Kapitel 8: Das mit den Weisheiten und den Abenteuern (2)

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Dankbar fiel meine Hand direkt nach dem Schlusssprung auf Galinas Hals, die am langen Zügel ausgaloppierte. Ich bekam vage mit, dass ich für das, was Galina auf den Rasen gezaubert hatte, eine 7,3 bekam und schüttelte ein bisschen ungläubig den Kopf. Wir hatten alle Stangen liegen gelassen und ich hatte es Galina nur am ersten Sprung wirklich schwer gemacht, als ich mich nicht hatte entscheiden können, ob ich überhaupt drüber wollte. Sie hatte danach als freundlichen Weckruf an mich den Hintern hochgeschmissen und ich hatte mich danach gefangen, das Reiten angefangen und mich dabei nicht ganz schlecht angestellt. Als sie am Einritt von selbst zum Schritt durchparierte, schnaubte sie zweimal, dreimal ab und schüttelte sich so heftig, dass ich meine Knie vor Schreck zudrückte. Kleine weiße Schaumflocken tropften von ihrem Maul und ich machte gar nicht erst den Versuch, sie davon abzuhalten, zielstrebig zu Sina zu spazieren, die das Leckerli schon bereithielt. Hinter Sina stand, mit großem Sicherheitsabstand, Inga und lächelte zu mir hoch.

„Dein Hals ist gar nicht gebrochen, Lukas.", rief sie und Sina grinste zufrieden.

„Ich habe dir doch versprochen, dass ich dich nicht reiten lasse, wenn du nicht so weit bist.", sagte sie und streichelte flüchtig Galinas lange Ohren.

„Galli hat mich am ersten gerettet.", versuchte ich Galina die ihr gebührende Ehre zukommen zu lassen, bevor wir uns zu dritt Richtung Transporter aufmachten. Ich fragte noch auf dem Weg, wie es bei Kim gewesen war und war nicht wirklich verwundert darüber, dass auch sie mit einer Siebenernote aus dem Parcours gekommen war.

„Wie lenkt die eigentlich? Ich meine, die ist so klein.", fragte Inga danach Sina, die ihr belustigt zuzwinkerte.

„Kim ist vielleicht klein, aber die kommt schon ganz gut durch mit ihren Hilfen. Außerdem ist das Pferd kooperativ, das hilft ungemein." Sie hob die Hand, als wir am Transporter ankamen, wo Julian Kim schon beim Absatteln half.

„Außerdem hast du ihr Galaxy die ganze Woche über eingenordet.", merkte ich trocken an, bevor wir in Hörweite kamen und Sina sah mich mit gespielter Entrüstung an.

„Sage sowas nicht, Lukas."

Wir grinsten beide stumm in uns hinein, bis ich am Transporter aus dem Sattel glitt und Galina, kaum, dass ich ihre Trense abgenommen hatte, einmal richtig um den Hals fiel. Sie saute mein Jackett dabei genüsslich mit Leckerchensabber ein, aber daran verschwendete ich keinen Gedanken. Flugmaus, geniale Flugmaus. Als sie am Schlussoxer weggesprungen war, ein bisschen überengagiert für das, was da tatsächlich aufgebaut war, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl abzuheben wirklich genossen. Vielleicht fand ich mittlerweile wirklich Gefallen daran. Vielleicht sollte ich wirklich öfter mit ihr losfahren. Zufrieden kraulte ich ihren nicht vorhandene Schopf und riss mich erst aus meiner Gedankenwelt los, als Inga mir mit sehr langem Arm ihr Halfter anreichte.

„Leine die mal an, bevor dir noch wegläuft.", sagte sie und machte eine Kopfbewegung in Galinas Richtung. „Sonst kann ich dich nicht begrüßen. Oder beglückwünschen. Oder was man so tut, wenn jemand sich nicht umgebracht hat beim Reiten."




Es hatte in dem L-Springen weder für Kim noch für mich eine Schleife gegeben, aber dafür wurde Julian in einer Dressurprüfung mit einem Verkaufspferd Zweiter, während Inga und ich unter einem Baum unweit unseres Transporters Erdbeerkuchen aßen. Ich hatte mein eingesautes Jackett gegen einen gemütlichen Pulli getauscht und meinen rechten Arm um Ingas Schultern gelegt.

„Mein Vater hat dir übrigens auch die Daumen gedrückt. Zumindest hat er das versprochen, als er mich hier abgesetzt hat.", sagte Inga, steckte sich das letzte Stück Kuchen in den Mund und ließ sich dann schwerer gegen meine Seite sinken, bevor sie seufzte und ihre Augen zumachte. „Du reitest gar nicht schlecht, oder?" Sie roch nach ihrem Kokosshampoo, nach Sonne und nach ihr und ich atmete diesen Moment bewusst ein, füllte meine Lungen damit und wartete, bis diese Zufriedenheit in meine Finger und Zehen strömte. Das Leben konnte ziemlich gut sein.

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