Der Basilisk

5.4K 375 8
                                    

Jaime

Schwer atmend gelangte ich zum Krankenflügel und war mit einen Satz an Hermines Bett. Ich stockte kurz, als ich sie sah. Ihr Gesicht war eingefallen und bleich, ihre Augen starr und blicklos. Ihre rechte Hand hing in der Luft vor ihrem Körper ausgestreckt und als ich mich über sie beugte, strich ihre steife Hand über meine Wange. Sie war eiskalt. Wie eine Leiche. Und wenn ich noch länger brauchte, würde Allana vermutlich genau das sein!
Sorgfältig untersuchte ich ihre Umhängetasche, doch darin waren nur alte Notizen und Schulbücher. Langsam aber sicher bekam ich Panik. Denk nach, ermahnte ich mich, wo kann Hermine etwas versteckt haben? Die Antwort war ebenso banal wie logisch: in ihrer Hand.
Hektisch öffnete ich ihre Fingerspitzen, die um etwas geschlossen waren und zog ein vergilbtes Stück Pergament hervor.
Der Basilisk
Der Basilisk ist eine uralte und unbekannte Schlangenart, dessen Exemplare bis zu Fünfhundert Jahre alt werden können. Es tötet Leute mit einen einzigen Blick und besitzt außerdem ein erstaunlich gutes Gehör.
Ein hysterisches Lachen bildete sich vor Erleichterung in meiner Kehle und meine Beine fingen unkontrolliert an zu zittern, weshalb ich mich auf Hermines Bett setzen musste.
Ein Basilisk. Das war die Antwort. Und ohne Hermine hätte ich es nie herausgefunden.
,,Du bist genial!", hauchte ich in Hermines Ohr, wohlwissend, dass sie mich sowieso nicht hören konnte. Aber ich war einfach so erleichtert, dass meine Sinne komplett abgeschaltet waren.
Deshalb bemerkte ich zuerst nicht, dass ich nicht mehr allein im Krankenflügel war...
,, Umdrehen!", hörte ich eine vertraute Stimme und erstarrte augenblicklich. Es war Harrys Stimme, die ich soeben gehört hatte, also musste Ron auch bei ihm sein. Ich muss an meinen Zauberstab gelangen, dachte ich, doch ich vermutete, dass zwei von ihnen bereits auf meinen Rücken gerichtet waren.
,,Natürlich ", meinte ich betont locker und drehte mich langsam um. Meine rechte Hand ließ ich währendessen unauffällig zu meinen Zauberstab im Umhang wandern.
Jetzt hieß es Zeit schinden und ablenken.
,,Wie habt ihr mich gefunden?", fragte ich die beiden Gryffindors, die wie erwartet ihre Zauberstäbe gezückt hatten und mich triumphierend ansahen. Das Gute war, dass sie in mein Gesicht sahen und daher nicht meine Hand bemerkten, die nach dem Zauberstab tastete.
,,Wir haben dich gesehen, als du das Gespräch der Lehrer belauscht hast und dann nach oben gerannt bist."
Ich tat, als wäre ich beeindruckt. ,,So viel hätte ich euch gar nicht zugetraut. " Eine Spur von Ironie schwang in meiner Stimme mit und Rons Blick verfinsterte sich. Nicht gut.
,,Halt's Maul, Gaunt!", fauchte er, ,,im Gegensatz zu die kennen wir den Ort, wo die Kammer des Schreckens ist! Myrte hat es uns nämlich gesagt."
Myrte? Woher sollte der Geist einer Verstorbenen wissen, wo die Kammer des Schreckens war?
Und dann zählte ich eins und eins zusammen, wie nur ich es konnte. ,,Die Kammer ist unter dem Mädchenklo, nicht war?"
Die Gryffindors starrten mich geschockt an. Das hieß wohl Ja.
Harry fing sich als erster. ,,Gib uns den Zettel!", verlangte er und sein Zauberstab zitterte gefährlich.
,,Holt ihn euch doch!", meinte ich provozierend und fuchtelte mit dem Blatt vor ihrer Nase herum. Ron versuchte den Zettel zu schnappen und ließ den Zauberstab sinken. Gleichzeitig geriet er durch einen Satz zum Zettel hin, geradewegs in Harrys Schussfeld.
,,Ron, Nein!", brüllte Harry und ich handelte blitzschnell.
Ich zog meinen weißen Zauberstab und schwang ihn zweimal. ,,Expelliarmus!", donnerte ich beide Male und die Zauberstäbe landeten in meiner Hand. Ich grinste süffisant, als die beiden nun vollkommen unbewaffnet dastanden und mich anglotzten, wie die Schafe den bösen Wolf.
,,Das war's dann wohl für euch, Jungs", grinste ich und fuchtelte mit Rons Zauberstab herum.
,,Stupor!", rief ich aus und erkannte sofort den verhängnisvollen Fehler, den ich begangen hatte: Ich hatte Rons Zauberstab benutzt.
Ich wurde zurückgeschleudert und knallte mit dem Kopf gegen die harte Wand. Meine Sicht wurde trübe und dann wurde alles schwarz.

Allana

Wie viel Zeit war vergangen? Ich war noch immer von einer allumfassenden Schwärze umgeben, aber ich war nicht mehr ohnmächtig.
,, ... messen wir die Kräfte von Lord Voldemort mit der des berühmten Harry Potters!", fauchte die kalte Stimme.
Harry! Er würde mich retten, ganz klar.
Dann wurde mir klar, was ich soeben gehört hatte: Lord Voldemort war wieder da?!
Mit einem erneuten Schaudern wurde mir klar, dass diese kalte Stimme, die ich so oft gehört hatte, Lord Voldemort gehörte. Er war auch die Person gewesen, die Ginny verzaubert hatte und hatte mich benutzt, um aufzuerstehen.
Und jetzt lag ich hier, ohne etwas zu sehen oder mich bewegen zu können, einfach nur vollkommen hilflos und war auf Harrys Hilfe angewiesen.
Ich hörte ein Zischen und ein Platschen, als etwas riesiges zu Boden sackte. Ein Lachen war zu vernehmen und dann vernahm ich Voldemorts Stimme. ,,Töte den Jungen!"
Er sprach Parsel, soviel hatte ich bereits bemerkt. Also musste hier eine Schlange sein! Ein Stück schuppiger Haut glitt an meinem Bein vorbei und mit einigen Schrecken wurde mir bewusst, dass die Schlange mindestens Dreißig oder Vierzig Meter lang sein musste!
Die Schlange entfernte sich von mir, aber ich wusste, dass Voldemort noch immer bei mir stand. Diese Theorie bestätigte sich, als ich sein Lachen hörte, das unangenehm nah an meinem Ohr erklang.
,,Ja, ich bin immer noch hier. Und du bist offenbar nicht mehr bewusstlos."
Hatte er gerade meine Gedanken gelesen?!
,,Ja, das habe ich", hörte ich seine Bestätigung und ich erschrak. Zu erkennen, dass der gefürchtetste dunkle Magier neben mir stand und außerdem noch in der Lage war, in meinen Kopf und in meine Gedanken einzudringen war mehr als nur grauenvoll. Konnte ich nicht irgendetwas tun, um meinen Geist zu schützen? Ich konzentrierte mich auf die Schwärze vor meinen inneren Auge und dachte nur noch an die Dunkelheit. An das Nichts, sofern Nichts in dieser Welt existierte.
Voldemort schnaubte leiser, aber es klang weniger wütend als vielmehr amüsiert. ,,Nicht schlecht für ein kleines Mädchen. Aber es reicht nicht, um mich aufzuhalten."
Ich spürte seine kalten Finger, die sich auf meine Schläfen legten und ich zitterte vor Angst. Dann tauchten plötzlich Bilder in meinem Kopf auf. Bilder und Erinnerungen. Meist waren es nur Ausschnitte, manchmal aber auch ganze Szenen.
Ich war Sechs und Cedric hatte soeben seinen Hogwartsbrief erhalten. Ich war grün vor Neid, aber ich gönnte es Cedric.
Ich war Elf und feierte mit Cedric und meinen Adoptiveltern Geburtstag. Den ganzen Tag lang hielt ich nach einer Eule mit dem Pergament Umschlag von Hogwarts offen und am nächsten Tag wachte ich heulend auf.
Ich war Zwölf und saß auf einem Stuhl, den sprechenden Hut auf dem Kopf. ,,Gryffindor!", schallte es durch die Halle und ich strahlte. Aus den Augenwinkeln sah ich Jaime und lächelte ihm zu.
Ich war noch immer Zwölf und Jaime und ich unterhielten uns am Tisch der Slytherins, während Draco dumme Kommentare abgab.
Die Erinnerungen zogen weiter und ich hatte das Gefühl, dass Voldemort gezielt nach Jamie, sowie unseren Fähigkeiten und Nachforschungen suchte.
Raus aus meinem Kopf! , versuchte ich ihm mitzuteilen, aber er beachtete mich nicht und durchforstete weiter meine Erinnerungen.
Auf einmal hörte ich ein wehleidiges Geräusch und ein Körper, der zu Boden fiel, dicht gefolgt von einem Schmerzensschrei seitens Harry. Sofort hörte die Gedankenlese auf und Voldemort erhob sich. ,,Du hast meine Schlange getötet!", keifte er und seine Stimme war kaum mehr als ein Zischen.
,,Aber das ist jetzt bedeutungslos. Spürst du bereits das Gift des Basilisken, das durch deine Adern strömt? Gleich bist du tot, Harry Potter!"
Als Antwort keuchte Harry vor Schmerz auf und sank neben meinen Körper auf die Knie. Seine warme, schmutzverkrustete und blutige Hand streichelte die meine und Voldemorts Stimme wurde zu einen wütenden Schrei. ,,Fass sie nicht an!"
Dann hörte ich plötzlich ein Geräusch, als würde etwas über Stein schaben.
,,Was tust du da?", fragte Voldemort und ich bildete mir ein, dass eine Spur Angst in seiner Stimme mitschwang. ,,Nein. NEIN!"
Ein Knall ertönte und sogar hinter meinen geschlossenen Augen vernahm ich einen hellen Lichtblitz.
Dann war der Zauber, der meine Augen geschlossen gehalten hatte, gelöst und ich fuhr hoch. ,,Wo ist Voldemort?", sprach ich meine Gedanken aus und schaute mich panisch um. Auch Ginny rappelte sich auf und sah sich blinzelnd um. ,,Weg", meinte Harry nur und streichelte einen roten Vogel, der auf seinem Arm saß und den Eindruck machte, als würde er weinen.
Harry zog uns nach oben und ich erhob mich wackelig. ,,Kommt. Lasst uns diesen Ort so schnell wie möglich verlassen."

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt