JaimeIch konnte nicht fassen, was ich da hörte!
Nicht schlimm genug, dass Sirius Black unser Onkel war, er hatte wahrscheinlich auch noch unsere Mutter auf dem Gewissen!
Mein gesamter Körper schien sich in einer Art Schockstarre zu befinden. Mein Kopf pochte, meine Augen brannten. Das Schlucken fiel mir schwer.
Warum immer wir?! Warum hatte unser Vater unsere Mutter gefoltert? Warum hatte unser Onkel sie getötet? Warum bestand unsere gesamte Familie nur aus Mördern?!
Vor meinen Augen drehte sich alles. Mein Schädel schmerzte. Ich drückte meine kühle Hand gegen die Stirn. Ich durfte jetzt nicht anfangen zu hyperventilieren.
,,Ich-", würgte ich mühsam hervor, ,, ich geh mal...an die frische Luft."
Und dann ging ich im Laufschritt davon. Erst als ich um die Ecke gebogen war, und sicher sein konnte, dass mir niemand folgte, hetzte ich los. Ich wollte einfach nur weg. Weg von den ganzen Wahrheiten, dem ganzen Schmerz.
Allana rief in weiter Ferne meinen Namen, aber sie folgte mir nicht. Sie wusste, es würde alles nur noch schlimmer machen.
Endlich war ich draußen angekommen und atmete verzweifelt die eiskalte Luft ein. Kraftlos ließ ich mich an einen Baum sinken und kurz darauf übergab ich mich. Ich würgte mehrere Male und wischte mir mit einem Ärmel meines Schlafanzugs über den Mund. Ein bitterer, galleartiger Geschmack blieb auf meiner Zunge haften.
Seufzend lehnte ich mich an den Baum und schloss die Augen. Versuchte einfach an gar nichts mehr zu denken.
Ich wusste nicht, wie lange oder wie kurz ich dort saß, aber lange konnte es nicht gewesen sein, denn die Sonne befand sich noch immer auf dem gleichem Punkt. Mir fing an, kalt zu werden. Ich saß hier, nur im Schlafanzug und ohne Mantel oder Schuhe im tiefstem Winter auf der gefrorenen Erde. Ein bitteres Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Es war alles so erbärmlich.
Mühsam rappelte ich mich wieder auf und bewegte meine Finger und die Zehen. Sie waren schon ganz taub.
Irgendwie schaffte ich es, mich wieder ins Schloss zu schleppen. Ich war vollkommen durchgefroren.
Wo sollte ich jetzt hin? Mit Allana wollte ich im Moment unter keinen Umständen reden und zu den Slytherins wollte ich auch nicht.
Es blieb also nur eine Möglichkeit.
Dreißig Minuten später hatte ich mich in die Bibliothek zurückgezogen und mich in die hinterste Ecke verkrochen.
Ich hatte mir eine Decke auf der Krankenstation geklaut, an der ich vorbeigekommen war, außerdem hatte ich eine Thermoskanne mitgehen lassen.
Ich kuschelte mich tiefer in die Decke ein. Jetzt wollte ich nur noch schlafen und vergessen.Ich wachte auf, als jemand einen spitzen Schrei ausstieß. ,,Jaime, was zum-"
Zwei haselnussfarbene Augen sahen mich voller Sorge und Mitgefühl an.
,,Hermine", nuschelte ich.
Wie mochte ich jetzt wohl aussehen? Ich trug nur einen verdreckten Schlafanzug, meine Haare waren zerzaust und meine Augen rot umrandet. Bestimmt sah ich einfach nur schrecklich aus.
,,Oh Gott, was ist nur mit dir passiert?! Bist du krank?" Ihre zitternde Hand berührte meine schwitzige Stirn und sie schluckte merklich. ,,Du glühst ja schon fast..."
,,Mir geht's gut", log ich, ,,ich musste nur einige Dinge...verdauen."
,,Hör auf, mich immer zu belügen!", meinte sie jetzt sichtbar wütend, ,,du musst in den Krankenflügel!"
Sie zog mich am Ärmel.
,,Neihein!", grummelte ich und riss mich los. ,,Meine Probleme sind nicht körperlicher Natur!"
Ihr Blick wurde erst argwöhnisch, dann mitleidig. ,,Oh, ich verstehe...tut mir leid, wenn ich dir zu nahe getreten bin", murmelte sie und senkte den Blick.
Zögernd ließ sie von mir ab und setzte sich dann gegenüber von mir. Sie holte Luft.
,,Nein, ich will nicht darüber reden", unterbrach ich sie.
Ihr Mund klappte wieder zu.
,,Ich denke, du solltest trotzdem in den Krankenflügel. Du siehst echt fertig aus", meinte sie nach einer Weile des Schweigens.
,,Ich will nicht, dass mich jemand so sieht", murmelte ich leise.
Sie seufzte kurz. ,,Wenn du willst, hole ich dir andere Klamotten."
,,Das wäre echt nett, danke", meinte ich ehrlich und bemühte mich verzweifelt um ein Lächeln. Es missglückte kläglich.
,,Bin gleich wieder da."
Während Hermine mir Wechselklamotten holte, spuhlte ich die vergangenen Ereignisse noch einmal vor meinem inneren Auge ab. Ich stand noch immer unter Schock.
,,So, ich habe ein paar Klamotten geholt, die dir passen müssten."
Hermine war wieder aufgetaucht und hielt einen Stapel Anziehsachen im Arm: einen Pullover, eine schwarze Hose, dicke Wollsocken und Stiefel.
,,Danke", murmelte ich und nahm die Sachen. ,,Ich geh mich dann mal irgendwo umziehen."
Ich verschwand hinter einem Bücherregal und wechselte schnell die Klamotten.
Nun fühlte ich mich um einiges besser.
,,Was hast du eigentlich in der Bibliothek gemacht?", lenkte ich ihre Aufmerksamkeit von mir weg, damit sie mich nicht wieder mit Fragen durchlöcherte.
Ihre Miene hellte sich sofort auf. Jetzt würde sie vermutlich eine Weile über ihr Projekt sprechen. ,,Ich suche etwas über Werwölfe."
Ich hob eine Braue. Das war wenig im Gegensatz zu ihrem üblichen Redefluss. ,,Willst du mich nicht einweihen, wen du verdächtigst?"
,,Woher- ?" Sie unterbrach sich und schaute mich verwirrt an.
,,Hermine, ich kenne dich! Du stellst nie umsonst Nachforschungen an!"
Sie seufzte geschlagen. ,,Schon kapiert. Ich glaube, es ist Lupin."
Ich nickte nachdenklich. Ich wusste zwar noch nicht die genauen Hintergründe dieser Vermutung, aber Hermine hatte bestimmt eine glaubwürdige These parat. Und Lupin als Werwolf machte unter gewissen Voraussetzungen sogar Sinn: Während des Vollmonds hatten wir Vertretung gehabt und Snape hatte für die Gryffindors einen Vortrag über ebendiese Spezies gehalten.
,,Ich muss zugeben, deine Theorie macht Sinn."
Hermine wirkte erleichtert. ,,Ich dachte schon, du würdest mir nicht glauben", meinte sie verlegen und strich sich eine Strähne ihres widerspenstigen Haares hinter die Ohren.
,,Natürlich glaube ich dir. Aber was nützt es dir zu wissen, dass Lupin ein Werwolf ist? Snape weiß es bereits und somit auch der restliche Teil des Kollegiums. Warum forschst du also noch weiter nach?"
Hermine schaute sich kurz um und rückte dann näher an mich heran. ,,Lupin war früher mit Sirius Black befreundet. Genauso wie James Potter und Peter Pettigrew. Zwei von den Vieren sind bereits tot. Vielleicht will Black auch Lupin töten!"
Diese Theorie war für mich nicht ganz schlüssig. ,,Es kann auch das komplette Gegenteil davon meinen. Vielleicht hat Lupin Black geholfen ins Schloss zu gelangen."
,,Eben das will ich herausfinden!", ereiferte sich Hermine.
,,Und ich soll dir helfen?"
,,Genau!"
Ich seufzte leise auf. Nachforschungen über Lupin anzustellen, war so ziemlich das Letzte, was ich im Moment wollte. Aber ich erfahre so auch mehr über Black...
,,Abgemacht", gab ich mich geschlagen und Hermine grinste leicht.
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Seine Kinder (1)
FanfictionLord Voldemort. Dunkelster schwarzer Magier seit Grindelwald. Jaime Gaunt. Im Waisenhaus aufgewachsen. Seine Eltern kennt er nicht, er weiß nichts über sie. Aber eines Tages erhält er einen Brief zu einer mysteriösen Schule namens Hogwarts. Allana...