* Emilia *
Andreas hatte mich gestern Nachmittag in meiner Wohnung abgesetzt. Er hatte darauf bestanden mich trotz Aufzug bis vor meine Tür zu begleiten. Nun war ich auf dem Weg zu einem erneuten Arzttermin zu dem mich Hans abholte. Als einer der Hauptärzte war er natürlich mit dabei, denn er musste bescheid wissen, um mit meinen Trainern kommunizieren zu können und eine neue Vorgehensweise zu ermitteln. Mit Hans an meiner Seite würde ich wenigstens verstehen, was mir der Chirug sagen würde. Meine ganze Woche war voll mit Presse- und Arztterminen und gedanklich suchte ich nach Freizeit zwischen den Terminen. Hans, welcher zu meinem Lieblingsteamdoktor geworden war, öffnete mir die Autotür und übergab mir meine Krücken. Noch immer durchzog ein kurzer Schmerz mein Handgelenk, doch das war nicht weiter schlimm. "Bereit?", fragte Hans lachend und ich nickte. Natürlich ragten auch im Wartezimmer einige Köpfe nach oben, denn nach Olympia kannten mich nun die einen oder anderen Gesichter. Wir meldeten uns also an und setzten uns einen Moment lang in das Wartezimmer. Als ich mein Handy aus der Tasche holte, klickte ich auf meine Whatsappnachrichten und vertrieb mir auf diese Art die Zeit. Ich antwortete meiner Familie und hatte auch eine Nachricht von Andreas erhalten.
"Diese Nachricht wurde gelöscht."
Ich wunderte mich über diese Meldung und verfasste deshalb eine Antwort.
"Was denn los, Wellinger? Hast du eine Liebesbotschaft oder dreckige Witze falsch versendet?🤔😂", tippte ich und konnte mir ein Grinsen dabei nicht verkneifen. Noch während ich das Smartphone zurück in meine Tasche verschwinden ließ, vibrierte dieses erneut. Allerdings wurde ich genau in dem moment aufgerufen und begab mich langsam in das Röntgenzimmer. Das Laufen mit den Krücken konnte ich nicht als eines meiner Talente bezeichnen, weshalb ich einmal fast auf dem Boden landete.Hans öffnete mir die Tür und sofort trat der Arzt zu uns.
"Guten Tag, Frau Schulze.", lächelte er mit seinem Zahnarztlächeln und gab mir die Hand.
"Hans Jürgens, Sportarzt der Damenskispringer.", stellte Hans sich vor und der Doktor nickte. Im Anschluss hatte ich in der gleichen Praxis einen Verbandswechsel. Der Arzt hatte mir geschrieben, dass ich kommen sollte, da in Korea irgendwelche Informationen abhanden gekommen waren.
Er bat mich Platz zu nehmen und trennte den Gips auf.
"Ach Gottchen, das nennen die Gips?", schmunzelte er eher zu sich selbst und betrachtete meinen Fuß. Seine Blicke jagten mir etwas Angst ein, sodass ich es nicht wagte auf den Fuß zu sehen.
Er tastete gewisse Stellen ab und fragte, was ich dabei spürte. Er stellte einige Schwellungen fest und schüttelte den Kopf. Dann legte er mir eine gewisse schwere Schürze um und legte meinen Fuß hoch um ein Röntgenbild zu machen. Zusammen mit Hans begab er sich durch die Tür in einen anderen Raum. Durch die Scheibe konnte ich beide sehen. Die Dunkelheit in dem Zimmer war schon fast unheimlich und traurig. Irgendwie brach diese Dämmerung über mich ein und ich wünschte mir sehr Andreas und seine blöden Sprüche hier zu haben. Der Blick des Arztes hatte mir solche Angst gemacht. Nach einigen Minuten kam dieser erneut hinein und stellte irgendetwas ein, ehe er wieder verschwand. Kurz darauf traten die beiden ein. Hans bedrückter Blick ließ mich Böses erahnen und der Arzt reichte mir die Röntgenbilder nachdem er die Schürze abgenommen hatte. Ich hatte keine wirkliche Ahnung, aber einen Bruch konnte auch ich erkennen."Die koreanische Klinik hat uns übermittelt der Bruch wäre direkt am Fuß. Aber es betrifft eher das Fußgelenk und ein Stück Ihres Beines. Wir konnten feststellen, dass das Gelenk sich nicht selber richten kann, weshalb wir eine erneute Operation vornehmen müssen."
Verdattert sah ich den Arzt an. Das würde alles noch länger hinauszögern. Was dachte der denn, womit ich mein Geld verdiente? Dennoch seufzte ich und nickte. Er würde mich an das Klinikum vermitteln, da er ab morgen im Urlaub wäre und es schnellstmöglich erledigt werden musste. So kam es, dass ich am kommenden Freitag schon einen Termin für einen Eingriff am Fuß erhielt. "Das klingt schlimmer als es ist. Es müssen nur kleine Schrauben oder Nägel eingesetzt werden damit die Knochen wieder zusammenwachsen können.", klärte mich die Schwester auf, welche mir einen neuen Gips anlegte.
"Eigentlich sollten Sie sich bis dahin nicht so viel bewegen, damit sich bis dahin nicht noch mehr verschiebt.", sagte sie zum Abschluss."Emilia, das ist alles halb so wild. Es wird sich nichts am Verheilungsprozess ändern und nach fünf Wochen können wir langsam mit Physiotherapie beginnen um wieder in die Trainingseinheiten einzusteigen.", erklärte mir Hans auf dem Nachhauseweg. "Fuß hoch und runter bewegen oder was?", fragte ich genervt und er schmunzelte.
"Emilia zu einer Verletzung gehört nun einmal ein Heilungsprozess.", sagte er und ich verdrehte die Augen. Das war mir natürlich bewusst.
"Ja, aber muss das denn so lange dauern?", fragte ich wieder. Ich wollte schnellstmöglich wieder auf beiden Skiern stehen.
"Ja, du musst an deinen Körper denken. Er leistet viel für dich und braucht nun einmal seine Zeit." Er begann mir eine Predigt zu halten, doch ich hörte ihm nicht mehr zu. Seine Worte rauschten an mir vorbei wie die Landschaft am Autofenster. Gedanklich seufzte ich erleichtert aus als wir meine Wohnung erreichten. Nach einer Verabschiedung stieg ich müde und schlecht gelaunt aus dem Auto und begab mich vierbeinig zum Treppenaufgang. Ich würde bestimmt nicht mit dem Fahrstuhl fahren, das tat ich sonst ja nun einmal auch nicht. Lieber hievte ich mich die Treppen hinauf als mich wie ein elender Nichtsnutz zu fühlen.Schon nach der Hälfte allerdings begannen meine Arme zu zittern und ich stürzte halb zu Boden. Weinend vor Wut warf ich die Krücken von mir und ließ mich an der Wand fallen. Kurz darauf hörte ich Schritte hinunter eilen.
"Mila?", erklang plötzlich Andreas' Stimme und ich stöhnte. Ich hatte seine Nachricht nicht einmal gelesen und bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Allerdings wollte ich unglaublich gerne allein sein und einfach meine Ruhe haben. Nicht einmal meine Beine konnte ich zu mir ziehen um mich auf meine Knie zu stützen. Er sammelte meine Krücken auf, stellte sie an die Wand und setzte sich neben mich.
"Okay, Emilia. Was ist los mit dir?", fragte er nun und ich konnte die Besorgnis in seiner Stimme hören.
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Fliege zu den Sternen. • {Andreas Wellinger}
FanfictionOlympia in Korea, das Dorf war voll. Auch die Springerinnen hatten einen dieses Mal einen Platz im Hotel. Einige Gesichter waren Andreas bereits bekannt, andere eher weniger. Als sie zusammen den ersten Sieg feierten, lernte er Emilia kennen, welche...