Kapitel 101

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Hava

Sofort wollte ich nach meinem Handy greifen, als sich Ewans Hand sanft um meinen Arm schloss. Mit meinen Augen folgte ich seinen Arm hinauf zu seinen Augen, als er leicht den Kopf schüttelte.

Das dunkelblau seiner Augen strahlte so besitzend und entschlossen.

<<Lass uns später schauen, wer was geschrieben hat. Ich habe dir das Wichtigste zwar schon gesagt, aber ich möchte noch einiges mit dir besprechen.>>, sagte Ewan langsam und nahm meine Hand in seine. Verschränkte sie. Während er ganz leicht über meinen Handrücken strich.

Tief holte ich Luft und schluckte einmal, da mich plötzlich Unruhe umgriff. Angst packte mich und ich wusste nicht mehr, ob ich bereit war mehr über diese Zeit zu erfahren. Ob ich erneut für die Stimmen, Schreie und dieses Gelächter bereit war...

Dieses Gelächter, dass mir verdammt nochmal unter die Haut ging. Das mich verspottete und gleichzeitig verrückt machen wollte...

Die Flashbacks die ich hatte, waren einnehmend, zerstörerisch und scheiße noch mal nicht angenehm.

<<Hava?>>, sagte Ewan, umgriff mein Kinn und hob meinen Kopf, den ich unbewusst gesenkt hatte, wieder hoch. <<Ich werde dir nichts davon erzählen. Ich werde dir nicht sagen, was alles passiert ist, weil ich sowieso nicht sagen kann, was dir passiert ist oder wie du dahin gekommen bist...

Ich könnte dir nur erzählen, was mir passiert ist, aber das ist jetzt nicht unser Thema und ich bin nicht die Person, die die Antworten auf deine Fragen hat...

Genauso wenig wie du die Antworten auf meine Fragen hast.

Ich hatte anfangs auch Erinnerungslücken. >>, sagte er, als ich mit geweiteten Augen zu ihm sah.

<<Was? >>, hauchte ich verständnislos.

<<Du warst nicht die einzige, die ihren Namen vergessen hat. Du warst nicht die einzige, die ihre Vergangenheit vergessen hat. Wir waren auch nicht die einzigen Kinder dort unten... >>, sagte er und seine Miene wirkte bitter und doch niedergeschlagen.

Wieder dieser Widerspruch in seinem Gesicht.

Wieder dieser Widerspruch in seinen Gefühlen.

Wut gegen Trauer.

<<Wir waren nicht die einzigen Kinder dort? >>, hauchte ich und hörte wieder die Stimmen in meinem Kopf.

Diese Lache...

Sofort kniff ich die Augen zusammen und versuchte alles zu verdrängen. Es war zu viel.

Zu viel.

Mein Puls beschleunigte sich und ich versteifte mich, während ich meinen Herzschlag in meinen Ohren spürte, als ob es von den Wänden in einem enormen Laut wiederhallen würde.

<<Wir waren eigentlich schon zu alt um dort zu sein... >>, sagte Ewan und seine Stimme holte mich wieder zurück, hielt mich, beruhigte mich wieder und ich atmete tief ein.

<<Was meinst du mit zu alt? >>, fragte ich brüchig. Er schloss die Augen und ich sah, wie sich sein Brustkorb hob und wieder sank.

<< Es gab viele Altersgruppen dort unten... die ältesten waren 14. Wir haben viel erlebt da unten. Sehr viele schlechte Dinge durchgestanden, geschehen und gemacht. Ich weiß nicht, an was du dich alles erinnerst..., aber wir waren nicht nur dort.>>

Ich kniff die Augen zusammen.

<<Jeder von uns drei ist aus unterschiedlichen Gründen und auch durch unterschiedliche Geschehnisse dort unten gelandet...

Lost Part of a Puzzle - MY HEART IS ON FIRE🔥-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt