Forget what we told

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* Emilia *

Andi hatte mich mit seinem plötzlichen Liebesgeständnis wirklich überrumpelt und mir beinahe die Sprache geraubt. Ich hatte mit allem gerechnet, aber sicher nicht mit einem derartigen Gefühlschaos.

Nach  seinem Abgang war ich noch verwirrter als zuvor und hatte nicht die geringste Ahnung, was ich denken sollte. Ich war selbst erschrocken über meine eigene Aufrichtigkeit, doch nach Andreas' ernsten und ehrlichen Worten war ich ihm eine ebenfalls wahre Erklärung schuldig. Außerdem fiel es mir in seiner Nähe so unglsublich schwer zu lügen oder ihm etwas vorzumachen, denn Andi schien mich einfach immer zu durchschauen.

Als er so aufgelöst vor meiner Tür stand, waren jegliche Vorsätze, die ich mir gemacht hatte über Bord geworfen. Es war keinesfalls mein Plan gewesen ihn zu küssen, doch mit seinen Worten hatte er mich komplett aus der Bahn geworfen und ich ließ mich von meinen Gefühlen leiten, denn über diese hatte ich jegliche Macht verloren. Alle Bedenken und Vorsätze verblassten, denn in diesem kurzen Moment nahm ich nur Andreas wahr und wollte in dessen Nähe sein. Ich spürte einzig und allein das Verlangen seine Lippen auf meinen zu spüren und verlor dabei beinahe den Verstand.

Obwohl ich eine Beziehung so sehr ablehnte, musste ich in den nachfolgenden sehr oft an Andreas denken. Je mehr ich mich gegen diese Gefühle sträubte, desto stärker schienen diese zu werden. Mir war bewusst, dass Andreas mich nun brauchte. Seine Nachrichten machten mir Sorgen, denn seine derzeitige Form machte ihn fertig. Aus diesem Grund war ich froh, dass ich nun zusammen mit Selli auf dem Weg zur ersten Station der Vierschanzentournee war. In den nächsten Tagen würde Leon nachkommen und ich freute mich wirklich auf die Zeit.

Während die Musik meiner Spotifyplaylist durch meine Kopfhörer ertönte und die Landschaft im Zugfenster an mir vorbeizog überlegte ich inständig wie ich Andreas gegenüber treten sollte. Ich hatte ihm gesagt, dass ich Zeit brauchen würde, doch es schien als würde ich weniger davon brauchen, sondern mehr von ihm und seiner Nähe. Ich hatte mir zahlreiche Wiederholungen seiner Sprünge angesehen und hoffte, dass ich ihn vielleicht aufheitern und helfen konnte.

Leider würde ich ihn erst am Abend sehen und erkundete also mit Selli die Stadt. So kam ich wenigstens auf andere Gedanken. Selli war zum Abendessen mit ihrem Bruder verabredet während ich etwas frische Luft schnappen wollte.  Noch während ich vorsichtig die Stufen hinunterlief stolperte ich beinahe gegen Andi, welcher die Treppen hastig hinaufeilte.

"Na das nenne ich eine stürmische Begrüßung." Lachte er und legte sogleich seine Arme um mich.
"Wie geht's dir?" Fragte er sogleich und ich schüttelte den Kopf "Die Frage ist : Wie geht es dir?" Entgegnete ich und er zuckte mit den Schultern.
"Du fehlst mir." Lächelte er und ich spürte wie die Röte mir ins Gesicht stieg, denn ich vermisste ihn ebenfalls.

Stephan eilte vorbei und schlug mit Andi ein, während er mich flüchtig begrüßte.
"Wir wollten gerade zum Abendessen runter, magst du mitkommen?" Fragte er vorsichtig und ich nickte, obwohl es eigentlich nicht mein Plan war.
"Warte kurz." Grinste er und eilte in sein Zimmer um seine Sachen abzustellen.

Am Tisch allerdings war die Stimmung irgendwie seltsam zwischen uns. Wir saßen zwar nebeneinander, doch keiner schien zu wissen wie er sich verhalten oder äußern sollte. Andi war sichtlich gereizt und ich ahnte, dass das Training erneut nicht lief, wie er es sich erhofft hatte. Irgendwie wollte ich seine Stimmung verbessern und suchte nach Worten, doch mein Kopf war leer weshalb ich den Gesprächen der anderen lauschte und mich der Stille zwischen uns hingab. Andreas sprach kein Wort und schien völlig in Gedanken zu sein, sodass ich ihm folgte als er aufstand.

"Hast du Zeit?" Fragte ich und Andreas verlangsamte seine Schritte.
"In einer halben Stunde kommt meine Mutter an und später haben wir noch eine Besprechung. Warum?" Fragte er noch immer abwesend während wir die Treppen hinauf liefen.
"Können wir reden?" Fragte ich vorsichtig, da er scheinbar einen schlechten Tag hatte. Eine Weile herrschte Stille als müsste er darüber nachdenken.
Er seufzte und lächelte verkrampft.
"Mila, du hast gesagt, dass du Zeit brauchst und das ist völlig okay. " sprach er sanft als wir am richtigen Gang ankamen. Ich hatte keine Ahnung, weshalb er heute ein solcher Miesepeter war, aber ich würde ihn so sicher nicht gehen lassen. Er kramte bereits nach seiner Chipkarte als ich ihn durch meine nächsten Worte in seiner Bewegung unterbrach.

"Vergiss, was ich gesagt habe. " stöhnte ich grinsend und er blickte mich verwirrt an.
"Was?" Stotterte er und ich bedeutete ihm mir in mein Zimmer zu folgen.
Als ich die Tür hinter uns schloss wiederholte ich meine Aussage
"Vergiss einfach, was ich gesagt habe." Sagte ich während meine Hände nach seinen griffen. Völlig perplex und völlig überrumpelt blickte er mich an.

"Hör zu, ich weiß, dass ich gesagt habe, dass ich mehr Zeit brauche, aber irgendwie...eigentlich brauche ich dich." Gab ich von mir und Andis Gesichtsausdruck änderte er sich als er verstand. Er lächelte mich an und musterte mich bei seinen nachfolgenden Worten genaustens.
"Bist du dir sicher? Ich möchte nicht, dass du irgendwas bereust." Sprach er sanft und ließ mich keine Sekunde aus den Augen.

"Super sicher! Ich liebe dich und möchte mir dir zusammen sein." Stellte ich fest und war erschrocken über mein eigenes Geständnis. Trotzdem führte ich seine Hände als Beweis an meine Hüften und legte meine Arme um seinen Hals um ihn zu küssen. Erst nach einigen Sekunden schien Andreas zu verstehen, was vor sich ging und zog mich näher zu sich. In diesem Moment war einfach alles perfekt und der ganze Rest unbedeutend. All die Sorgen über diese Beziehung verblassten, denn es fühlte sich eunfach nur richtig an.

Als wir uns lösten legte er seine Stirn gegen meine "Ganz sicher?" Fragte er grinsend und ich verlor mich in seinen blauen Augen.
"Ich war mir noch nie so sicher." Stellte ich fest und sein Lächeln vergrößerte sich, ehe er mich in eine Umarmung zog.
"Weißt du, wie glücklich du mich gerade machst?" Fragte er schmunzelnd und ich lachte "Mal sehen, ob du das in ein paar Tagen immernoch sagst."
"Ich werde es jeden Tag sagen oder zumindest denken." Sprach er und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
"Das war ja beinahe süß." Stellte ich fest.
"Beinahe?" Fragte er entsetzt und ich seufzte "Na gut, super süß." Gab ich zu und er grinste triumphierend "Geht doch."

Sein Handy ertönte und nahm uns den gemeinsamen Moment.
"Fuck." Lachte er und zeigte mir seinen klingelnden Wecker, welcher mit dem Titel "Mum" benannt wurde.
"Ich muss los...sehen wir uns später?" Fragte er schon an der Tür und ich nickte während er noch einmal zu mir kam um mir einen Kuss auf den Scheitel zu drücken.

"Bis dann, Milchen." Zwinkerte er und ich schüttelte den Kopf "Vergiss es!"

Fliege zu den Sternen.  • {Andreas Wellinger}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt