Kapitel 76

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Max

Ich liebe das Gefühl, wenn ich mich auf mein Motorrad setze, wenn ich es brummen höre, laut und dunkel. Wenn es vibriert und mein Herz im selben Rhythmus schlägt. Wenn ich eins mit meinem Baby werde.

Es ist ein unglaublich berauschendes Gefühl und auch ein süchtig machendes.

Doch jetzt gerade?

Jetzt gerade fühlte ich mich wie auf einem verdammten Entzug und ich verfluchte mich dafür, dass ich mich auf das unausgesprochene Motorradstraßenrennen eingelassen hatte.

Motorradfahrer brauchten keine Worte, es reichte allein etwas zu hören. Der Ton, in dem er Gas gab und leicht an der Ampel nach vorne gerollt war und mich mit dem dunklen Helm angesehen hatte und nochmals Gas gegeben hat, war schon eine Herausforderung.

Dieser Wichser war schnell und gut, aber nicht fair. Die Regel war ganz klar gewesen, wer nicht an der nächsten Ampel stehen musste, hätte gewonnen. Einzig und allein die Schnelligkeit und die Kontrolle, die du über deine Maschine hast, zählte in diesem Moment.

Während ich immer mehr beschleunigte und den Gang schneller wechselte, um mehr Kraft und Schnelligkeit zu erlangen, steuerten wir beide gleichzeitig auf die Ampel zu, welche schon gelb war. Immer wieder lag einmal er und einmal ich vorne.

Es war ein hin und her, der meinen Puls beinah in das unermessliche trieb und dennoch gefangen hielt und mich dazu trieb, mich dazu entfachte weiter zu machen. Schneller zu sein und in völliger Kontrolle über die Straße zu schweben, während der Wind neben, hinter und vor mir mich begleitete. Ein Fluch und ein Segen. Ein Widerspruch in sich.

Kurz vor der Ampel beschleunigte er und gerade als ich davor war noch schneller zu werden und noch mehr Gas zu geben, kam er plötzlich auf meine Spur, nur Millimeter von mir entfernt und somit fuhr er direkt vor mir, als ich kräftig abbremsen musste, da ich sonst in ihn reingefahren wäre und er mir nicht mal die Möglichkeit dazu geben hatte auszuweichen, da er im slalom gefahren war.

Ich hörte noch das Grollen des komplett schwarzen Motorrads von ihm und sah etwas irritiert auf die kleine Schuhe des Wichsers, als ich gar nichts mehr sah, außer der Rauchwolke, die übrig blieb.

Überfordert, da ich zum ersten Mal verloren hatte und ich Kraft, Schwung und natürlich etwas an Schnelligkeit verloren hatte und dennoch zu schnell war, um bei Rot abzubremsen, wäre ich beinahe in einen mir allzu bekannten Schwarz glänzenden Mustang reingefahren.

Fassungslos hatte mich Ewan durch die Windschutzscheibe angesehen und war völlig kontrolliert, aber deutlich wütend ausgestiegen. Er hatte mich genauso schnell erkannt, wie ich ihn.

Frustriert strich ich mir über mein Gesicht, als ich daran dachte, wie er mir die Schlüssel abgenommen hatte und mir eine Standpauke vorgehalten hatte.

Es ärgerte mich, dass der unbekannte Wichser gewonnen hatte.

Es ärgerte mich ebenfalls, dass Ewan Wind davon bekommen hatte.

Ein illegales Motorrad Straßenrennen war eine Sache, aber dass ich mit meinem Leben und mit dem Leben anderer Leute gespielt hatte, war für Ewan unverzeihlich und wie der große Bruder nunmal sein musste, zeigte er mir eine Lektion, indem er mir Grenzen zeigte.

Und er wusste, ich würde dieses Motorrad nicht einfach aufgeben oder ein anderes benutzen. Er wusste wo meine Schwachstellen waren und zeigte mir, indem er sie gegen mich benutzte, die Konsequenzen für mein falsches Handeln.

Missgelaunt, weil ich das Gefühl vermisste den Wind zu spüren und zu fliegen, vollkommen die Kontrolle zu haben und dennoch wusste das ich diese Kontrolle in einer millisekunde auch wieder verlieren konnte, griff ich erneut zu der Flasche, die ich aus Ewans Minibar stibitzt hatte und schenkte mir etwas ein.

Lost Part of a Puzzle - MY HEART IS ON FIRE🔥-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt