Kapitel 94

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Lucas by MusicalGirl200

Ich wusste nicht wie lange ich jetzt schon in diesem Raum saß und vor mich hin weinte. Ich hatte meine Beine angezogen und mein Gesicht in meinen Armen vergraben. Ich hatte es auch noch so weit gebracht, dass Serafina gegangen war. Vielleicht wurde ihr das mit mir langsam zu viel? Was war, wenn sie mich verließ, weil sie mich aufgab? An so etwas wollte ich erst gar nicht denken. Trotzdem hatte sie etwas besseres verdient, als so ein emotionales Frack wie mich. Hätten mich die Jäger nicht entführt, wäre nichts passiert. Uns würde es bestens gehen.

"Du bist ja immer noch hier", hörte ich plötzlich die Stimme meines besten Freundes. Doch ich sah nicht auf. Daraufhin vernahm ich, wie Noah neben mir am Boden Platz nahm. In letzter Zeit hatten wir nicht wirklich viel Zeit mehr miteinander verbracht. Ich vermisste meinen besten Freund, meinen Bruder. Aber ich konnte ihn auch verstehen. Ich war momentan nicht gerade die beste Gesellschaft.

Plötzlich stupste er mich an. "Jetzt komm schon Lucas. Das bist doch nicht du. Ich kann das nicht mehr mit ansehen, wie du dich kaputt machst und Serafina bricht es auch das Herz dich so zu sehen", redete er auf mich ein. Doch ich zeigte weiterhin keine Regung. Noah fluchte leicht. "Ok, jetzt reichts. Wir Beide fahren jetzt gemeinsam in die Stadt und haben mal etwas Abstand von dem ganzen Zeugs hier. Und wenn du nicht freiwillig mitkommst, dann werde ich dich dazu zwingen."

Noah sprang wieder auf seine Beine und ich sah mit verweintem Gesicht zu ihm und stand ebenfalls langsam auf. Ich hatte keine Kraft mich zu streiten. Kaum stand ich, zog mich Noah auch schon in eine feste Umarmung. Ich fühlte mich schlecht, dass mich jeder, den ich liebte in so einem miserablen Zustand sehen musste. "Wir kriegen das schon wieder hin. Ich bin doch für dich da Kumpel", versprach mir Noah und löste sich wieder von mir.

Ich nickte bloß stumm und wischte mir die Tränen weg, ehe ich Noah aus dem Schloss folgte. Wir stiegen in sein Auto und dann fuhr Noah auch schon los. Vielleicht brauchte ich wirklich mal einfach etwas Zeit mit meinem besten Freund. "Was ist nur los mit dir Lucas? Rede mit mir. Das haben wir doch sonst auch immer, wenn etwas nicht gestimmt hat", forderte mich Noah auf, als wir Richtung Stadt fuhren.

Ich seufzte und fuhr mir mit der Hand durch mein Haar. "Ich komme einfach mit meinen Emotionen nicht mehr klar. In mir drinnen herrscht das reinste Chaos. Seit meiner Rückkehr von den Jägern ist einfach alles so durcheinander, auch meine Gier nach Blut und es wird einfach nicht besser. Es gibt immer kleine Momente, da geht es wieder und dann passiert etwas, wie jetzt mit Sean und ich raste komplett aus, obwohl ich das gar nicht will. Ich fühle mich gar nicht mehr wie ich selbst. Die Jäger haben alles zerstört, was ich mir so hart erarbeitet hatte", erzählte ich schließlich meinem besten Freund.

"Das was du bei den Jägern erlebt hast, war traumatisierend. Das ist doch vollkommen verständlich. Das geht nicht einfach auf Zack wieder weg. Das braucht nun mal Zeit, genauso wie du Zeit brauchst wieder die Kontrolle zu bekommen. Du musst einfach einen Ausgleich zu all dem hier finden", versuchte Noah auf mich einzureden. Ich lachte auf. "Was für einen Ausgleich? Ich bin nutzlos. Ihr alle habt etwas, um Ablenkung zu finden. Ich habe gar nichts", entgegnete ich bitter.

Ich konnte sehen, wie Noah mit den Augen rollte. "Du bist unser Anführer verdammt nochmal und das bist du nicht ohne Grund Lucas. Du bist der taffste Kämpfer von uns allen. Wer wäre also besser geeignet uns anzuführen und dafür zu sorgen, dass Frieden herrscht? Sogar ein seelenloser Vampir hört auf dich. Und wir als deine Freunde, nein als deine Familie sind immer für dich da und deswegen kämpf weiter und wir kämpfen mit dir."

Wow, das war wirklich mal eine Rede von Noah gewesen. Das klang ja fast schon wie eine Rede aus seinen Superheldenfilmen, die er so sehr liebte. Ich glaube, das hatte ich mal gebraucht, einfach mit meinem allerbesten Freund zu reden. Ich grinste ihn leicht an und es war ein Grinsen, dass ernst gemeint war. "Danke Noah. Würdest du mir nicht immer wieder in den Arsch treten, hätte ich wahrscheinlich schon den Verstand verloren." Noah winkte ab. "Dafür sind beste Freunde da", versicherte er mir.

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, dafür sind Brüder da", korrigierte ich ihn und Noah begann breit zu lächeln. "Oh ja, das sind wir Brüder und das bin in alle Ewigkeit", stimmte Noah mir begeistert zu und es tat gut, wieder etwas Zeit mit ihm zu verbringen.

Trotzdem war ich ganz irritiert, als Noah dorthin fuhr, wo meine Tante wohnte. Verwirrt zog ich eine Braue nach oben. "Was machen wir denn hier?", fragte ich ihn und Noah parkte schließlich sein Auto. Er zwinkerte mir zu und schnallte sich ab. "Na, ich dachte, es würde dir vielleicht gut tun, wenn du mal wieder deine Tante siehst. Sie vermisst dich und es ist schon wieder Ewigkeiten her, als ihr Beide euch das letzte Mal gesehen habt und außerdem würde ich sie auch gerne mal wieder sehen, aber bevor wir reingehen, möchte ich dir noch etwas Wichtiges sagen."

Das war wirklich eine tolle Idee von Noah. Ich hatte meine Tante tatsächlich schon ewig nicht mehr gesehen und sie fehlte mir auch. Immerhin war sie wie eine Ersatzmutter für mich. Trotzdem bekam ich irgendwie ein ungutes Gefühl, als Noah damit anfing, dass er mir noch etwas Wichtiges sagen musste. "Um was geht es. Sage es einfach gerade aus", bat ich ihn. "Ja, also Ruby möchte wegen Clary helfen. Sie will ihre Seele zurückholen", sagte er schließlich gerade aus.

Ich blickte ihn mit großen Augen an. Heute Morgen war er doch noch strikt dagegen gewesen. Wieso hatte er plötzlich seine Meinung geändert? Ich hatte es verstanden, dass er nein gesagt hatte. Wäre es anders rum, hätte ich nicht anders entschieden. "Aber du hast doch zu mir gesagt, dass das keine Option wäre und ich will nicht, dass Ruby deswegen ihr Leben lässt", versicherte ich ihm.

Noah schüttelte den Kopf. "Ruby hat das für sich selbst entschieden und ich werde nicht über sie bestimmen. Es ist ihre Entscheidung. Ich kann nichts anderes tun, als sie zu unterstützen. Sie ist sehr mächtig und ich weiß, dass sie das schaffen kann. Wir werden Clary zurückholen." Ich legte Noah meine Hand auf die Schulter und sah ihn dankend an. "Das bedeutet mir wirklich viel, auch falls es nicht klappen sollte. Aber bitte lass nicht zu, dass Ruby dafür ihr Leben riskiert."

Noah nickte und lächelte leicht. "Ich gebe schon auf sie Acht. Ich hoffe wirklich sehr, dass es funktioniert. Dann hast du schon mal eine Sorge weniger. So und jetzt gehen wir aber zu Elena. Sie hat am Telefon gemeint, dass sie extra ihren legendären Apfelkuchen gemacht hat und da sage ich nicht nein. Und jetzt lass den Kopf nicht mehr hängen, wir kriegen das mit dir schon wieder hin und nachher sprichst du dich mit Serafina aus. Ihr habt doch bis jetzt alles überstanden und so werdet ihr auch weiter alles überstehen."

Ich umarmte Noah noch einmal und dann stiegen wir aus. Tatsächlich hatte er es geschafft, dass ich mich wieder begann besser zu fühlen. Mir hatten diese Gespräche mit ihm gefehlt, mir hatte Noah gefehlt. Ich brauchte ihn doch so dringend in meinem Leben. "Von jetzt an werden wir wieder regelmäßiger etwas zusammen machen, versprochen", versprach er mir und dann gingen wir zu meiner Tante, die uns sofort herzlich empfing und wir hatten einen schönen Nachmittag miteinander und ich fühlte mich wieder mehr wie ich selbst.

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