Kapitel 46

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Hava

Der kalte Wind traf auf meine Haut und wehte meine Haare nach hinten.

Wir setzten uns an eines der Tische und abwartend sah ich ihn an.

<<Als erstes möchte ich sagen, dass ich es dir nicht sagen wollte, weil ich dachte es würde dich vielleicht aus der Bahn werfen... oder dass du wieder Alpträume bekommst... Ehrlich gesagt war meine Hoffnung, dass du dich niemals erinnern wirst..., aber ich merke dass die Vergangenheit nicht nach gibt...ich sehe wie sehr dich das alles belastet, deshalb werde ich dir alles was ich weiß erzählen. >>

<<Was könnte mich mehr belasten, als den Tod unserer Mutter mit anzusehen. >>

<<Ich befürchte, da gibt es etwas. >>

Ich runzelte die Stirn.

Okay...

<<Okay. Fang an. >>

Einmal atmete er ein und wieder aus.

<<An diesem Tag..., an dem Tag als du und Mama angegriffen wurdet. Ist sie gestorben und du warst verschwunden. >>, sagte Lukas und schloss seine Augen.

<<Was meinst du mit verschwunden ? >>, fragte ich nach und schloss meine Hand.

<<Wir denken, dass du entführt wurdest. Wir wissen nicht, wieso die Männer dich verschont haben. Vielleicht hatten sie Mitleid, vielleicht war ihr Ziel von Anfang an dich mitzunehmen, vielleicht auch weil sie was anderes vor hatten. Ich weiß es nicht. Keiner weiß was der Grund war. >>

<<Was? >>, fragte ich und spürte mein Herz in meiner Brust heftig gegen meine Rippen schlagen.

<<Keiner weiß was passiert ist, nicht mal du selbst weißt es noch und wenn ich ehrlich bin, hoffe ich dass du dich niemals daran erinnern kannst... >>, sagte er und ich erkannte dass er seine Hände zusammen ballte.

<<Wie lange war ich weg? >>, fragte ich mit zitternder Stimme und dachte an zwei Tage. Höchstens eine Woche.

Tief blickte er mir in die Augen und ich erkannte Tränen in ihnen.

<<Zwei Jahre. >>

Mein Atem stockte. Zwei Jahre? Ich konnte mich an zwei Jahre meiner Kindheit nicht erinnern...

Was war in diesen zwei Jahren passiert?

Irgendwie konnte ich diese Information nicht ernst nehmen. Es fühlte sich nicht so an, als ob das alles wirklichkeit wäre.

<<Als du zurückgekommen bist... warst du auf einmal anders. >>

<<Was heißt anders? >>, fragte ich und merkte, dass meine Stimme fast brach.

<<Du warst nicht mehr das süße aufgedrehte kleine Mädchen das wir kannten. Du warst kalt, ängstlich und wütend. Du hattest blaue Flecken, Narben und vieles mehr... Vor Allem, aber konntest du dich an nichts mehr erinnern, du wusstest nicht wer wir waren, du wusstest selbst, deinen Namen nicht mehr. >>, sagte er belegt und drückte meine Hand fest.

Du wusstest selbst deinen eigenen Namen nicht mehr...

Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte oder was ich fühlen sollte.. Ich war wie paralisiert.

<<Ich... wie... wie bin ich zurückgekommen? >>

<<Du standest plötzlich vor dem Haus. Barfuß. Dreckig. Verwirrt. Die Männer haben nicht gesehen, wie oder von wo du gekommen bist. Plötzlich standest du einfach im Garten. >>

<<Ich dachte die Alpträume, waren wegen Mama... >>, sagte ich und spürte wie etwas kaltes auf meine Hand tropfte.

Mit zitternden Händen fasste ich mir an die Wange und Begriff, dass ich weinte.

<<Teils ja, aber teils auch nicht...
Am Anfang als du gekommen bist, kanntest du niemanden. Du wusstest gar nichts mehr. Du hast auf deinen Namen nicht mehr reagiert. Nur noch auf eins und das war eine Nummer. >>

<<Was für eine Nummer? >>

<<03 du hast nur auf 03 reagiert. >>

Was?

<<Erst hast du niemanden an dich ran gelassen. Du warst gewalttätig, hast jede Nacht geschrien, doch im Laufe der Zeit, hast du dich an uns gewöhnt. Hast deinen Namen wieder angenommen... Die Alpträume wurden schwächer und du bist immer zu mir gekommen. Du hast nie erzählt was du gesehen hast oder was passiert ist.... Das einzige was du gesagt hast, war das du im Dunkeln warst. Das alles dunkel war. Seit dem habe ich es vermieden, dich in Dunklen Räumen zu lassen. Ich hab meine Zimmerdecke mit leuchtenden Sternen und Monden verziert und wollte dass du alles vergisst. Mein Wunsch war es dass du dich an nichts mehr erinnerst, wo du auch warst und was auch passiert war... >>

Mehrere Tränen liefen an meiner Wange hinab und das erste Mal dachte ich an meine Narben zurück...

Die ganzen Narben, die ich nie hinterfragt habe...

<<Wer hat das gemacht? Und wieso hat niemand nach mir gesucht? >>

<<Keiner wusste das du entführt wurdest. Papa hat allen gesagt, dass du im Ausland auf einem Internat bist. Er hat darauf gewartet, dass jemand anruft und Geld verlangt oder irgendwas..., aber es kam nicht eine Nachricht. Nicht mal eine Leiche kam. Es gab lange keine Spur von dir... Du warst einfach weg, bis du dann plötzlich wieder da warst. Einfach so. >>

Geschockt sah ich ihn an.

Keine Spur von dir... ganze zwei Jahre...

<<Gibt es noch etwas? >>

<<Nichts mehr was ich weiß... >>

Ich nickte. Lehnte mich zurück und versuchte das alles zu verarbeiten.

Ich wurde entführt.

Ich war zwei Jahre weg.

Ich konnte mich an nichts erinnern.

Ich hatte einen kleinen Jungen umgebracht...

Und egal wie ich es drehte oder wendete alle Wege führten zu AUM.

Er hatte recht.

Ich möchte antworten. Ich wollte mich erinnern...

Langsam ließ ich meine Hand in meine Tasche gleiten, holte mein Handy raus und ging auf die Nummer, die mir den Standort geschickt hatte. Hoffentlich sah AUM die Nachricht.

Sag niemals nie Hava

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Sag niemals nie Hava.

Sag niemals nie...




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