Hurtless

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* Emilia *

Freunde...glaubte ich mir das wirklich selbst? Es war ja wohl offensichtlich, dass ich ihn liebte. Wie sollte ich auch nicht?

Aber das reichte einfach nicht. Ich konnte ihm die Sache mit Selina einfach nicht verzeihen. Als ich im Krankenhaus lag, hatte er sich seine Zeit mit ihr vertrieben und das tat verdammt weh. Mehr als das. Es zerbrach mir das Herz, in jegliche Kleinteile. Und trotzdem vermisste ich ihn. Seine Nähe machte mich nervös und ich musste mich zusammenreißen um nicht einfach so zu tun, als wäre alles wie früher.

Ich wusste, dass er sich genauso abzulenken versuchte, wie ich. Er trieb viel Sport und war oft mit Freunden unterwegs, so viel erfuhr ich durch Instagram. Und nun stand er in dem Flur meiner Wohnung und schaute sorgvoll auf mich hinab. Ich spürte wie das altbekannte Kribbeln meinen Körper durchzog und wie ich unruhig mit dem unversehrten Fuß wippte.

"Danke für's Herbringen." Sagte ich deshalb hastig und Andi nickte. "Immer wieder gerne." Er nickte mir zu und wandte sich ab während ich ihm nach schaute. Ich schloss die Tür und lehnte mich zurück.
"Fuuuck." Seufzte ich.

Ich würde noch verdammte Ewigkeiten mit diesen Krücken herumlaufen müssen. Mein Kopf funktionierte auch nir bedingt,  wie ich das wollte und der Sturz verfolgte mich, Tag und Nacht. Grob gesagt war mein physischer und psychischer Zustand absolut im Eimer.

Und ich wusste, dass Andi jeden Tag da war, denn die Schwestern hatten mir das erzählt. Es war klar, dass auf ihm ebenfalls eine unglaublich hohe Belastung lag, denn er hatte keine Gewissheit, ob ich überhaupt aufwachen würde. Er wollte mir nichts schlechtes und das wusste ich auch.

Das Koma hatte mich zerissen. Ich war in einem Traumland gefangen und seine Stimme hatte mich zurückgeholt. Als ich den Ärzten schildern sollte, woran ich mich erinnerte, waren das nicht viele Dinge. Ich wusste, dass ich die ganze Zeit durch einen Tunnel gegangen war, welcher mit einem grellen Licht endete. Und gerade als ich hindurchlaufen wollte, hielt mich seine Hand auf. Ich hätte wirklich tot sein können und konnte mir nicht ausmalen, wie es ihm damit ging. Lena war unglaublich sauer auf Andreas und die Presse spekulierte über eine Trennung, welche wir bisher nicht bekannt gaben.

Vielleicht hatte Leon recht und ich sollte Andreas die Chance geben, ihm zuzuhören. Ich war wirklich wütend und enttäuscht, aber dennoch liebte ich ihn. Ich liebte ihn so sehr, dass jede Sekunde ohne ihm schmerzte. Als wäre ich in seiner Abwesenheit unvollständig. Und das war so, seitdem wir uns bei Olympia kennen gelernt hatten. Es gab eine Verbindung und Leichtigkeit zwischen uns, welche man kaum in Worte fassen konnte.

Leon war im Fitnessstudio und ich war heute einfach zu schwach, um mich noch irgendwo hin zu bewegen. Also tippte ich auf seinen Kontakt in meinem Handy und rief ihn an. Natürlich hatte ich keinerlei Ahnung, was ich überhaupt sagen sollte. Jeder Rufton machte mich nervöser.
"Mila?", fragte er als müsse er meinen Namen aussprechen, um sich zu vergewissern, dass ich ihn anrief.
"Hey...", sagte ich zögernd.
"Alles in Ordnung?", fragte er sogleich und ich wusste, dass es ihm unglaublich wehtat, meine Stimme hören zu müssen.

"Wo bist du?", fragte ich und setzte mich dabei auf mein Sofa.
"Ähm...", druckste er und kurzzeitig bekam ich Angst, dass ich ihn störte oder er Besuch hatte, der mir nicht gefallen würde.
Ich seufzte und er griff sofort ein.
"Nichts,  von dem was du denkst.." fuhr er fort, als ich es an meiner Haustür klingeln hörte.
"Warte mal eben.", brummte ich und hievte mich vom Sofa, griff nach meinen Krücken und öffnete über das System die Tür. Kurzerhand hörte ich Schritte und niemand anderes als Andreas stand einige Sekunden später vor meinen Augen.

"Ich war auf dem Weg zu dir", sprach er verlegen und strich sich über das Haar. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, denn er war so nervös, als wäre es unser erstes Treffen.
"Komm rein.", bot ich ihm an und lief schleppend in das Wohnzimmer. Andi nahm mir sofort die Krücken ab und half mir Platz zu nehmen.
"Danke.", sagte ich zur Anerkennung als er sich verlegen neben mich setzte.

"Andi, ich habe Blödsinn erzählt. ", begann ich und er blickte mich verwirrt an.
"Ich will nicht mit dir befreundet sein."
Man konnte die aufsteigende Angst in seinem Blick sehen.
"Andi ich liebe dich und kann nicht ohne dich. Aber ich muss wissen, wie genau das passiert ist. Ich möchte deine Geschichte hören."

Ich kam mir sehr albern vor, schließlich war diese Sache nun schon einige Monate her, aber es musste endlich ein Haken dahintergesetzt werden. Denn ich konnte und wollte ihn auf keinen Fall verlieren.

Fliege zu den Sternen.  • {Andreas Wellinger}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt