Draco, das Frettchen

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Allana

,,Hör doch, ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte! Al, du musst mir glauben!"
Ich seufzte kurz und drehte mich zu Harry um. ,,Natürlich glaube ich dir, aber es kommt mir doch alles ziemlich suspekt vor."
Er raufte sich die Haare. ,,Jaa, ich verstehe. Schließlich redet Ron schon seit zwei Tagen nicht mehr mit mir."
Ich schwenkte meinen Kopf leicht zur Seite und musterte Ron verstohlen aus den Augenwinkeln. Er saß grimmig da und stocherte in seinem Essen herum. Zwischendurch bedachte er Harry mit üblen Blicken.
,,Er denkt einfach, dass du nur den ganzen Ruhm einheimsen willst. Und das du es nicht ertragen kannst, wenn du einmal nicht im Mittelpunkt stehst", meinte ich fachmännisch. Harrys Blick verfinsterte sich. ,,Ich habe nicht darum gebeten teilzunehmen!", fuhr er mich sofort rüde an, ,,meinetwegen kann er sich seine ach so verletzten Gefühle sonst wo hinstecken!" Er stapfte trotzig davon.
Vielleicht hätte ich es langsamer angehen sollen.
Aber selbst ich musste zugeben, dass Harry und Ron ziemlich stur sein konnten. Keiner von ihnen wollte nachgeben, keiner sich zuerst entschuldigen.
Sie waren in dieser Hinsicht einfach viel zu stolz.
Kopfschüttelnd sah ich Harry nach, der nun nach draußen marschierte.
Die Schüler tuschelten hinter seinem Rücken, einige zeigten mit dem Finger auf ihn. Die meisten von ihnen waren Rons Ansicht, nämlich, dass Harry extra seinen Namen in den Feuerkelch geworfen hatte. Die Hufflepuffs nahmen dieses Thema besonders ernst, denn sie fürchteten jetzt, dass Harry ihnen die verdiente Anerkennung wegnehmen würde. Deshalb gaben sie im Unterricht nun immer gehässige Kommentare von sich, oder lachten lauthals, wenn er einen Fehler beging. Sie waren fast schlimmer als die Slytherins. Aber auch nur fast. Denn diese hatten es sich offenbar zur persönlichen Aufgabe gemacht, Harry das Leben so schwer wie möglich zu machen. Snape schien es besonders zu Herzen zu gehen. Er verpasste Harry mehrmals Nachsitzen und gab ihm in einem Test - den Harry zur Abwechslung mal gar nicht so schlecht geschrieben hatte - eine glatte Sechs.
Aber dies waren meiner Meinung kaum mehr als die üblichen Geplänkel und Streitereien zwischen den Häusern. Viel wichtiger war jetzt, wer Harrys Namen in den Feuerkelch geworfen hatte und welche Intention er damit verfolgte. Die logischste Antwort darauf wäre gewesen, dass die Person Harry Schaden zufügen wollte, schließlich hatte es bei dem Turnier in den vergangenen Jahren bereits Tote gegeben. Doch diese Überlegung passte nicht zu Jaimes znd meiner Theorie, dass Voldemort Harry oder ihn zu seiner entgültigen Auferstehung brauchen sollte. Denn was nützte es Voldemort, wenn Harry bereits tot war?

Jaime

,,Was hast du denn da?"
Draco schaute auf seine Brust. Dort war ein bunter Anstecker befestigt.
Er begann zu grinsen. ,,Warte, ich zeig's dir." Er tippte auf die Marke, die jetzt einen Schriftzug aufwies. Potter stinkt, stand darauf.
Nicht gerade kreativ.
,,Ich bin gespannt, wie Potter darauf reagieren wird, wenn ich es ihm zeige", feixte er.
,,Da hast du jetzt die Chance zu", murmelte ich, denn ich hatte Harrys zerstrubbelte Frisur ausgemacht.
Dracos Grinsen steigerte sich ins Unermessliche, als er meinem Blick folgte. ,,Das wird ein Spaß", hauchte er.
Dann winkte er Crabbe und Goyle zu sich und bewegte sich ohne zu zögern auf Harry zu. ,,Hey Potter", rief er, ,,schon unsere neuste Mode begutachtet?" Hämisch grinsend deutete er auf seine Brust, wo in grellen Lettern der Schriftzug Potter stinkt stand.
Harrys Gesicht färbte sich rot vor Zorn und er ballte die Hände zu Fäusten. So wütend hatte ich ihn bisher nur selten erlebt.
Aber natürlich setzte Draco noch einen drauf. ,,Was glaubst du, wie lange du im Turnier überlebst, hmm? Ich würde sagen keine zwei Minuten, aber wer weiß? Vielleicht geschehen doch noch Wunder und du wirst nur verkrüppelt. Das sagt jedenfalls mein Vater."
Harry trat zornig einen Schritt nach vorne und sofort stellten sich Crabbe und Goyle an Malfoys Seite. ,,Es ist mir egal, was dein Vater dazu sagt, Malfoy!" Er schenkte Draco einen zutiefst angewiederten Blick. ,,Du bist einfach nur peinlich, weißt du das?!"
Mit diesen Worten wandte er sich ab.
Dracos Gesicht verzerrte sich zu einer bösartigen Fratze. ,,Peinlich...!" Er zog seinen Zauberstab und mir schwahnte übles. ,,Draco, stopp!", ermahnte ich ihn, denn Moody war eben aufgetaucht und musterte das Geschehen mit schlecht verborgener Heiterkeit.
Aber natürlich hörte Draco nicht auf mich. Er murmelte etwas und ein Lichtblitz verfehlte Harry nur um Haaresbreite. Gleichzeitig hatte Moody ebenfalls seinen Zauberstab in der Hand und richtete ihn auf Draco. Ein Knall war zu hören und ein weißes Frettchen kauerte anstatt Draco im Gras. Es gab ein verängstigtes Quieken von sich.
Ich zog ebenfalls meinen Zauberstab, um meinen besten Freund so schnell wie möglich zurückzuverwandeln, aber Moody war schneller. ,,Wehe dir, Jüngchen!", knurrte er und deutete mit dem Zauberstab auf mich. Langsam ließ ich meine Waffe wieder sinken.
Das Frettchen - Pardon, Draco - versuchte zu entwischen, kam aber nicht weit, denn Moody ließ es durch die Luft fliegen. ,,Man verhext keine unbewaffneten Schüler!", bellte er. Das Frettchen drehte sich einmal auf den Kopf. Mir wurde vom bloßen Hinsehen übel.
Plötzlich kam Professor McGonagall angerannt und ihre Augen weiteten sich in Erkenntnis. ,,Ist das ein Schüler?!"
Moody kratzte sich am Kopf. ,,Eigentlich ist es ein Frettchen", erklärte er ausweichend
,,Hören Sie auf damit! Sofort!" McGonagalls Stimme klang drei Oktaven höher als sonst. Moody seufzte schwer und das Frettchen knallte zu Boden.
Dann krabbelte es in Windeseile meine Hose entlang nach oben und klammerte sich an meiner Uniform fest. Die kleinen spitzen Krällchen bohrten sich durch den Stoff schmerzhaft in meine Haut.
Ich verzog das Gesicht und nieste einmal. ,,Gaunt, bringen Sie ihn bitte zu Professor Snape, damit er ihn zurückverwandelt", befahl mir die Hauslehrerin forsch.
Ich nickte leicht umd nieste erneut.
Das Frettchen klammerte sich weiterhin mit unglaublicher Kraft an mich.
,,Lass mich endlich los", flüsterte ich dem Tier zu, doch es dachte gar nicht daran, sondern baumelte weiter an meiner Uniform. Als ich versuchte die spitzen Krallen sachte von dem Stoff zu lösen, kratzte das Frettchen mich prompt.
,,Du...!", brachte ich hervor und wedelte mit der schmerzenden Hand, ,,mach das noch mal und ich bringe dich nicht mehr zu Snape!"
Das Tier alias Draco Malfoy sah mich aus großen Augen an. Die winzige Schnauze zitterte.
Ich rollte nur die Augen. ,,Zieh jetzt keine Mitleidsnummer ab! Das wirkt bei mir nicht!"
Ich stiefelte in die Halle, mein neu erworbenes Haustier drückte sich fester an mich. Mehrere Leute sahen mir teilweise verwirrt oder belustigt nach, aber ich schenkte ihnen keine Beachtung, sondern versuchte das Frettchen irgendwie auf meine Schulter zu bugsieren. Natürlich wehrte es sich mit aller Kraft dagegen.
,,Jaime, ist das dein Haustier?", fragte mich irgendeine Slytherin-Schülerin und versuchte das weiße Frettchen zu streicheln. Draco schnappte mit seinen Zähnen nach ihr. Sie zog die Hand zurück.
,,Geborgt", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, denn Draco bohrte seine Krallen tiefer in meine Haut. So langsam war ich mit den Nerven am Ende.
,,Oh, wie süß", zwitscherte Pansy und rückte etwas an mich heran.
,,Darf ich es mal halten?", fragte eine Andere.
Ich schloss entnervt die Augen. ,,Seid alle mal kurz still!", fauchte ich.
Niemand sagte ein Wort.
,,Danke."
Ich ging weiter Richtung Kerker.
Merke: Gehe nie mit einem angeblichen Haustier irgendwo hin. Du kriegst nur ungewollte Aufmerksamkeit.
,,Sogar deine tierische Gestalt scheint auf Mädchen anziehend zu sein", murmelte ich bissig. ,,Wir geben eine tolle Kombination ab." Gleichzeitig rollte ich die Augen. Jeder, der mich jetzt hören würde, würde denken, dass ich komplett den Verstand verloren hätte.
,,Führst du Selbstgespräche?", fragte mich eine vertraute Stimme.
Ich wünschte, es wäre so.
,,Nein, ähm ... ich habe nur eben laut nachgedacht."
,,Ah", meinte Allana nur, die offenbar gerade aus der Großen Halle gekommen war. Dann entdeckte sie das Frettchen. ,,Das hast du aber niemandem geklaut, oder?"
Ich schnappte empört nach Luft, was zum Teil daran lag, dass Draco meinen Bauch mit seinen Hinterläufen zerkratzte.
,,Was bitteschön soll ich mit einem nutzlosem Frettchen anfangen?! Das einzige, was Haustiere tun, ist Fressen, Kratzen und auf Hausaufgaben zu pinkeln!"
(Das hatte einmal Notts Kater gemacht.) Hoffentlich nahm Draco sich daran kein Vorbild.
,,Wem gehört es nun denn?", fragte meine Schwester weiter.
,,Ähm ... Draco."
Sie hob erstaunt eine Braue. ,,Wirklich? Ich wusste gar nicht, dass er ein Haustier hat."
,,Jaaa." Mir fiel darauf jetzt nicht wirklich eine Antwort ein.
,,Darf ich es mal halten?", wollte sie wissen.
,,Vorsicht, es beißt", meinte ich eilig, doch meine Schwester hatte das Frettchen schon berührt. Seltsamerweise wirkte es nun wie das zahmste Tier auf der Welt und ließ sich unbehelligt hochheben, eine Meisterleistung, die ich nach einer gefühlten Stunde nicht erreicht hatte.
Sie streichelte es am Kopf. ,,Du bist ja ein Süßer", gurrte sie. Das Frettchen blinzelte sie treuherzig an, drückte seinen Kopf an ihre Schulter und kuschelte sich an ihre Brust. Es schien es ziemlich bequem dort zu finden.
Meine Augen verengten sich zu Schlitzen. Das war eine Zone, in der Draco nichts verloren hatte, weder als Mensch, noch als Tier. Kein männliches Wesen hatte da irgendetwas verloren! Meine ausgeprägten brüderlichen Schutzinstinkte übernahmen prompt die Führung und mein inneres Alarmsystem schrillte aprupt los. Ich schnappte mir Draco und hob ihn unsanft am Nackenfell hoch. Sofort biss und kratzte er um sich.
,,Öhm, Draco vermisst bestimmt schon sein Haustier", beeilte ich mich zu sagen. Ich hielt das Frettchen vorsichtshalber auf Armlänge von mir und hastete in Richtung der Kerker.
Meine Schwester schaute mir stirnrunzelnd nach.
Im Kerker angekommen, ließ ich Draco erst einmal mit dem Zauberstab gegen die Wand knallen. ,,Was fällt dir ein einfach so ein Mädchen anzugrabschen?!" Das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich verstand bei dem Thema Allana und Jungs keinen Spaß. In dieser Hinsicht war ich wohl überfürsorglich.
Das Frettchen quiekte nur panisch und mir wurde klar, dass Draco mir in seiner tierischen Gestalt schlecht antworten konnte.
Grummelnd schleppte ich das nervige Getier zu Professor Snapes Büro und klopfte einmal.
,,Eintreten."
Ich öffnete die Tür. Professor Snape saß an seinen Schreibtisch und musterte mich über seine Hakennase hinweg. Sein Mund verzog sich leicht und er kräuselte in Abwertung die Lippen. ,,Gaunt, warum bringen Sie ein Nagetier in mein Büro?"
Draco quiekte empört.
,,Das ist Draco Malfoy, Sir. Moody hat ihn in ein Frettchen verwandelt", erklärte ich.
Snape musterte das Frettchen etwas genauer. Nichts in seinem Gesicht gab seine Überraschung preis. Er zuckte mit keiner Wimper. ,,Interessant", murmelte er nur. Dann zückte er den Zauberstab und sprach einige Worte. Wenige Sekunden später krabbelte Draco Malfoy desorientiert über den kalten Steinboden und brabbelte, dass er es Moody heimzahlen würde und sein Vater...
,,Draco, komm jetzt!", zischte ich ihn an und unterbrach somit seine wirren Aufzählungen. Er blinzelte mich an.
,,Vielen Dank, Sir", meinte ich eilig zu Snape und zog Draco am Umhang aus dem Raum.
,,Fass. Nie. Mehr. Allana. An.", befahl ich ihm, kurz nachdem wir das Büro verlassen hatten.
,,Warum denn nicht?"
Ich glaubte gleich vor Aggression explodieren zu müssen. ,,WARUM?!", wiederholte ich, ,,vielleicht, weil man es nicht machen sollte!"
Er murmelte etwas Unverständliches.
Ich hörte ihn jedoch gar nicht mehr zu, sondern rauschte davon.

Dieses Kapitel kommt früher als gewohnt, weil ich einfach eine kreative Phase gehabt habe. Außerdem fand ich das letzte Kapitel ziemlich öde und vorhersehbar und wollte deshalb noch ein lustigeres, interessanteres, besseres Kapitel schreiben. Hier ist es also (vorausgesetzt natürlich ihr findet es besser als das Letzte).

Seine Kinder (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt