* Emilia *
Während der letzten Wochen hatte ich einen Entschluss gefasst. Die Nummer mit Andreas war durch, endgültig. Ich konnte ihm das einfach nicht verzeihen.
Es tat so unglaublich weh, wenn ich auch nur daran dachte. Schon der Gedanke, wie er Selina anfasste ekelte mich an. Ich habe es wirklich versucht, aber ich konnte es einfach nicht vergessen. Ich konnte nicht glauben, dass er mich so verletzen würde.
Jegliches Vertrauen war verschwunden und ich konnte in ihm nicht mehr den Menschen sehen, in den ich mich verliebt hatte. Ich sah ihn nicht mehr in dem selben Licht. Er hatte mir tagelang Nachrichten geschrieben, bis ich den Schlussstrich gezogen hatte. Lange hatte ich geglaubt, dass wir uns verlieren mussten um uns wieder zu finden, doch das war Unsinn. Ich wollte ihn nicht mehr sehen oder hören. Zu wissen, was er mir angetan hatte, machte mich fertig. Mein Kopf explodierte.
Es fiel mir unglaublich schwer, ihn loszulassen, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf meinen Heilungsprozess und konnte mich gut ablenken. Ich unternahm viel mit Freunden und war beschäftigt mit der Reha. Grob gesagt hatte ich nicht einmal Zeit nachzudenken oder ihn zu vermissen. Außer in der Nacht, denn in diesen schien sich der Schmerz in das Gedächtnis zu brennen. Mein Kopf schien zu platzen und das Atmen fiel mir schwer. Nichts als blanke Panik rannte mir durch die Adern. Zitternd und weinen wälzte ich mich Nacht für Nacht in meinem Bett. Jeden Morgen hatte ich Angst vor dem Abend, denn die Dunkelheit schien mich aufzuressen und mit auf ihre Reise zu nehmenn. Ich fühlte mich leer. Tagsüber konnte ich das verbergen und mich selbst belügen, aber niemals nachts. Nicht selten humpelte ich zum Balkon um meine Lungen mit Luft zu beleben. Frierend stand ich dann am Balkon nur um den Schmerz zu verbergen. Kein Wort der Welt könnte diesen Schmerz beschreiben, der mich plötzlich und qualvoll übermannte. Es fühlte sich so an als hätte man mir das Herz herausgerissen. Und wie lebte man ohne Herz? Ich existierte wie eine Maschine, gefangen im Trance.
Und dann begann ich, die Nächte nicht mehr allein zu verbringen. Ich ging auf Parties bis der Morgen einbrach. Doch auch dann war ich allein gefangen in meinem Bett. Gestern Nacht hatte ich mich so zulaufen lassen, dass ich in einem völlig fremden Zimmer aufwachte. Ein Blick an mir hinunter erklärte mir auch, was wir getan hatten, aber ich erinnerte mich nicht. Und es war mir egal. Andreas hatte allen Sachen Bedeutung geschenkt und nun als er weg war, schien mir alles bedeutungslos. Ich fühlte mich lediglich ekelhaft.
Bis ich nach zwei Monaten auf ihn traf. Acht Wochen, in denen ich ihn nicht gesehen hatte. Die Presse zerriss sich das Maul über uns, aber keiner von uns äußerte sich. Weil wir einander immernoch liebten, weil keiner den Schlussstrich mit Edding gezogen hatte. Denn keiner von uns konnte das.
Ich schindete mich gerade mit den Krücken durch München, als mich jemand anrempelte. Beinahe verlor ich mein Gleichgewicht, doch sofort stützten mich zwei Hände.
"Pass doch mal auf, du Vollidi.." ich stoppte mitten im Satz als ich mich umdrehte und die mir allzu bekannten eisblauen Augen sah. Sein Blick war kaputt und ähnelte einem Spiegel. Ich wusste, dass er ebenfalls keinen Schlaf mehr fand.Einen Moment lang vergaß ich die Zeit, ehe ich die Krücke entgegennahm und Abstand zwischen uns brachte.
"Alles okay?" Fragte er und ich nickte als er anklagend auf meinen Fuß starrte, dessen Verband sich rot verfärbt hatte. Verdammter Mist! Keine Panik!
"Alles bestens." Sagte ich kühl und versuchte selbstsicher an ihm vorbei zu hinken.
"Emilia sei vernünftig und steig ein!" Schrie er mir nach und ich seufzte. In die Straßenbahn konnte ich so wohl kaum einsteigen. Vermutlich war eine der neueren Narben aufgegangen. Ein Schmerz durchzuckte mein Bein und ich konnte gerade noch mein Gleichgewicht halten.
"Okay." Muffelte ich und ließ mich auf dem Beifahrersitz nieder. Es folgte eine erdrückende Stille.
Oftmals musterte ich ihn von der Seite. Trotz der Augenringe und der tiefen Schatten im Gesicht, war er noch immer attraktiv. Ich biss mir auf die Unterlippe und verdrehte die Augen.Andreas fuhr schnell. Etwas zu schnell, doch er brachte mich heil in das Krankenhaus.
"Ich bringe dich noch rein." Stellte er klar und stützte mich bis zum Empfang.
Allmählich stieg mir der Geruch von rostigem Blut in die Nase und es war klar, dass die Wunde erneut genäht werden musste. Auf eine Nacht im Krankenhaus ließ ich mich natürlich nicht ein.Ich humpelte gerade zum Ausgang als ich seine Stimme hörte.
"Mila." Sagte er. Mehr nicht. Eine Gänsehaut überkam mich und ich drehte mich um. Er blickte zuerst prüfend auf meinen Fuß und dann in mein Gesicht.
"Danke. " brachte ich nur heraus und wandte mich ab. Ich musste mich schleunigst ablenken. Doch dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter."Ich kann dich nicht gehen lassen. Nicht schon wieder!" Sagte er und das meinte er ernst, ich sah es in seinem Blick.
"Andi..." seufzte ich, doch ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Am liebsten hätte ich ihn in meine Arme um ihn geschlungen und ihn nie wieder losgelassen. Aber ich konnte es einfach nicht. Es war zu viel passiert, was zwischen uns stand. Selina war passiert.
Ich musste nichts sagen, denn er wusste, was ich dachte. Ich schüttelte den Kopf und setzte mich in Bewegung, denn ich konnte ihn nicht länger ansehen. Zu tief lag der Schmerz."Bitte, Mila." Hauchte er, doch ich blieb nicht stehen, auch wenn die letzten Teile meines Herzens dabei brachen.
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Fliege zu den Sternen. • {Andreas Wellinger}
FanfictionOlympia in Korea, das Dorf war voll. Auch die Springerinnen hatten einen dieses Mal einen Platz im Hotel. Einige Gesichter waren Andreas bereits bekannt, andere eher weniger. Als sie zusammen den ersten Sieg feierten, lernte er Emilia kennen, welche...