23 - Keine Zeit

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* Emilia *

Die nächsten Tage verliefen wesentlich stressiger. Neben den Physiotherapiestunden hatte ich noch zahlreiche andere Termine. Meine ganzen Wochen waren voll mit Presseterminen und Fotoshootings. Es folgten Besuche bei den Nachwuchsspringern und TV-Auftritte, in denen ich mich nun zu meinem Sturz und dem weitergehendem Verlauf äußern musste. Außerdem musste ich ein Kinderheim besuchen und an Konferenzen teilnehmen, da ich eine Organisation zum Umweltschutz unterstützte. Desweiteren gab es viele Werbeauftritte und Teambesprechungen abzuarbeiten.

Von meinen Freunden und meiner Familie bekam ich in dieser Zeit nicht viel mit, da ich durch meiner Zurückziehung aus der Presse vieles nachzuholen hatte. So war ich heute auf dem Weg zu einem Morgenmagazin und holte mir mir müde einen Kaffee bei Starbucks. Für gewöhnlich ging ich nicht in diese kleinen Shops mit den überteuerten Getränken, doch es lag nun einmal auf dem Weg. Als ich den Tresen betrat hörte ich neben mir jemanden einen Cappuccino bestellen und erkannte Andreas' Stimme natürlich sofort.
"Zwei mal, bitte.", beendete ich seine Bestellung und Andreas drehte sich verwirrt zu mir um.
"Mila? Was machst du denn hier?", lachte er überrascht und begrüßte mich mit einer Umarmung.
"Mir meine Getränke von dir zahlen lassen.", lachte ich.
"Ich bin auf dem Weg zu einem Fernsehauftritt.", verkündete ich und Andreas nickte "Ich auch.", seufzte er. In letzter Zeit hatten wir uns kaum gesehen, denn Andreas ging es ähnlich wie mir. Bevor die Arbeit begann, musste alles erledigt sein. Nachdem wir die Becher in die Hand gedrückt bekamen, verabschiedeten wir uns voneinander und nahmen uns vor uns wieder einmal zu treffen. Wir hatten in den letzten Tagen kaum geschrieben, da einfach kaum Zeit übrig war. Umso mehr freute ich mich als ich sein Auto vor dem TV-Studio erkannte und mich hinter ihm einreihte. Im Vorbeigehen erkannte ich, dass er nicht mehr darin saß. Aber ich freute mich, nicht alleine im Studio sitzen zu müssen.  Im Treppenhaus traf ich Katha und Laura, weshalb mir schnell klar wurde, dass es sich um ein Interview mit den Olympiasiegern handelte. Zum Glück hatten die Visagisten nicht so viel an mir zutun, da meine Haare bereits geglättet waren. Nur etwas Makeup wurde aufgefrischt ehe ich mich zu Laura Dahlmeier und den anderen bekannten Sportlern setzte.

"Du schon wieder.", schmunzelte Andreas als er sich neben mir fallen ließ. "Schön, dass man sich wenigstens so begegnet.", entgegnete ich und er lachte leise.
"Traurigerweise.", seufzte er etwas wehmütig. Und dann begann das Interview. Es wurde über die Eindrücke gefragt und wie man sich währenddessen gefühlt hatte. Katha wurde speziell gefragt, da ich ihre größte Konkurrenten gewesen war.  Aber wir waren ein Team und freuten uns füreinander. Und dann war es an mir über meinen Sturz zu reden, aber ich beantwortete die Fragen nur knapp, denn übermorgen hatte ich ein ausführliches Interview beim ZDF darüber. Natürlich entging mir Andreas' besorgter Blick dabei nicht. Bei Andreas betonten sie ihn als Publikumsliebling und fragten ihn danach über unsere Freundschaft aus.
Dann blendeten sie ein Bild ein auf dem man uns heute morgen im Starbucks gesehen hatte und Andreas erzählte von dem zufälligen Treffen. Dennoch bemerkte ich, dass er etwas genervt davon war.

"Okay, welcher Laden mit leckerem Zeug ist in der Nähe?", fragte Andreas etwas erschöpft als wir zusammen das Studio verließen.
Ich überlegte kurz und lächelte dann.
"Da oben gibt es einen ziemlich guten Eisladen.", erinnerte ich mich und Andreas schmunzelte.
"Los geht's." Während wir uns in Bewegung setzten fragte er: "Und wie sieht dein Tagesplan heute aus?", fragte er. "Physio und eine Konferenz mit all meinen Trainern, mal wieder.", seufzte ich und Andreas lächelte bemitleidend.
"Ich habe nachher auch eine Teambesprechung.", lachte er.
"Ich vermisse meine beste Freundin", lachte er dann etwas wehmütig und ich lächelte.
"Nawww, bist du süß.", lachte ich und zog ihn in eine Umarmung. Mir war bewusst, dass wir uns zuletzt beim Bowlen vor zwei Wochen gesehen hatten.
"Was hast du denn morgen vor?", fragte ich ihn und er überlegte kurz.
"Nichts außer einem Gespräch mit meinen Sponsoren. ", grinste er fröhlich. Ich wollte ihm ungern seinen fast freien Tag nehmen.
"Was ist?", fragte er lachend und ich zuckte mit den Schultern.
"Du könntest vielleicht, wenn du Lust hast, morgen mit in das Kinderheim kommen. Die Kinder vergöttern dich und würden sich unglaublich freuen.", sprach ich und er lächelte.
"Da komme ich sehr gerne mit.", lächelte er und hielt mir die Tür auf. Kurz hielt ich inne und blickte in seine Augen. Einmal mehr verstand ich, warum er als Teenieschwarm galt. Dass mein bester Freund unfassbar attraktiv war, konnte ich nun wirklich nicht leugnen. Er machte nun wirklich keine schlechte Figur.

"Danke.", lächelte ich und betrat den kleinen Eisladen.
"Hey, Louis!", begrüßte ich das bekannte Gesicht an der Kasse.
"Mila? Schön dich zu sehen.", brachte mein alter Klassenkamerad hervor.
"Andreas, das ist Louis - ein alter Bekannter von mir. ", stellte ich ihn vor und die beiden grüßten sich kurz. Ich hatte vergessen, dass es der Laden seiner Großmutter war. Während ich bestellte hielten wir einen kurzen Smalltalk. Danach begaben Andi und ich uns zurück zu unseren Autos.
"Pass auf, nicht dass sie jetzt ein Bild von uns knipsen.", lachte ich und deutete auf eine Gruppe von Mädels, welche Andreas' Merch trugen. Er lachte nur über meine Bemerkung und winkte ihnen. Nach einigen Selfies auf denen sogar ich drauf sein sollte, erreichten wir nun endlich die Autos.
"Ab wann darfst du eigentlich wieder trainieren?", fragte er nun etwas vorsichtiger und ich schlug mir gegen die Stirn. Heute sollten doch die Nähte abgeschnitten werden.
"Oh fuck. ", stöhnte ich und Andreas sah mich verwundert an "Ich müsste eigentlich schon beim Arzt sein.", lachte ich während ich in das Auto eilte.
"Wir sehen uns morgen! Ich schreibe dir alles.", verabschiedete ich mich und erkannte Andreas noch lachend über meinen Abgang im Rückspiegel.

Fliege zu den Sternen.  • {Andreas Wellinger}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt