offiziell

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* Andreas *

Während der Rückfahrt war meine Freundin ungewöhnlich schweigsam. Ich wusste, wie sehr sie es hasste, wenn Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen wurden. An ihrem Blick erkannte ich den Gedankensturm, den sie gerade erleben musste.
Ich griff also nach ihrer Hand und hatte sofort ihre Aufmerksamkeit, da sie mich sanft anlächelte.

"Es tut mir leid." Flüsterte ich deshalb und strich ihr über die Hand ehe ich diese wieder an das Lenkrad legte.
"Es ist doch nicht deine Schuld." Lachte sie gestellt "Es ist nur so...ungewohnt."
Ich hörte die Unsicherheit in ihrer Stimme und hatte mit einem Mal ein schlechtes Gewissen.

Als wir zum erneuten Mal am Gebäude des Managements betraten, griff Mila nach meiner Hand.
"Bist du dir sicher?" Fragte ich und sah mich kurz um, doch meine Freundin nickte bestätigend und zog mich mit sich.

Und somit war es offiziell. Wir waren offiziell. Und ich hatte keine Ahnung, was ich davon halten sollte. Kurz darauf wurde beschlossen, dass noch am heutigen Abend ein Statement von uns gemacht werden sollte. So ließen wir uns zu einem Fotoshooting überreden und machten viele Bilder im Schnee. Es hatte tatsächlich mehr Spaß gemacht als erwartet und nun saßen wir auf meinem Bett und suchten das schönste Bild0 heraus.

"Ich finde das süß." Seufzte Mila und blickte auf eines der Bilder, in denen ich meine Arme um sie gelegt hatte und wir uns anlächelten. Es war tatsächlich auch mein Favorit. Allerdings waren es wirklich viele schöne Bilder geworden. So entschied ich mich für ein anderes Bild, in dem ich meine Freundin auf meinen Schultern trug.

Nach dem Hochladen schnappte ich mir Milas Handy aus ihrer Hand und schaltete es, genau wie meines, aus.
"Andi, ich muss meine Koffer packen und um 5 Uhr los."
Ich seufzte über diese ausgeblendete Information, die uns eine gewisse Normalität stahl und zog sie auf meinen Schoß.

"Ich will nicht, dass du gehst." Flüsterte ich und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel während ich meine Arme um sie schlang.
"Ich will auch nicht gehen." Seufzte Mila und lehnte sich an mich. "Du machst es einem nicht gerade leicht.", schmunzelte sie und gähnte. Ich stand auf und sammelte einige Sachen ein, ehe ich wieder vor meiner Freundin stand "Ich komme mit." Zwinkerte ich und sie stöhnte "du musst nicht wegen mir so früh aufstehen." Sprach sie und entlockte mir ein Lächeln.
"Ich will aber." Protestierte ich und griff nach ihrer Hand.

"Ich möchte jede freie Sekunde, die wir haben mit dir verbringen." Fügte ich leise hinzu als ich sie hochzog. Mila stand mir nun so nah, dass ich ihren Atem auf meiner Haut spürte. Sie legte eine ihrer Hände in meinen Nacken während sie mir mit der anderen liebevoll durch das Haar strich.
"Ich liebe dich." Flüsterte sie nun und ich konnte die Wahrhaftigkeit der Worte beinahe spüren. Sanft drückte sie ihre Lippen auf meine, ehe sie mich an der Hand nach draußen zog.

Wir fuhren mit ihrem Audi zu der leeren Wohnung, in welcher sie sogleich ihre Sachen packte. Ich ging ihr weitesgehend zur Hand, wobei ich wohl eher alles durcheinander brachte, sodass es in einer Rangelei endete.
"Andi! Ich möchte das gerne beenden ohne etwas zu vergessen." Lachte sie tadelnd, sodass ich die Zeit damit verbrachte sie zu beobachten und mir jede mögliche Details einzuprägen.

Ich studierte ihr geglättetes Haar, welches am Abend eher zerzaust war. Ein Mal mehr fiel mir die Narbe an ihrer rechten Augenbraue auf, welche ihr eine ständige Erinnerung an den Sturz sein sollte, der sie so verändert hatte. Ihre kleine zarte Nase, die ihr perfekt in das Gesicht passte und ihre grünen Augen, welche immer für sich selbst sprachen. Augen, welche Geschichten erzählten, wenn man bereit war diese zu hören. Doch im Moment vermied Mila es, sich in die Seele schauen zu lassen. Ich wusste, dass sie etwas bedrückte, denn ich sonst so lockeres Lächeln wirkte wie eingemeißelt. Ihr Make-Up war durch den Tag schon halb verschwunden und dennoch lag ein Glanz auf ihr, der ganz aus ihrem Inneren strahlte. Ihre Wangen, in welchen sicg diese süßen Grübchen beim Lachen bildeten.

Sie sah auf und schüttelte schmunzelnd den Kopf: "So kann ich nicht arbeiten."
"Pardon Madame." Lachte ich deshalb und wurde mit einem Pullover beworfen während ich meine Beobachtung fortsetzte als müsse ich einem Künstler über Gedanken sein Bild erklären.  Ich mochte jede ihrer Bewegungen, welche so leichtfüßig schienen. Momentan eher verkrampft, aber mit jedem weiteren Tag schien sie wieder mehr zu sich selbst zu kommen.
Konzentriert überlegte sie, was sie vergessen hatte und bewegte sich in das Badezimmer. Mein Pullover ging ihr beinahe zu den Knien und ich mochte es, wenn sie meine Sachen trug. Mila bewegte sich als würde sie schweben und als könnte sie mit jeder Handlung die Welt verändern. Und vielleicht tat sie das auch. Ich mochte es, bei ihr zu sein.  In ihrer Gegenwart war alles so leicht und es war so einfach ich selbst zu sein. Sogar meiner Mutter war aufgefallen, was für einen Einfluss Mila auf mich hatte. Ich liebte ihr Lachen und wenn es nicht die Welt verändern würde, dann zumindest meine.
"Würdest du aufhören mich anzustarren?" Lachte sie erneut und wieder schüttelte ich den Kopf, weshalb sie die Augen verdrehte und dabei so süß aussah, dass ich in einem Lachanfall endete, in welchen meine Freundin einstimmte.

Und dann geschah es wieder. Nur viel schlimmer.

Mila begann zu husten und ich ahnte bereits, dass dies kein gutes Ende nehmen würde. Mit einem Mal war sie unglaublich blass und konnte kaum ihr Gleichgewicht beibehalten.  Ihr Atem wurde unregelmäßiger und sie biss sich auf die Unterlippe. Ihre Augen hielt sie geschlossen als konzentrierte sie sich auf etwas.

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Ich melde mich auch mal wieder, hahahahah.

Fliege zu den Sternen.  • {Andreas Wellinger}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt