Beuteschema

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„Wollen wir uns nun alle ein wenig beruhigen?", sagte Harry mit sanfter Stimme, während er meine Hand fest umschloss. „Am besten wir setzen uns und reden in Ruhe über diesen Vorfall", sprach er weiter, woraufhin seine Mutter zwar demonstrativ mit den Augen rollte, sich aber ergeben im Sessel niederließ.

Harry wollte schon einen Schritt in ihre Richtung machen, doch ich erhöhte schnell den Druck auf seine Hand und bewog ihn so zum Stehenbleiben. „Warte, Harry", flüsterte ich und griff nun auch nach seiner anderen Hand. „Ich liebe dich. Wirklich. Und es tut mir verdammt leid, was ich alles zu deiner Mutter gesagt habe. Ich dachte, sie sei eine Reporterin", erklärte ich leise. Meine emotionale Achterbahnfahrt hatte ich noch nicht überstanden, daher brauchte ich Harrys Nähe gerade mehr als alles andere. „Schon gut, Louis. Ich liebe dich", erwiderte er, dann lehnte er sich mir entgegen und streifte sanft mit seinen Lippen über meine, bevor er sie zu einem liebevollen Kuss vereinte.

Widerwillig folgte ich daraufhin meinem Freund zum Sofa, wo ich mich so nahe neben ihn setzte, dass meine komplette Seite an seine gepresst war. Harry schien mein Bedürfnis nach Nähe zu bemerken, denn er griff sofort nach meiner Hand. „Danke", flüsterte ich und verschränkte vorsichtig unsere Finger. „Wollt ihr mir nun erzählen, was vorgefallen ist?", erkundigte sich Harry mit bedeutend ruhiger Stimme. Ich rutschte unauffällig etwas nach hinten und lehnte meinen Rücken an die Sofalehne, während Anne mich mit forschendem Blick musterte.

„Dein Freund...", begann sie und machte dabei keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen mich. „...hat mich aufs Äußerste beschimpft und mir dann erzählt, dass er seine schwangere Verlobte betrogen und Schuld am Tod seiner Schwester hat." Anne rümpfte ihre Nase, dann ließ sie ihren Blick von mir zu ihrem Sohn wandern. „Lou", hauchte Harry und ließ seinen Blick augenblicklich zu mir schnellen. Gleichzeitig erhöhte er den Druck auf meine Hand, als wolle er mir dadurch mehr Halt bieten. „Das hast du nicht wirklich gesagt, oder? Was kann ich tun, damit du endlich begreifst, dass niemand Schuld an Fizzys Tod hat? Außer vielleicht Fizzy selbst", redete er leise auf mich ein. Dabei sah er mich mit einem so einnehmenden Blick an, dass ich ihm beinahe geglaubt hätte.

„Es ist doch wahr", seufzte ich und zuckte einmal mit meinen Schultern. Harry hielt seinen Blick mit meinem verhakt, während er immer wieder leicht seinen Kopf schüttelte. „Nein, Lou. Es war nicht deine Schuld", flüsterte er und schenkte mir dabei ein trauriges Lächeln. Dann wandte er sich wieder seiner Mutter zu, die im Sessel saß und uns neugierig beobachtete. 

„Mum, lass mich das bitte erklären", sagte Harry nun mit fester Stimme. „Louis' Schwester verstarb erst vor wenigen Monaten. Aber er hatte rein gar nichts mit ihrem Tod zu tun. Louis ist Profifußballer und spielt für Chelsea", erklärte Harry seiner Mutter, die aufmerksam ihre dünnen Augenbrauen in die Höhe zog. „Der, auf den deine Schwester so steht?", wollte sie wissen und ließ ihren Blick für den Bruchteil einer Sekunde zu mir wandern. „Genau der", bestätigte Harry und sah mir wieder in die Augen. Ein sanftes Lächeln zierte seine Lippen, bevor er mir einen Kuss auf den Mundwinkel hauchte und wieder zu seiner Mutter blickte. „Ihr zwei hattet schon immer dasselbe Beuteschema", hörte ich Anne leise murmeln, doch vielleicht hatte ich mir das auch nur eingebildet. 

„Jedenfalls sind durch ihn auch seine Schwestern in die Augen der Öffentlichkeit geraten", begann Harry und schien fieberhaft nach Worten zu suchen. „Fizzy hatte Angstzustände und Panikattacken. Ständig hat sie sich verfolgt gefühlt. Aber wie sollte es auch anders sein, wenn an jeder Ecke Paparazzi lauern und einen in den erbärmlichsten Momenten antreffen wollen", ergänzte ich zynisch und wandte dabei meinen Kopf zur Seite, damit ich die beiden nicht mehr ansehen musste. „Sie starb an einer Medikamentenüberdosis", beendete Harry leise die Erklärung. 

Ich konnte hören, wie Anne überraschte Geräusche von sich gab, bevor sie sich direkt an mich wandte. „Das ist der Grund, warum du so panisch reagiert hast, als du dachtest, ich sei Reporterin?", fragte sie mit einem verstehenden Unterton. Ich seufzte lautstark, dann sah ich wieder in ihre Richtung. „Nein. Vielleicht", gab ich zu und richtete mich dabei etwas auf. „Sehen Sie, ich liebe Ihren Sohn. Aber wir halten unsere Beziehung vorerst noch geheim", sagte ich, hoffend, dass Harry das Erklären für mich übernehmen würde. 

„Mum, bis zur Fußballweltmeisterschaft darfst du niemandem von uns erzählen. Louis' Lebenstraum ist es, in der Nationalmannschaft zu spielen. Das wird er aber nicht können, wenn bekannt wird, dass er mit einem Mann zusammen sind. Die sind nämlich alle homophob. Er wurde schon einmal beurlaubt, weil die Presse ihm eine Beziehung mit einem Sänger andichten wollte", erläuterte Harry seiner Mutter die Situation. „Und du nimmst einfach so hin, dass ihm seine Karriere wichtiger ist als du. Obwohl er dich doch angeblich liebt?", wollte Anne provokant wissen. Doch sie hatte längst den abwertenden Unterton verloren. Stattdessen beobachtete ich, wie ihre Mundwinkel immer wieder nach oben zuckten.

„Ganz und gar nicht, Mum. Louis wollte seine Karriere aufgeben. Er hätte es wirklich getan, hätte ich ihn nicht davon abgehalten", offenbarte er ihr nun. Anne nickte und schien dieses Thema damit abzuhaken. Doch man sah ihr an, dass ihr noch immer etwas auf der Zunge brannte. „Er hat seine Verlobte betrogen", stellte sie nun in den Raum. 

Ich atmete tief durch und umschlang Harrys Hand nun mit beiden Händen. „Das war scheiße von mir. Es gibt keine Entschuldigung für das, was ich getan habe. Aber Sie müssen verstehen, dass ich an der Beziehung zu Eleanor nur festgehalten habe, weil wir ein gemeinsames Kind erwarten. Und Harry hat mich vom ersten Moment an umgehauen, ich konnte mich einfach nicht von ihm fernhalten", erklärte ich und blickte dabei glücklich zu meinem Freund. Der strahlte mich förmlich an und ließ es sich nicht nehmen, erneut seine Lippen auf meine zu legen.

Als unsere Lippen sich wieder lösten, wurde ich auf der Stelle von seinem Blick gefangen genommen. Ein glückliches Funkeln zierte seine Augen, welches es mir unmöglich machte, meinen Blick abzuwenden. Ich vereinte unsere Lippen erneut zu einem kurzen Kuss, dann ließ ich Harrys Hand los und erhob mich. Langsam ging ich auf Harrys Mutter zu, die mich überrascht musterte. „Bitte, Mrs Twist. Ich liebe Ihren Sohn wirklich. Auch wenn wir einen schlechten Start hatten, würde ich mir wünschen, dass Sie mich an seiner Seite akzeptieren. Vielleicht können wir ja von vorne beginnen?",  hoffte ich und streckte ihr dabei auffordernd meine Hand entgegen. 

Doch noch bevor Anne etwas erwidern konnte, erklang mein Klingelton und zerstörte den angespannten Moment. Harry griff nach meinem Telefon und starrte das Display an. „Bella ruft an."

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[1100 Wörter, 04.10.2020]

Was haltet ihr von der Aussprache? Und was könnte Bella nur wollen?

Only The Brave || Larry AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt