Die zweite Aufgabe

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Jaime

Jubel ertönte von allen Seiten, als die Champions auf die breite Plattform des schwarzen Sees traten. Es war wie immer äußerst amüsant mitzuansehen, wie der etwa ein Kopf kleinere Harry Potter neben den anderen drei großen und teilweise auch durchtrainierten Champions stand. Er schaute sichtlich angespannt in die dunkle, scheinbar bodenlose Tiefe des Sees. Potter war auch der einzige, der in gänzlich unpassenden Klamotten erschienen war. Während die anderen Champions Badeanzüge oder Schwimmanzüge trugen, hatte Harry noch immer seine Hogwartsuniform an.
,,Champions, macht euch bereit!", tönte die magisch verstärkte Stimme von Dumbledore aus den angebrachten Lautsprechern. Die vier Teilnehmer gingen in Position.
Dann ertönte ein Knall.
Die Champions sprangen teils elegant, teils unbeholfen (Potter) ins Wasser und waren innerhalb von Sekunden nicht mehr zu sehen.
Jetzt darf ich hier eine Stunde lang warten.
Ich lungerte auf meinem Sitzplatz herum und starrte auf die Oberfläche des Sees. Natürlich war nichts zu sehen.
Eigentlich hatte ich vorgehabt mit Allana über die Gewinnchancen der einzelnen Champions zu sprechen, doch ich entdeckte sie nicht. Das machte mich stutzig. Natürlich hatte sie gerade eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Potter, aber das war kein Grund nicht zur zweiten Aufgabe zu erscheinen. Sie wäre zumindest gekommen, um Cedric anzufeuern und ihm alles Gute zu wünschen...
Ein unangenehmes Gefühl machte sich in mir breit, eine gewisse Anspannung gemischt mit Sorge.
Vielleicht ist sie ja mit Weasley und Hermine zu den Stegen gegangen.
Ich stand auf, wobei ich einige Schüler anrempelte und ging die Tribüne hinunter zu den Stegen. Auch dort war Allana nicht und langsam machte ich mir ernsthafte Sorgen. Was wenn ihr etwas zugestoßen war? Und noch etwas fiel mir auf: Hermine war ebenfalls nirgends zu sehen.
Sie sind bestimmt zusammen im Turm. Doch auch das machte keinen Sinn, denn auch Hermine würde Harry so gut es eben möglich war, zur Seite stehen wollen.
Und wo war das Wiesel? Das alle drei verschwanden konnte doch wohl kaum mehr ein Zufall sein...
Was wenn ihnen etwas zugestoßen war? Aber Hogwarts war einer der sichersten Orte in Großbritannien, dank Dumbledore. Trotzdem hatte es in den vergangenen Jahren bereits genug Gefahren gegeben. Der Erbe Slytherins, Sirius Black, Peter Pettigrew, Dementoren ... Und dieses Jahr waren auch Todesser in von Ministeriumsangestellten bewachtes Gebiet eingedrungen. Vielleicht versuchten sie es nun erneut, schließlich waren fast alle hier beim See und das Schloss war praktisch unbewacht...
Nein, ich machte mir einfach zu viele Sorgen. Bestimmt würden sie gleich kommen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen etwas zugestoßen war, lag doch praktisch bei Null Prozent, also geradezu winzig.
Trotzdem ... der Gedanke war doch nicht vollkommen abwegig. Oder?
Ich raufte mir die Haare. Hin und Her gerissen, ob ich nun einfach warten, oder Allana und Hermine im Schloss suchen sollte.
Letztendlich traf ich die Entscheidung. Ich zückte meinen Zauberstab und eilte in Richtung Schloss.

Hogwarts war vollkommen ausgestorben. Meine Schritte hallten merkwürdig verstärkt durch die steinernen Flure und wurden zurückgeworfen. Fast glaubte ich, es wären nicht nur meine eigenen Schritte, die ich hörte. Ich stoppte und sah mich um. Es war niemand zu sehen. Oder zu hören. Aber es war nicht vollkommen still. Das Echo der Schritte blieb.
Es waren nicht meine Schritte gewesen, die ich gehört hatte.
Eine seltsame Panik ergriff von mir Besitz, gleichzeitig tobte ein Stoß Adrenalin durch meine Adern. Meine Gedanken liefen plötzlich auf Hochtouren und mein Herz schlug unregelmäßig und viel zu laut.
Ein Teil von mir, der rational denkende Teil, ermahnte mich, dass ich überreagierte. Schließlich waren es doch nur Schritte. Das hatte bestimmt nichts zu bedeuten. Ich war eben nicht die einzige Person in diesem Schloss. Na und?
Trotzdem: ich war angespannt. Mein Körper zitterte schon beinahe und eine Reihe von Theorien, eine unsinniger als die nächste durchfluteten meinen Kopf. Aber in diesem Moment war ich einfach zu aufgeregt, um mir über die Logik meiner Vermutungen Gedanken zu machen.
Ich handelte augenblicklich, obwohl mich der rationale Teil anschrie, dass ich paranoid war und eindeutig überreagierte.
Ich zog mir hastig meine Schuhe aus und eilte, bemüht dabei kein Geräusch zu verursachen, in den Schatten einer Säule.
Die Schritte kamen immer näher. Ein dunkler Schatten tauchte an der von Fackellicht erleuchterten Wand auf. Die Person ging offenbar leicht gekrümmt und war stämmig, stämmiger als ein Schüler, denn der Schatten war breiter als ich erwartet hatte.
Der Mensch kam näher und langsam konnte ich seine Umrisse seiner Gestalt erkennen, nicht mehr nur das verzerrte Abbild seines Schattens. Die Person trug einen zerfledderten Umhang, der ihn breiter wirken ließ, als er vermutlich war. Außerdem nahm ich nun das Geräusch seiner Schritte besser wahr, genauer gesagt, das Geräusch seines normalen Beins und der künstlichen Prothese. Jetzt hatte ich eine ziemlich gute Ahnung, wer hier durch die Gänge stromerte: Moody.
Meine Anspannung fiel augenblicklich von mir ab, jedoch blieb dieses misstrauische Gefühl in meinem Bauch bestehen. Was machte der Professor hier so ganz allein, während alle anderen am See waren?
Moody schlürfte an meinem Versteck vorbei und einen winzigen Moment lang konnte ich sein Gesicht im Licht der Fackeln erkennen. Seine Miene drückte Wachsamkeit aus, aber es war auch eigenartig ausdruckslos. Fast schon kalt.
Moody schaute sich verstohlen um, sein Zauberstab immer in Alarmbereitschaft.
Irgendetwas war hier faul. Und Moodys gesamtes Gebaren stank geradezu danach.
Ich verkrümelte mich tiefer in die dunklen Schatten und sprach vorsichtshalber einen Zauber, der meine Kleidung verdunkelte. Was sollte ich jetzt tun? Einfach hier warten, bis Moody verschwunden war? Sollte ich weiter Allana suchen? Oder sollte ich Moody unauffällig hinterhergehen? Ich kaute angestrengt an meiner Oberlippe und sah wie Moodys Gestalt immer kleiner wurde. In wenigen Sekunden würde er verschwunden sein...
Ich hielt den Zauberstab in Angriffsposition und folgte Moody in einem Abstand von mehreren Metern.
Er ging die Treppen hinunter in Richtung der Kerker, was mich nur noch mehr verwunderte. Snape konnte Moody nicht ausstehen, außerdem gab es in den Kerkern nichts besonderes. Nur Snapes Büro, die Vorratskammer für Zaubertränke, seinen Klassenraum, sowie den Gemeinschaftsraum der Slytherins.
Moody schritt jedoch unbeirrt weiter.
Er ging in die Richtung von Snapes Vorratskammer. Dort angekommen schaute er sich noch einmal kurz um, aber es wirkte nachlässig. Er erwartete nicht wirklich, dass jemand hier sein würde. Moody tippte mit dem Zauberstab gegen das Schloss und murmelte eine Beschwörungsformel. Ein leises Klicken ertönte und die Tür glitt auf. Moody rauschte hinein und kurz darauf hörte ich, wie er in den Regalen herumwülte. Es schienen mehrere Zutaten zu sein, die er suchte, denn er brauchte ziemlich lange. Nach einigen Minuten war er offenbar fertig. Er schloss die Tür wieder sorgfältig und verriegelte sie mit einem kurzen Zauber. Die Zutaten hatte er in seine Manteltaschen verstaut. Er nahm einen tiefen Zug aus seinen Flachmann, verzog kurz das Gesicht und humpelte zur Treppe. Ich drückte mich tiefer in die Schatten und wartete bis das dumpfe Geräusch seiner Schritte allmählich verklang und schließlich ganz verstummte. Erst dann traute ich mich mich zu bewegen.
Moody führte etwas im Schilde. Sonst würde er nicht unbemerkt in Snapes Büro einbrechen und sich einer Reihe von Zutaten bemächtigen. Welche Zutaten waren das wohl und wofür brauchte er sie? Für irgendein geheimes Gift oder eine verbotene Mixtur?
Darüber würde ich mir später Gedanken machen. Zuerst musste ich meine Schwester finden.

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt