Chapter 100

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Nachdenklich laufe ich durch die Gänge, zum ersten Mal seit Ewigkeiten alleine. Runa wird als Vize Kommandantin gebraucht und Zenobio bleibt meist im Zimmer, wenn ich Unterricht habe. Nun bin ich gerade auf den Weg vom Unterricht zu meinem Zimmer, doch ein Blick aus dem Fenster lässt mich anhalten. Ich trete etwas näher heran, um zu erkennen, was sich draußen abspielt. Um die fünfzig Wesen stehen draußen, auf der Wiese und haben einen Halbkreis, um Runa gebildet. Dies müssen die Rekruten aus der Hauptstadt sein. Sie sind bereits heute angetroffen, im Gegenzug zu den Soldaten aus entfernteren Städten und Dörfern. Die meisten von ihnen haben bereits in den letzten Kriegen mitgekämpft und sind in den letzten Jahren in ihrer Heimat stationiert worden, als Polizisten oder Wachen. Andere sind aus dem Militär ausgestiegen und bieten nun wieder ihre Dienste an und einige von ihnen, sind zum allerersten Mal rekrutiert worden, haben aber schon einige kämpferische Erfahrungen. Sie sind die Jüngsten in der Truppe, aber auch sie kennen den Schmerz und das Leid, welche ein Krieg mit sich bringt. Verflucht seien die Menschen mit ihrer kurzen Lebensdauer, dass jede Generation die gleichen Fehler macht. Mit entschlossener Miene renne ich zu meinen Gemächern, um mir etwas sportlicheres Anzuziehen und Zenobio mit zunehmen, wenn ich schon nicht mitkämpfen darf, will ich wenigstens dafür sorgen, dass die Freiwilligen wieder nach Hause kommen. Ich habe nicht viel Erfahrung im Kampf, doch ich habe fast ein halbes Jahr lang mit dem Besten unter ihnen trainiert.
Als ich in meinem Zimmer ankomme, verschwinde ich direkt in meinem Umkleidezimmer, um mir eine Leinenhose und ein lederndes Hemd anzuziehen, dazu nehme ich noch ein Paar ledernde Schuhe, doch meist ist es einfacher ohne sie zu trainieren. Fertig umgezogen pfeife ich nach meinem Begleiter und zusammen gehen wir hinaus, in die weiten Gärten des Palastes.
Am großen Trainingsplatz erreichen wir schließlich die Gruppe an Wesen, welche sich um die Sandgrube versammelt hatten. Mit schnellen Schritten gehe ich auf die Gruppe zu, sobald sie mich erkennen, wird mir sofort Platz gemacht und ich kann direkt zu Runa, welche mich etwas verwirrt anschaut. "Kathlin, was verschafft mir die Ehre?", fragt sie mich verwundert. Ich antworte ihr schnell: "Ich möchte beim Training mithelfen. Ich muss etwas tun und wenn es dabei die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass mehr Wesen heile zurückkehren, umso besser". Etwas zweifelnd schaut Runa zu mir und spricht schließlich ihre Befürchtungen aus: "Kathlin, du hattest erst vor einem Tag einen emotionalen Nervenzusammenbruch, du solltest dich nicht überanstrengen"." Aber das ist doch genau der Punkt, wenn ich mich körperlich anstrenge, kann ich vielleicht endlich all die Sorgen und Gedanken aus meinem Kopf verdrängen.", widerspreche ich ihr. Runa schaut mich noch eine Sekunden an, gibt aber dann endlich nach und stellt mich der Gruppe vor. "Rekruten, dass ist Kronprinzessin Kathlin, sie wird mit euch trainieren. Sie hat zwar wenig Kampferfahrung, doch hatte einen guten Lehrer". Ein zustimmendes Murmeln kommt von den Männern und Frauen vor mir und ich lächele ihnen freundlich entgegen. Nach einigen organisatorischen Besprechungen, werden wir in verschiedene Stationen eingeteilt, unter anderem Kampf mit Pfeil und Bogen, Schwertkampf und Faustkampf. Die meisten von den Soldaten sind gut trainiert und kennen jede der verschiedenen Kampfarten. In diesem Stationstraining soll nun herausgefunden, welche Art am besten zu einem passt, dementsprechend werden die Wesen später in Truppen eingeteilt.
Einige Minuten später stehe ich am Bogenschießplatz mit fünf anderen Soldaten. Jeder von ihnen stellt sich vor eine Zielscheibe und zieht seine Waffe. Drei von ihnen haben eine perfekte Haltung und schießen direkt ins Ziel, sie brauchen keine Hilfe und üben von sich aus. Den anderen Beiden muss ich ein wenig unter die Arme greifen. Eine davon ist ein junges Mädchen, sie scheint gerade so volljährig und hält ihren Bogen noch etwas wacklig. Als ich zu ihr komme, wirkt sie verkrampft und unsicher. Lächelnd frage ich sie:" Kann ich dir ein wenig helfen"? Zögerlich nickt sie und ich stelle mich vorsichtig hinter sie. Mit sanften Bewegungen verbessere ich die Position ihrer Finger und richte ihren Kopf zur Zielscheibe. Meine Finger legen sich um ihre Hand, welche den Pfeil hält. Nach dem ich ihre Haltung verbessert hatte, gebe ich ihr das Kommando los zulassen und der Pfeil schießt direkt in den schwarzen Kreis. "Sehr gut"., lobe ich sie und motiviere sie dazu, gleich noch einen Versuch zu starten. Die andere Person, welche noch einige Schwierigkeiten hat, ist ein älterer Herr. Er scheint rein theoretisch zu wissen, wie es geht, hat aber sehr schwache Finger, die den Bogen kaum festhalten. Ich mache mir Sorgen, dass er den Krieg wohl nicht überleben würde, doch will ich ihn trotzdem unterstützen. Mit einem Blick in seine blauen Augen erkenne ich, dass er ein Dyr ist und mir kommt eine kleine Idee in den Kopf, wie ich ihm helfen kann." Entschuldigen Sie Sir, ich habe gesehen, dass sie einige Schwierigkeiten mit dem Zielen haben"., spreche ich ihn an. Peinlich berührt schaut er zu mir und nickt, als er erklärt: "Meine Nerven sind seit dem letzten Krieg beschädigt und ich kann kaum etwas greifen". Bedrückt nicke ich und erkläre schließlich meine Idee: "Es gibt einen interessanten Fakt über Spinnen, sie haben feine Härchen an ihren Beinen, mit welchen sie sich so stark festhalten können, dass sie sogar an Decken laufen können". Er scheint es zu verstehen, denn er konzentriert sich kurz auf seine Hände und kurz darauf, hält er den Bogen, wie fest geklebt in den Fingern. Sein nächster Schuss trifft daraufhin direkt in die Mitte und er bedankt sich lächelnd.

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