Kapitel 11

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Rosa schaute sich nervös um. Wo blieb Phil denn? Sie hatte zwar den ersten Teil des Junggesellenabschieds für Delphie geplant, aber eigentlich war ja Phil der offizielle Gastgeber und Trauzeuge der Braut. Somit gebührte ihm der erste Teil der Veranstaltung. Ja, es gab einen ersten und einen zweiten Teil. Während der Planung war ihnen beiden aufgestoßen, dass es bei den Gästen ziemlich viel Überschneidungen gab. So war zum Beispiel Leokardia die Schwester der Braut, aber auch gleichzeitig die beste Freundin des Bräutigams. Wenn man also die beiden Abschiede am gleichen Tag feiern wollte, gab das einfach Probleme. Entweder mussten sich die Gäste für eine Veranstaltung entscheiden oder von einer zur anderen hetzen, was das Ganze irgendwie kaputt machen würde. Glücklicherweise war Phil dann die Idee mit dem Hotel gekommen, in dem sie erst einen Teil für die Braut feiern konnten, dann gab es ein gemeinsames Essen für alle und dann wurde der Teil für den Bräutigam gefeiert. So konnte das Brautpaar sogar einen schönen gemeinsamen Tag mit allen Freunden verbringen. Jedenfalls hoffte Rosa, dass es ein wirklich schöner Tag werden würde. Ganz sicher war sie sich nicht, denn Phil hatte sich bei seiner Planung nicht in die Karten schauen lassen. Und das beunruhigte sie doch irgendwie. Andererseits war das hier ein vier Sterne Hotel. Was sollte da schon groß aus dem Ruder laufen können? Eine ganze Menge, wenn man diesen Hollywoodstreifen von Hangover glauben konnte. Ja, die spielten aber in Amerika, beruhigte sich Rosa schnell wieder selbst. Und hier war nicht Amerika, sondern der Ruhrpott. Okay, das war vielleicht doch nicht ganz so beruhigend. Andererseits hatte sie ja von Phil das Versprechen, dass er keine Stripperin engagierte. Dann würde er auch so keinen Blödsinn verzapfen. Würde er doch nicht, oder? Na ja, um Blödsinn zu verzapfen, müsste er ja erst einmal überhaupt hier sein. Rosa ließ ihren Blick über den Parkplatz wandern, der noch ziemlich leer war. Auf die Einfahrt bog ein Fahrzeug ein, dass sie sehr gut kannte. Es war das Auto von Sascha. Verflucht, wo blieb Phil denn nur? „Sind wir die ersten?" Sascha schaute sich suchend um, als er seine Schwester mit einer Umarmung begrüßte. „Wundert dich das wirklich?", kicherte Delphie und umarmte Rosa auch. „Dein Bruder wäre noch früher losgefahren, wenn ich ihn nicht ausgebremst hätte. Aber ich hatte da so meine ganz speziellen Mittel", zwinkerte sie Rosa zu. So schlagartig rot wie die Wangen ihres Bruders anliefen, wollte Rosa wahrscheinlich nicht wissen, welche das waren. „Aber das hat ihn dann trotzdem nicht davon abhalten können, als erster zu kommen." „Im Gegensatz zu Phil", grummelte Rosa. „Ja, das kann ich dir sogar mit jeder Menge Dankschreiben bestätigen", lachte es hinter ihr. Wo kam Phil denn plötzlich her? Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sein Auto hier auf dem Parkplatz parkte. Ups, das war jetzt echt peinlich, dass er das gehört hatte. Na ja, so langsam hatte sie sich ja an die Wärme in ihren Wangen gewöhnt, die irgendwie scheinbar in einer direkten Verbindung zu ihm stand.
Man, man, man, Saschas kleine Schwester war wirklich sehr empfindlich, wenn es darum ging, dass ihr etwas peinlich war. Ihre Wangen schimmerten schon wieder in einem satten Rotton. Sein Spruch war doch nur witzig gemeint gewesen. Bei so einer Vorlage, konnte er einfach nicht anders. „Na dann lasst uns mal schnell einchecken gehen", versuchte er das Ganze zu überspielen, bevor hier eine wirklich peinliche Stimmung sich festsetzte, und lief zu Saschas Kofferraum, wo er seine Übernachtungstasche deponiert hatte. Ja, hier zu übernachten war seine geniale Idee gewesen. Dann musste keiner drauf Rücksicht nehmen, dass er noch Auto fahren musste und jeder konnte sich zurückziehen, wenn er genug hatte oder eine Auszeit brauchte. Ganz abgesehen von den unterschiedlichen Programmpunkten, die auch eine unterschiedliche Garderobe benötigten.
„Du bist mit Sascha gekommen?" Damit hatte Rosa ja überhaupt nicht gerechnet. Aber im Grunde war es logisch, schließlich wohnten sie ja noch im gleichen Haus. „Ja, ich bin armer Tierarzt. Hast du mal die Preise an der Tankstelle gesehen? Da muss man sparen, wo man kann", grinste er sie breit an und seine Sommersprossen legten einen Salsa hin. „Und der Kollege hier ist ja Großverdiener. Den jucken die Preise nicht. Außerdem ist das auch viel ökologischer." Phil klopfte Sascha auf die Schulter, der nur schmunzelnd seinen Kopf schüttelte. „Lass dir nichts erzählen. Das hat wenig mit Ökologie zu tun, der Kerl hat nur vergessen zu tanken. Das sind wohl erste Ansätze von Altersheimer. Morgen müssen wir an der Tankstelle erst einmal einen Reservekanister kaufen", kicherte Delphie und hakte sich bei Rosa unter. „Tja, da sind Pferde einfach zuverlässiger, Hauptsache es gibt irgendwo ein bisschen Gras. Das ist dann auch kein Problem für vergessliche ältere Herren." Ups, das war Rosa einfach so herausgerutscht. Seit wann war sie so spontan vorlaut? Was dem unweigerlich folgte, war diese gewisse Hitze in gewissen Gesichtspartien.
Phil musste grinsen. Da war wieder das kleine Rosa Teufelchen zum Vorschein gekommen.„Auch wenn du mit den Pferden absolut recht hast, die sind nämlich wirklich ökologisch, trifft es mich mitten ins Herz, dass du mich für einen so alten Sack hältst." Er griff sich theatralisch ans Herz und ging leicht in die Knie. Es machte ihm richtiggehend Spaß, die kleine Rosa etwas zu foppen. Vielleicht kam da ja gleich noch mehr.  Na ja, auf alle Fälle hatte sie gerade wieder eine sehr gute Durchblutung im Gesicht. „Wir sollten jetzt aber wirklich auf die Zimmer, ehe die anderen alle da sind." Rosa trat von einem Bein auf das andere und ihr war ihr Unbehagen anzusehen. Okay, da kam wohl nichts mehr weiter. Eigentlich schade. Aber der Tag war ja noch jung. Bestimmt fand Phil noch die ein oder andere Möglichkeit das kleine Teufelchen wieder herauszulocken. Auf alle Fälle würde er dafür Sorgen, dass die Kleine nachher ein bisschen auftaute und auch ihren Spaß hatte.

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt