Kapitel 23: Tsunami (3)

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Pia


Als ich auflegte, klingelten mir fast die Ohren vor Wut auf Kim. Das sie eifersüchtig war, wusste ich. Weil sie und Paul sich da aber gleichermaßen das Leben schwer machten, hielt ich das aus. Das Kim ein gigantisch großes Problem mit Jenny hatte, war auch nicht neu. Paul durfte kaum ihren Namen in den Mund nehmen- was er extrem sorgsam vermied- ohne, dass sie Gefahr witterte. Ich nahm das wahr und hielt aus zwei Gründen meine Klappe: Erstens existierte für Paul außer Kim einfach keine andere Frau mehr. Um ihn musste man sich keine Sorgen machen. Und zweitens, und deswegen hielt ich besonders sorgsam meinen Mund, existierte für Jenny niemand anders als Paul. Wenn Kim also vor Eifersucht fast aushakte, dann war das zwar unbegründet, aber irgendwie auch nicht so richtig falsch. So oder so änderte es nichts daran, dass sie dieses Mal das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Paul, der mit den Pferden in Mannheim unterwegs war, hatte dort Jenny getroffen. Kim hatte es mitbekommen, ihre eigenen Schlüsse gezogen und das getan, was sie unvergleichlich gut konnte und oft machte: Paul ein schlechtes Gewissen machen und ihn mit schmerzhaften Spitzen daran erinnern, dass sie so sehr wie nur irgend möglich missachtete, dass er was mit Jenny gehabt hatte, bevor die beiden zusammengekommen waren. Ich wusste, dass ihm das naheging und er sich das anzog, wann immer sie darauf anspielte. Gleichzeitig war seine Bereitschaft, sich Vorwürfe anzuhören, nach ihrer überstürzten Flucht nach Renesse stark abgesunken. Er war unterschwellig so wütend auf ihren Alleingang, dass er Kims Misstrauen dieses Mal nicht mehr hatte aushalten oder gar beruhigen wollen. Stattdessen dachte er jetzt nach. Und ruinierte mein Date. Das dachte ich zumindest, als ich mich wieder zu Lukas an den Dressurplatz stellte.

„Alles gut?", fragte er und musterte mich besorgt, als ich das Handy wegsteckte und versuchte tief durchzuatmen, ohne vor Wut zu knurren.

„Wo wir gerade doch bei Kim waren: Sie schreddert ihre Beziehung. Vielleicht ist es wie bei den Pferden. Vielleicht hat sie einfach nur vergessen, wie gern sie Paul eigentlich hat.", sagte ich und hörte, dass ich nicht minder bitter und wütend klang als ich auch war. Das durfte einfach nicht wahr sein. Paul liebte Kim und Kim liebte Paul- und ich liebte meine beiden Freunde. Wenn die beiden die große Eiszeit einläuten würden....ich pustete die Luft aus meinen Lungen und schloss die Augen. Die beiden waren wie Zuhause.

„Was?" Lukas blinzelte ungläubig neben mir, bevor er sich beunruhigt aufrichtete. „Was ist los?"




Ich nutzte die Rückfahrt, um Lukas in Ruhe von Pauls Anruf zu erzählen und er zerwühlte über die Geschichte sichtlich angestrengt seine Haare. Er beschloss, mit Kim zu telefonieren, sobald er zuhause war und ich musste ihn daran erinnern, dass das kaum so einfach ginge, wenn er Kim nicht doch spontan erzählen wolle, dass wir gemeinsam unterwegs waren. Als er vorschlug, ich könne sie doch an seiner statt anrufen, schnaubte ich und erklärte ihm, dass meine Loyalität gerade einzig Paul galt und ich meinen Ärger auf seine Schwester- und die Worte betonte ich ganz besonders- erstmal würde herunterschlucken müssen, bevor ich mich bei ihr meldete.

„Ich will nur hören, dass sie okay ist."

„Dann schreibe ihr halt. Du musst ihr ja nicht gleich erzählen, dass du weißt, dass sie vor Eifersucht Pauls Selbstwert überm Lagerfeuer rösten wollte und sich dabei die Finger verbrannt hat."

„Paul ist kein unbeschriebenes Blatt.", versuchte er sie zu verteidigen, womit er mich auf etwas stieß, dass in mir arbeitete, seit er mich nach unserer Wanderung vor meiner Haustür abgesetzt und alleine nach Hause gefahren war.

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