter den Resten eines Zeltes zusammengekauert hatte.
Sie starrte mit angstgeweiteten Augen auf die Szene, die sich nur wenige Meter vor uns abspielte: Mindestens zwanzig Gestalten in Kapuzenumhängen trampelten durch die Trümmer des Zeltplatzes und schossen Flüche auf die flüchtenden Zauberer ab. Sie trafen nur selten einen der Menschen, aber mir blieb bei jedem Treffer das Herz stehen; es könnte jemand sein, den ich kannte.
Mein Herz schlug unregelmäßig gegen meine Rippen. Was würde geschehen, wenn sie uns entdeckten?
Aber die dunklen Zauberer bemerkten uns offenbar nicht. Sie waren zu beschädigt damit die Zelte in Brand zu stecken.
Ich kroch zu Allana hinüber und versteckte mich neben ihr. ,,Wer sind diese Leute?", hauchte ich in ihr Ohr.
Ihre Antwort darauf war ebenfalls nur ein Flüstern. ,,Todesser."
Ich starrte sie geschockt an. Die Todesser waren die engen Gefolgsleute von Lord Voldemort gewesen. Sie waren wie Voldemort selbst von dem Wahn von reinen Blut besessen gewesen und hatten  keine Skrupel gehabt dafür zu töten. Aber Voldemort war doch schon seit Jahren tot...
,,Bist du dir da sicher?", wisperte ich.
Sie nickte nur.
,,Aber sind die Todesser nicht alle in Askaban gefangen?"
,,Sei nicht albern", flüsterte Allana. ,,Vielen von ihnen konnte man nichts nachweisen, andere haben sich freigekauft." Sie schenkte mir einen kurzen Blick. ,,Zum Beispiel die Malfoys."
Ich hatte immer gewusst, dass die Familie Malfoy aus ehemaligen Todessern bestand, aber ich hatte ehrlich gesagt nie einen Gedanken daran verschwendet, warum sie nicht in Askaban saßen. Ich war einfach davon ausgegangen, dass ihre Verbrechen nicht besonders schwerwiegend gewesen waren oder dass sie ihre Strafe bereits abgesessen hatten.
Ich schluckte schwer. Ich hatte mehrere Wochen mit Menschen verbracht, die vielleicht andere Leute umgebracht hatten!
Der Trupp entfernte sich langsam. Steckten Dracos Eltern vielleicht auch unter diesen Masken? Notts Eltern? Würden Draco und Nott auch einmal diese Masken tragen?
Hatten unsere Eltern sie auch getragen?
Waren unsere Eltern Mörder gewesen?
Ich hatte das Gefühl nicht mehr richtig atmen zu können. Ich wollte aufstehen, aber Allana hielt mich zurück. ,,Warte. Ich höre Schritte."
Tatsächlich. Eine schwarz gekleidete Figur stieg über die Trümmer. Sie trug keine Maske und ich konnte den Schatten ihrer kurzen Haare sehen. Es war ein Mann.
Trotzdem beschlich mich bei dem Anblick der Person ein mulmiges Gefühl. Ich drückte mich tiefer in den Schatten, näher an Allana. Ich spürte, wie sie die Luft anhielt.
Der fremde Mann zog seinen Zauberstab und deutete damit auf den schwarzen Himmel über uns. ,,Morsmodre!"
Etwas entstand am Himmel. Zuerst war es noch unförmig, aber nach und nach nahm es Gestalt an. Es war ein Zeichen. Eine grüne Schlange wand sich um einen bleichen Totenkopf.
Allana erkannte es auch, was ich anhand ihres erstickten Keuchens bemerkte.
,,Das dunkle Mal", flüsterte ich leise. Leise, jedoch nicht unhörbar. Der Kopf des dunklen Magiers flog zu uns, seine Augen verharrten auf meinem Gesicht. Ein kaltes Lächeln erschien auf seinen Lippen.
,,Lauf!"
Allana nahm meine Hand und zog mich mit einem Ruck auf die Beine. Doch sie war nicht schnell genug. Ein Zauber traf mich mit voller Wucht und ich knallte zu Boden. Sämtliche Luft entwich aus meiner Lunge.
Allana schrie auf. Der Fremde kam näher und beugte sich über mich. Ich erkannte ihn.
,,Sie!", keuchte ich. Es war das Gesicht aus meinem Traum von heute morgen! Aber wie war das möglich?
Der Fremde steckte seinen Zauberstab sichtlich unbeeindruckt wieder in die Tasche seiner Kleidung. Dann zog er einen kleinen, silbernen Dolch.
Meine Augen weiteten sich vor Angst und ich versuchte mich aufzurappeln oder zumindest zu bewegen. Aber ich konnte nur unkontrolliert zappeln.
Der Mann setzte den Dolch an meinem rechten Unterarm an.
Allanas Fuß traf ihn aus dem Nichts. ,,Lassen Sie ihn in Ruhe, Sie verdammter, verschissener-!"
Jede Beleidigung wurde mit einem Tritt begleitet. Schließlich ließ der Todesser von mir ab und zog in einer blitzschnellen Bewegung seinen Zauberstab, den er auf Allana richtete. Diese flog nach hinten.
Er bedachte mich noch mit einem letzten nachlässigen Blick und verschwand dann im Wald.
Ich sah mit hämmernden Herzen, wie er mit den Schatten der Bäume verschmolz.
Stöhnend rappelte ich mich auf. Mein ganzer Körper schien nur aus Kratzern und blauen Flecken zu bestehen. Das Dunkle Mal warf einen grünen Schimmer auf die blutenden Wunden und ließ sie nur noch schauriger aussehen.
Aber alles im allem waren die Wunden nicht schwerwiegend. Trotzdem ... dieser Mann hätte mich ohne weiteres töten können! Warum hat er es nicht getan? Was hat ihn davon abgehalten?
Das Dunkle Mal am Himmel schien mich zu verspotten.
Hinter mir hörte ich, wie Allana sich langsam aufrichtete. ,,Wer zum Teufel war das?", fragte sie mich kraftlos.
Ich dachte nach und schaute in die Dunkelheit, in der der Mann entschwunden war. Warum war sein Gesicht das gleiche gewesen, wie in meinem Traum?
,,Ich habe keine Ahnung", murmelte ich.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt