Treffen mit Sirius

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Allana

Ich hatte es Jaime endlich gesagt. All die Jahre hatte ich Jaimes grauenhafte Erinnerung in meinem Kopf gehabt. Diese Erinnerung, die Jaime und mich genauso sehr gefoltert hatte, wie unser Vater unsere Mutter, war immer da gewesen und hatte Zweifel in mir gesät. An Jaime, an Sirius, an unsere Eltern.
Doch jetzt spürte ich eine fast schon eigenartige Unbeschwertheit in mir aufkeimen. Es macht einem auf Dauer kaputt, Geheimnisse in sich herumzutragen, aber sie niemanden anvertrauen zu können. Man kann nicht darüber reden, nicht um Rat fragen, sich nicht trösten lassen. In gewisser Weise war es also schon beinahe gut, dass ich es meinem Bruder endlich gesagt hatte.
Trotzdem ... ich hätte es ihm viel früher sagen sollen. Nicht erst jetzt, wo diese Erinnerung wieder an Bedeutung gewann, sondern besser bereits vor einiger Zeit.
Diese Erinnerung hatte Jaime genauso zerrissen wie mich. Es tat gut, dass keiner von uns mehr dieses Geheimnis, diese Last allein tragen musste.
Aber es war noch nicht überstanden. Ich würde es noch immer Sirius sagen müssen. Wie würde er darauf reagieren, dass seine Schwester offenbar mit einem Sadisten zusammen gewesen war?
Es würde ihm so hart treffen, wie Jaime und mich. Doch zuerst würde ich Sirius über meine Verwandtschaft mit Jaime aufklären müssen. Diese Reaktion interessierte mich zugegebenermaßen sehr, denn ich wusste, dass Sirius keine Ahnung von Jaime hatte. Er war ihm auch nur einmal flüchtig in der Heulenden Hütte begegnet. Sirius würde sich sehr wahrscheinlich über einen Neffen freuen, auch wenn sein Freude einen kleinen Dämpfer erhalten würde, sollte er erfahren, dass Jaime in Slytherin war und außerdem eine jahrelange Feindschaft mit seinem Patensohn pflegte. Ich konnte mir schon jetzt gut vorstellen, dass Jaime und Sirius vehemente Dispute austragen würden, um zu beweisen, welches Haus letztendlich besser war.
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Ich konnte es kaum erwarten.
Doch zuerst musste ich Sirius von Jaime berichten.

Harry und ich gingen durch Hogsmeade. Allerlei Schüler bummelten in den Straßen herum, schauten neugierig durch Schaufenster und schwatzten ausgelassen. Sie alle genossen das freie Wochenende. Ich selbst konnte diese Gefühle jedoch nur bedingt in mir selbst finden, denn die dritte Aufgabe rückte auf eine unangenehme Art und Weise immer näher. Nur noch eine Woche! Das Jahr war wie im Flug vergangen und doch waren Jaime und ich so unvorbereitet auf die nächste Aufgabe. Wir wussten noch immer nicht, was geschehen würde und wie wir uns davor schützen konnten. Wie auch, wenn wir nicht wussten, wer der Feind war und wo er lauerte. Ein Jahr und wir hatten nichts nennenswertes in Erfahrung gebracht! Es war zum Verzweifeln!
Sirius hatte uns gestern zu verstehen gegeben, dass er uns in Hogsmeade treffen wollte. Zugleich hatte ich mich gefragt, ob Askaban ihn vielleicht doch verrückt gemacht hatte. Hogsmeade! Das war einer der meist besuchtesten Orte im Umkreis von Hogwarts und er wollte uns unbedingt hier treffen?! Da hätte er ja ruhig gleich in die große Halle marschieren und Snape ein High-Five geben können! Ich schüttelte den Kopf, noch immer wütend über Sirius' unbedachtes Verhalten. Verstand er denn gar nicht, dass er noch immer im ganzen Land gesucht wurde?!
,,Was ist denn?", fragte Harry, der mein Kopfschütteln bemerkt hatte.
,,Sirius", antwortete ich, ,,er regt mich einfach auf! Kümmert es ihm denn gar nicht, dass er vielleicht gefasst werden könnte?"
,,Er schafft das schon", versuchte mich Harry zu beruhigen, ,,und er war letztes Jahr auch schon in Hogwarts, selbst da wurde er nicht erwischt!"
,,Jaa, trotzdem", grummelte ich, obwohl ich zugeben musste, dass Harrys Argument durchaus gut war. Letztes Jahr hatte man Sirius nicht in Hogwarts gefunden, obwohl man bereits vermutet hatte, dass er dorthin auf den Weg war. Warum sollte man ihn nun also in Hogsmeade schnappen, was nunmal nach Hogwarts und dem Ministerium der letzte Ort war, an dem man ihn erwarten würde. Vielleicht war sogar deshalb Hogsmeade eine gute Idee. Zumindest nach Sirius' Ansicht.
Ich hielt seinen ,Plan' noch immer für komplett übergeschnappt und selbstmörderisch, aber auf meine Meinung hörte natürlich niemand.
An dem vereinbarten Treffpunkt blieb Harry stehen und sah scheinbar interessiert in eines der Schaufenster.
Jetzt bleiben wir ganz spontan an diesem Fenster stehen und schauen uns so lange Bücher über das Thema Muggel-Geräte an (was keinen von uns beiden ernsthaft interessiert), bis eine vermummte Gestalt uns unauffällig anweist, ihr zu folgen. Was für ein genialer Plan. Und gar nicht auffällig. Ich rollte genervt die Augen. Dann zog ich Harry weiter. ,,Du bist zu auffällig!", zischelte ich ihm zu. Er zog eine verwirrte Miene. Doch sein Gesichtsausdruck hellte sich schlagartig auf, als er einen struppigen, schwarzen Hund erblickte, der schwanzwedelnd auf uns zutrippelte. ,,Sieh mal, da ist Si-"
Ich brachte ihm unsanft mit einem Rippenstoß zum Schweigen.
Es war schlau von Sirius gewesen, dass er seine Animagus-Gestalt gewählt hatte, und nicht seinen normalen Körper. Ein Hund erregte viel weniger Aufsehen, als eine Gestalt mit Kapuze.
Der Hund kläffte uns fröhlich an und strich um unsere Beine herum. Dabei schnüffelte er ausgiebig an dem Beutel mit Nahrungsmitteln, die ich aus der großen Halle mitgehen lassen hatte. Ich kraulte ihm die Ohren. ,,Gleich", flüsterte ich.
Der Hund bellte noch einmal und wuselte dann um die nächste Ecke. Dort bellte er weiter. Er wollte anscheinend, dass wir ihm folgten.
,,Komm mit", murmelte Harry und zog mich sachte am Umhang.
Eine Weile lang folgten wir Sirius durch Hogsmeade. Dann wurden die Häuser immer spärlicher, bis wir schließlich das Dorf verlassen hatten. Der Hund steuerte auf eine beinahe unmöglich zu bemerkende Felsspalte zu und bewegte sich mühelos hindurch. Ich seufzte und quetschte mich dann dicht gefolgt von Harry ebenfalls durch die Spalte.
Die Decke der Höhle war relativ niedrig, weshalb ich immer vorsichtshalber den Kopf einzog, wenn ich mich bewegte. Dafür war die Höhle keineswegs klein, sondern im Gegenteil äußerst geräumig.
,,Hallo, Kinder", krächzte Sirius hinter uns und wie aus Reflex fuhr ich herum. Er lachte bellend auf. Ich verdrehte die Augen und packte das Paket mit Essen aus. Er sah es gierig an und riss es sogleich aus meinen Händen.
,,Bitte", meinte ich etwas verspätet.
,,Danke", sagte er mit vollem Mund.
Eine Weile lang sahen wir ihm beim Essen zu. Als er fertig gegessen hatte, fing Harry sofort an zu sprechen. ,,Warum wolltest du dich mit uns treffen?"
Sirius schluckte seinen letzten Bissen hinunter. ,,Wegen des Turniers. Ich habe herausgefunden, dass die dritte Aufgabe eine Art Schatzsuche in einem Irrgarten ist."
Harry setzte sich etwas gerader hin. ,,Wir müssen also etwas in einem Labyrinth suchen? Bist du dir da sicher?"
Sirius nickte. ,,Todsicher." Sein Blick wurde ernst. ,,Aber du musst vorsichtig sein. Wer immer deinen Namen in den Feuerkelch geworfen hat, will sicher sein, dass du diese Aufgabe nicht überl- allzu leicht meisterst wie die übrigen."
Mir entging Sirius' Versprecher keineswegs, aber ich tat, als wäre es mir nicht aufgefallen. Es wäre im Anbetracht der Situation nicht gerade hilfreich gewesen.
,,Weißt du noch irgendetwas?"
,,Mein Onkel schüttelte den Kopf. ,,Nur dass du aufpassen musst ... Todesser werden aktiver ... kein gutes Gefühl bei der Sache ..."
Das hob meine Laune auch nicht unbedingt. ,,Ähm, Harry ... ich wollte noch kurz etwas mit Sirius besprechen. Wenn du willst, kannst du draußen warten."
Harry verstand diese Aufforderung sofort und stand auf. Sirius schaute mich neugierig an. ,,Was ist denn?"
Ich räusperte mich unbehaglich. ,,Jaa. Also. Du weißt ja, dass deine Schwester meine Mutter ist und ... na ja ..."
Sirius sah mich weiterhin abwartend an.
,,Also ... meine Mutter war eben schwanger gewesen, aber nicht mit einem Kind. Mit zwei Kindern. Zwillingen."
Sirius' Augen wurden rund. Er starrte mich vollkommen perplex an.
Das wird lustig...

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt