Rest der Welt

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Viele persönliche Gegenstände hatte ich nicht, die ich in den Koffer packen musste. Dennoch war mir Harrys Zweizimmerwohnung in den letzten Tagen so ans Herz gewachsen, dass ich mich hier mehr zu Hause fühlte als an irgend einem anderen Ort.

Mit tränenüberströmten Wangen und schlotternden Knien zog ich schließlich den Reißverschluss des Koffers zu, dann stützte ich meine Hände auf dem gepackten Koffer ab und richtete mich langsam wieder auf. Als ich mich schließlich umdrehte und Harry zuwandte ging ein Schmerz durch meinen Körper, der sich anfühlte als wäre ich in diesem Moment Opfer eines Blitzschlages geworden. Harry zu sehen, mit roten Augen und hängenden Schultern war einfach zu viel für mich.

„Bitte, Harry", hauchte ich. „Mach es mir nicht schwerer als es ohnehin schon ist. Lass mich gehen." Harry hatte sich wie ein Türsteher vor seine Schlafzimmertür gestellt, sodass ich nicht einfach den Raum verlassen konnte. Jedoch sahen seine verschränkten Arme nicht nach Macht und Stärke aus, viel mehr verlieh diese Haltung den Eindruck als würde er krampfhaft nach Halt suchen.

„Ich kann dich nicht gehen lassen, Lou", antwortete er mir leise, während ich langsam auf ihn zuging. Dabei hatte ich die feste Hoffnung, er würde mich ziehen lassen, bevor ich vollkommen zusammenbrach. „Bitte, Harry", versuchte ich es erneut, aber er bewegte sich nicht vom Fleck. Stattdessen hob er seine Arme an und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Nur kurz, dann fuhr er mit seinen Händen weiter nach oben und raufte sich die Haare.

„Warum willst du das zwischen uns beenden, wo wir uns doch lieben?", wollte Harry mit flehender Stimme wissen. Ich blieb stehen und versuchte den Kloß in meinem Hals hinunter zu schlucken, der so groß war, dass er mir beinahe den Atem raubte. „Du... du liebst mich?", stotterte ich, wobei meine Hände so stark zitterten, dass ich den Koffer losließ, der krachend zu Boden fiel. Harrys Augen folgten dem Schauspiel einen Augenblick, dann sah er wieder zu mir und hob einen Mundwinkel zu einem liebevollen Lächeln an. 

Langsam, als wäre ich ein verschrecktes Reh, setzte er einen Fuß vor den anderen und hob seine Hände an, um sie mir auf die Wangen zu legen. „Ja, Louis", seufzte er. Obwohl ich wusste, dass ich so schnell wie möglich gehen und Harry hinter mir lassen sollte, blieb ich wie erstarrt stehen und musterte ihn mit großen Augen. „Ich liebe dich, Lou. Ich liebe dich so sehr, dass ich mein Leben mit dir verbringen will. Ich kann dich nicht einfach gehen lassen", erklärte er mir vorsichtig. Dabei sprach er so langsam, als würde er über jedes Wort einzeln nachdenken, bevor es ihm über die Lippen kam.

„Aber ich tue dir weh", versuchte ich mich zu erklären. Noch immer schaffte ich es nicht, mich zu bewegen. Ich stand einfach nur da und konzentrierte mich auf die Hitze, die von Harrys Händen auf meinen Wangen ausgelöst wurde und praktisch meinen gesamten Körper in Flammen setzte. „Nein, Lou", erwiderte Harry leise und schüttelte lächelnd den Kopf. „Du machst mich glücklich. Mit jedem Blick, mit jeder Geste machst du mich zum glücklichsten Mann der Welt. Die Welt ist es, die uns beide unglücklich macht. Und wir können nur dagegen ankommen, wenn wir zusammenhalten. Du und ich, Lou. Du und ich gegen den Rest der Welt", erklärte er mir mit so viel Enthusiasmus, dass ich all meine Beweggründe von vorhin plötzlich in Frage stellte.

„Aber die Geheimnistuerei... und Freddie", stotterte ich, um ihn an all das zu erinnern, was uns im Wege stand. Harry lächelte nur, kam noch weiter auf mich zu und legte vorsichtig seine Lippen auf meine Stirn. „Verbotene Liebe... ist doch heiß", zitierte er Phoebe, gefolgt von einem Zwinkern. „Und ich werde auch damit klarkommen, dass du bald Vater wirst", sagte er schon nicht mehr so belustigt. „Wenn du dir vorstellen kannst, auch mit mir irgendwann eine Familie zu gründen." Schnell blinzelte ich die letzten Tränen weg und nickte, woraufhin Harry so sehr strahlte als wäre er meine persönliche Sonne.

„Mein Sonnenschein", hauchte ich. „Natürlich kann ich mir das vorstellen." Kaum waren die Worte in der Stille des Raumes verklungen, begannen Harrys Augen zu leuchten wie die eines kleinen Kindes an Weihnachten. „Ich liebe dich, Louis", sagte er mit so viel Fröhlichkeit in der Stimme, dass auch mein Körper Unmengen an Glücksgefühlen ausschüttete. „Bitte verlass mich nicht", setzte er noch hinterher. Augenblicklich presste ich meine Lippen aufeinander und taumelte ein paar Schritte zurück. „Es wird nicht einfach werden, Harry. Bist du sicher, dass es das wert ist?", wollte ich von ihm wissen, denn ich würde alles tun, nur um ihn glücklich zu sehen.

„Es wird wirklich nicht einfach werden", begann Harry und griff nach meinen Händen. Ich beobachtete, wie er sanft unsere Hände aufeinander legte, bevor er unsere Finger verschränkte. „Aber solange wir aufeinander vertrauen, werden wir alles schaffen, Lou. Gemeinsam." Als ich den Wink verstand, musste ich schwer schlucken. „Ich muss darauf vertrauen können, dass du an unserer Beziehung festhältst, egal was passiert. Ich würde es nicht verkraften, wenn du erneut für dich beschließt, dass du mir das nicht zumuten kannst. Rede einfach mit mir, Lou. Und bleibe bei mir. Ich liebe dich nämlich"

„Ich liebe dich auch, Harry", flüsterte ich, dann nickte ich. „Ich verspreche es dir", ergänzte ich noch, denn mir wurde bewusst, was ich Harry in den letzten Minuten angetan hatte. Mein Freund hob seine Mundwinkel zu einem strahlenden Lächeln an, bei dem mir das Herz aufging. Dann beugte er sich etwas vor und vereinte unsere Lippen zu einem liebevollen Kuss. Seufzend lehnte ich mich ihm entgegen, verschränkte meine Arme in seinem Nacken und genoss, wie er seine Hände an meiner Hüfte ablegte und mich noch näher an sich zog. 

Die Art wie er seine Lippen an meinen bewegte, war so zart und gefühlvoll, dass es mehr aussagte als jedes einzelne 'Ich liebe dich'. Die Gefühle die nun durch meinen Körper rauschten waren so intensiv und einnehmend, dass ich an nichts anderes denken konnte als daran, wie sehr ich diesen Mann in meinen Armen liebte.

Als Harry sich eine gefühlte Ewigkeit später wieder von mir löste, trug er dasselbe unbändige Lächeln auf den Lippen wie ich auch. „Ich liebe dich", flüsterte ich erneut. „Ich liebe dich auch, Lou." Kurz legte er seine Lippen für einen zarten Kuss auf meine, dann entfernte er sich ein paar Schritte von mir und öffnete seinen Kleiderschrank. Er nahm zwei Stapel an Oberteilen heraus, die er sorgfältig auf seinem Bett ablegte und warf dann noch einige Klamotten, die an Kleiderbügeln hingen, hinterher. Verwirrt beobachtete ich sein Werk, bis er sich auf den Boden kniete und mich fragend ansah.

„Ich weiß, das hier ist kein Vergleich zu deiner Villa, aber ich fände es schön, wenn du hier bleiben würdest", erläuterte er sein Tun. Ich war so überwältigt, dass mir nichts anderes übrig blieb, als stumm zu nicken und dabei zuzusehen, wie Harry die Klamotten aus meinem Koffer in seinen Schrank räumte und den Koffer anschließend auf den Schrank hinauf hievte.

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 [1147 Wörter, 03.09.2020]

Harry hat das 'Ich liebe dich' erwidert und Louis zieht bei ihm ein<3 Ich hoffe, dass ihr nach diesem Kapitel die Fackeln und Mistgabeln wieder weggepackt habt, haha. Was haltet ihr von den Entwicklungen?

Only The Brave || Larry AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt