Nachgeschmack von Streit

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* Andreas *

Ich wollte Mila zum Joggen abholen als Leonard meinte, dass sie noch in ihrem Zimmer war. Als ich ihr Zimmer betrat, lag Mila stöhnend auf ihrem Bett. Ihre Position sah eher unbequem und gequält aus und da sie sich nicht umdrehte war mir klar, dass sie wieder Probleme mit ihrer Lunge hatte.

Ihr Körper war komplett  verdreht und ich machte mir wirklich Sorgen um meine beste Freundin.
"Wird wohl nichts mit dem Joggen." Sprach ich trotzdem in gewohnter Tonart und lief um das Bett um mich vor dieses zu hocken. Mila sah mich gequält an und hatte ihre Hände gegen ihre Brust gelehnt. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, aber es tat fürchterlich weh sie leiden zu sehen.

Mila ließ ihre Arme eine Zeit lang hängen, ehe sie diese erneut gegen ihren Körper presste. Sie biss sich auf die Lippe und blickte an die Decke ehe sie sich von einer Seite auf die andere wälzte.
"Kann ich dir irgendwie helfen?" Fragte ich vorsichtig und sie schüttelte den Kopf, während sie wieder in einer unbequemen Position liegen blieb.
"Oh, fuck man." Seufzte sie und ich setzte mich auf die Bettkante.

"Du solltest wirklich zum Arzt gehen, Emilia. " sprach ich und sie lächelte gequält.
"Kannst du..." begann sie und zuckte noch einmal zusammen. Sie versuchte sich aufzusetzen und ich griff ihr dabei sofort vorsichtig unter die Arme. Als sie endlich vor mir saß, lehnte sie sich nach hinten an mich.
"Wird es besser?" Fragte ich besorgt und sie nickte.
"Ist immer nur Phasenweise." Sprach sie und zuckte mit den Schultern.

Am liebsten hätte ich meine Arme um sie geschlungen, doch ich musste mich und meine Gefühle im Griff haben um unsere Freundschaft nicht auf's Spiel zu setzen. Das Verlangen nach ihrer Hand zu greifen war groß, doch das durfte ich nicht zulassen. Erneut krümmte sie sich und rutschte etwas nach unten.

Es klopfte an der Tür und Leonard trat in das Zimmer.
"Alles okay?" Fragte er mit einem Blick auf seine Schwester, was diese sofort mit einem Nicken bestätigte und automatisch von mir wegrückte.
"Ja, ich bin nur müde. " schmunzelte Mila und ich stellte fest, dass sie erschreckend gut lügen konnte. Leon musterte sie prüfend und wünschte uns einen schönen Abend, da er mit Freunden feiern gehen würde.

"Warum sagst du es ihm nicht?" Fragte ich und Mila seufzte, während sie sich erneut gegen mich lehnte. "Leon würde sich unnötig Sorgen machen." Antwortete sie. Ich wusste, dass Mila Angst hatte es ihrem Bruder zu sagen, denn vermutlich würde er ihren Eltern Bescheid sagen und das wollte sie vermeiden. Meine Recherchen hatten vielfältige Diagnosen erbracht, sodass ich noch genauso schlau war wie vorher.
"Unnötig?" Fragte ich deshalb und entlockte ihr ein Lachen.
"Schon irgendwie." Seufzte sie und ich schüttelte den Kopf.
"Keinesfalls unnötig." Berichtigte ich sie und sie drehte sich zu mir um und stellte  sich hin.
"Siehst du, geht schon wieder. "Lächekte sie und ich schüttelte den Kopf. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein.

"Mila die Schmerzen werden nicht verschwinden, wenn du die Augen vor ihnen schließt. " sagte ich deshalb und sie stöhnte genervt auf.
"Das weiß ich selber, aber es ist meine Entscheidung, okay?" Fragte sie nun etwas wütend und ich sah sie enttäuscht an.
"Emilia, ich mache mir Sorgen um dich. Du kannst vor diesen Schmerzen nicht ewig wegrennen." Sprach ich meine Gedanken aus und ahnte bereits, dass dieses Gespräch kein gutes Ende nehmen müsste.
"Es ist mein Leben und nicht deins. Kein Sturz dieser Welt trifft Entscheidungen für mich." Rief sie nun wütend.  Warum war sie nur so stur? So Gottverdammt stur? Ich hatte einen wunden Punkt getroffen  und nahm ihr diese Wut nicht übel. Dieser Sturz hatte sie aus der  Bahn geworfen, ob sie es zugab oder nicht.

"Mila, mamchmal wird man vor Tatsachen gestellt und dein Leben trifft Entscheidungen für dich." Sprach ich ruhig weiter und konnte ihr die Wut ansehen.
"Es ist mein Leben!" Beharrte sie erneut etwas kleinlauter, doch voller Energie.
"Wie lange denkst du soll das so gehen? Wie lange willst du das durchhalten?" Fragte ich und sie verdrehte die Augen.
"Es ist meine Sache, Andreas. " meinte sie und biss sich auf dee Unterlippe herum. Ich wollte mich nicht mit Mila streiten, doch sie konnte nicht weiter von der Wahrheit wegrennen. Auch in ihrer aufgebauten Lügenwelt würde die Wahrheit sie einholen und das umso stärker.
"Mila, du bist meine beste Freundin - ich will dir doch nichts schlechtes." Begann ich, doch sofort unterbrach sie mich "Dann lass es dabei!" Meinte sie und ich schüttelte den Kopf.

"Was willst du machen? Was ist dein Plan?" Fragte ich, denn ich war mir der Tatsache bewusst, dass sie keine Pläne hatte.
"Ich wüsste nicht, was dich das zu interessieren hat." Sprach sie nun zickig und nun war ich derjenige, der die Augen verdrehte.
"Mila, ich möchte mich nicht mit dir streiten." Begann ich erneut und ging auf sie zu.
"Sieht für mich anders aus." Stellte sie fest und ich musste schmunzeln, denn ich fand Mila sogar wütend  und zickig unfassbar süß.

"Ich möchte dir nur helfen!" Nun wurde auch ich lauter und Mila lachte hysterisch auf.
"Dann misch dich bitte nicht in meine Angelegenheiten ein!" Rief sie sauer und ich schüttelte erneut den Kopf "Das ist genau das, was Freunde tun. Mila du musst nicht alles alleine durchziehen. Ab und an Hilfe anzunehmen ist keine Schande." Veesuchte ich  noch einmal mit ihr zu reden, doch sie ließ sich von ihrem Standpunkt nicht abbringen.

"Ich brauche deine Hilfe nicht, versteht du das nicht?"

Ich wusste, dass dieses Gespräch keinen Sinn mehr hatte. Mila war so gereizt, dass sie mit jedem Argument zu explodieren schien. Schweren Herzens stand ich auf.

"Melde dich, wenn du dich wieder eingekriegt hast!"sagte ich ehe ich ihre Wohnung verließ. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen, aber es war die einzige sinnvolle Lösung gewesen.

Fliege zu den Sternen.  • {Andreas Wellinger}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt