Kapitel 106

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Sean by LuanaWhite

Nachdem Lucas mit Clary gegangen war, begab ich mich in die Küche wo ich mir einen Blutbeutel holte. Dort traf ich allerdings auf Dominic, der über einen Glas Whisky hing. Ich setzte mich zu ihm und musterte ihn etwas.
"Hey, ich weiß was du gerade durch machst. Geht's einigermaßen?" fragte ich meinen Erschaffer.

Langsam sah er zu mir hoch und nickte.
"Mir geht's gut." meinte er monoton, konnte ihm aber ansehen dass es nicht so war. Das tränennasse Gesicht und seine feuchten Augen voller Schmerz zeugten vom Gegenteil. Aber vermutlich hatte jeder seine eigene Art mit all den neuen Emotionen umzugehen.

"Na gut. Ich bin in meinen Zimmer, solltest du reden wollen." sagte ich zu ihm und er nickte. Dann ging ich nach oben und als ich gerade die Tür zu meinen Reich öffnen wollte, hörte ich sie. Clary. Lucas schien schon gegangen zu sein, da sein Geruch eher schwach war. Zunächst zögerte ich, doch dann ging ich den Gang entlang und klopfte an ihre Tür. Doch als sie nichts sagte, und immer heftiger weinte, ging ich einfach hinein.

Mir brach es das Herz, als ich Clary völlig aufgelöst am Boden vorfand. Das war noch schlimmer als sie als gefühlsloser Vampir zu sehen. Ich wollte ihr helfen. Dafür sorgen dass es ihr besser ging. So wie ihr Bruder für mich da war. Wir waren beide Vampire und schlafen würden wir ja nie wieder können, also hatte ich die ganze Nacht Zeit mich um sie zu kümmern. Ausser sie würde mich weg schicken.

Als sie zu mir aufsah, konnte ich ihre Frage richtig aus ihrem Gesicht ablesen.
"Tut mir leid dass ich einfach so herein komme. Du hast auf mein Klopfen nicht reagiert. Mein Zimmer ist nur den Gang rechts runter. Ich habe dich weinen gehört." erklärte ich ihr mein Erscheinen und reichte ihr meinen Blutbeutel.

Langsam ließ ich mich neben ihr auf dem Boden sinken und seufzte leise aus.
"Es ist hart, wenn diese ganzen Gefühle und Erinnerungen auf einem wie ein Tornado einprasseln, oder?"

Dankend nahm sie den Blutbeutel an und begann gierig zu trinken. In der Gruft hatte sie immer nur so wenig Blut bekommen, dass sie nicht austrocknete.
"Es ist schrecklich, Sean. Es tut so furchtbar weh." schniefte sie und legte den schon leeren Blutbeutel auf die Seite.

"Ich hatte nicht einmal um meine Eltern trauern können, weil mich Jake verwandelt hatte. Mir war es egal gewesen, dass sie gestorben waren. Würden sie mich jetzt so sehen, würden sie sich schämen. Ich konnte mich nicht von ihnen verabschieden, Sean." schluchzte sie und lehnte ihren Kopf an meine Schulter. Diese Nähe tat unglaublich gut.

Ich zögerte zunächst, doch dann legte ich Clary vorsichtig meinen Arm um ihre Schultern und sie kuschelte sich direkt schluchzend an mich.
"Sag sowas nicht. Ich denke... Du hast jetzt deine Seele wieder Clary. Du kannst wieder das Mädchen werden das du einmal warst. Und noch mehr. Dir steht die Welt wieder offen. Und du kannst das Trauern ja jetzt nachholen. Es ist ok zu weinen. Du hast schlimmes durchgemacht und du sollst wissen dass ich immer für dich da sein werde. Genau wie dein Bruder." versuchte ich ihr Kraft zu spenden.

"Danke, Sean." wisperte sie leise und schien meine Nähe genauso sehr zu genießen wie ich ihre.

Aber ich war doch selbst noch gar nicht soweit dass ich mir all meine Fehler der Vergangenheit verzeihen konnte. Bilder vor meinen inneren Augen kamen hoch wie wir im Anwesen regelrechte Orgien gefeiert hatten. Ich hatte Clary genauso ausgenutzt wie Jake. Eigentlich sollte sie mich hassen.

"Hör zu, Clary. Es tut mir wirklich leid. Ich war nie besser wie Jake. Kannst du mir all das, was ich gemacht habe, verzeihen?"

"Ich verzeihe dir Sean. Wir haben leider alle Dinge gemacht, auf die wir nicht stolz sind und naja ohne Seele hatte ich es auch genossen." gab sie bedauerlich zu und sie begann wieder zu weinen.

Ich war unglaublich erleichtert dass sie mir verzieh, und dass sie mich nicht mehr als der Vampir ansah der ich war.

"Kannst du mir vielleicht erzählen, was ich alles verpasst habe? Also wer diese ganzen fremden Gesichter sind und wie sie zu dem Schloss kamen? Ich kenne hier nur Lucas, Noah, Serafina und dich." fragte sie mich. Sie wollte sich anscheinend irgendwie von dem Schmerz ablenken was ich gut nachvollziehen konnte. Das war eine gute Idee.

"Naja, ich bin selber erst etwas über drei Wochen hier. Der andere Vampir, der mit dir die Seele zurück bekommen hat, ist Dominic DeLuca. Er ist mein Erschaffer und Serafinas Bruder. Vor über 80 Jahren hatten wir alle gedacht er sei von Jägern getötet worden und dabei war er ihr Gefangener. Ich war selbst überrascht ihn hier zu sehen. Als Lucas auch von Jägern gefangen wurde, konnte er zusammen mit Dominic fliehen.

Noahs Freundin ist die Hexe. Dann gibt es noch Liam, der was dieses Feuer gemacht hat. Er ist... Ein Höllenhund nennen sie es. Eine lebendige Fackel wenn du so willst. Und die beiden Werwölfe sind wohl aus Lucas alten Rudel und haben sich ihm angeschlossen weil es mit ihrem alten Alpha anscheinend nicht so funktioniert hat. Aber sie sind uns Vampiren noch sehr skeptisch gegenüber." erzählte ich Clary. Doch sie sah mich völlig geschockt an.

"Lucas war von Jägern entführt worden? Oh nein. Er hatte so viel durchstehen müssen und ich habe ihm das Leben nochmal schwerer gemacht." seufzte sie.

"Nicht nur das. Sein bester Freund Noah wurde auch wegen mir zu einem Hybriden." erzählte ich ihr und sofort kamen wieder diese qualvollen Erinnerungen und Schmerzen in mir hoch. Ich hätte all das verhindert können.

"Aber sie scheinen nun beide ihren Frieden mit ihrem neuen Wesen gefunden zu haben. Es macht das alles zwar nicht besser, aber das was wir tun können, ist unsere Dankbarkeit für diese neue Chance, für dieses neue Leben zu zeigen." teilte ich ihr seufzend mit und rieb mir etwas durchs Gesicht.

Doch dann schien Clary noch etwas einzufallen.
"Ich kann morgen nichtmal aus dem Schloss raus. Ich habe keinen Sonnenlichtring, wie du und Serafina." sagte sie bitter und ließ den Kopf hängen.

"Stimmt. Aber ich bleibe einfach bei dir, wenn du das möchtest. Am Tag ist das Schloss ziemlich belebt und viele Menschen sind hier. Das macht es nicht gerade angenehm. Aber ich bin sicher du bekommst das hin. Clary, du bist eine starke Frau. Das sehe ich ganz deutlich." meinte ich verlegen und wandte dabei den Blick etwas ab. Clary wuchs mir richtig ans Herz.

Aus meinen Augenwinkeln sah ich, wie die Vampirin leicht zu lächeln begann.
"Ich würde mich darüber sehr freuen, Sean. Danke, dass du für mich da bist. Das ist nicht selbstverständlich. Du bist wirklich ein toller Kerl." meinte sie und gab mir plötzlich einen schnellen Kuss auf die Wange. Danach wandte sie verlegen ihren Blick ab.

Nach diesem Kuss, blickte ich völlig überrascht zu ihr. Mit sowas hatte ich nun wirklich nicht gerechnet und wusste auch nicht richtig was dies bedeuten sollte. Ich lächelte aber anschließend und drückte Clary noch mal enger an mich. Dabei sog ich ihren Duft tief ein. All diese Gefühle überwältigten mich immer noch und ich wusste teilweise gar nicht, wie ich damit umgehen sollte.

Cursed Beings - Lost SoulsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt