Kapitel 153

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„Du bleibst hier stehen und bewegst dich keinen Millimeter. Ist das klar?" Phil schaute seine Tochter ernst an. Wieso antwortet sie ihm nicht? Hatte sie ihn nicht verstanden? Okay hier im Raum war der Lärmpegel durch das aufgeregte Geschnatter und die Anzahl der anwesenden Personen ziemlich hoch. Trotzdem hatte er eigentlich laut genug gesprochen. „Hast du mich verstanden?", fragte er sicherheitshalber noch einmal nach. „Ja, Papa habe ich, aber wenn ich dir antworte, muss ich doch meinen Mund bewegen. Und du hast gesagt, ich soll mich nicht bewegen." Manchmal machte ihn seine Tochter echt sprachlos. Und das gerade war so ein Moment. Phil beugte sich zu ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, ehe er zu seiner Mutter lief, um ihr mit den Scherben zu helfen.
Nachdem das Chaos beseitigt war, gesellte sich Phil wieder zu seiner Tochter, die wie eine Statue auf ihn gewartet hatte. „Papa, wann bringt der Weihnachtsmann endlich Rosa und Nado?" Pippas Blick wanderte zu dem leeren Sack, der neben seinem Bruder lag. Hoffentlich nahm den da jemand weg, sonst war doch noch mit einem Krankenhausbesuch zu rechnen, weil Benny sich darin verfing. Ein lautes Pochen an der Terrassentür sorgte dafür, dass der Weihnachtsmann sich blitzartig in Bewegung setzte. Phil hörte geistig schon den Aufprall seines Bruders auf dem Boden als dieser geschickt über den Sack sprang. Vielleicht bildete sich Phil das auch nur ein, aber er hörte ein kollektives Aufatmen der Erwachsenen. Der Weihnachtsmann öffnete die Terrassentür und ein Kopf mit einer weißen Engelshaarperücke tauchte in dem Türspalt auf. „Ah, mein Helfer" „Mist, ich lasse jetzt los!" Die Terrassentür wurde schwungvoll aufgedrückt und der Weihnachtsmann landete auf seinem Hintern. Und dann passierte etwas, mit dem wohl niemand gerechnet hatte. Durch die Tür drängte sich ein Pony. Ein weiteres folgte. „Ben....nisalem!" Phils Mutter war heute bei ihren Ausrufen ziemlich kreativ. Phil bezweifelte, dass die Ponyübergabe so geplant war. Okay, er könnte sich auch irren, denn sein Vater grinste immer noch total entspannt in die Weltgeschichte. „Das ist hier mein Wohnzimmer und kein Weihnachtszirkus!" Das sahen die Ponys wohl etwas anders, denn sie rannten hintereinander her als wären sie in einer Manege. Moment mal! Phil stutzte. Das waren drei und nicht nur zwei Ponys, wie geplant. Verflucht! Was hatte Benny da jetzt wieder für einen Mist gebaut? Scheinbar hatte er ein Pony wohl entführt. Das gab garantiert Ärger. „Boah, müssen diese Stinkegäule hier echt die Luft verpesten?" Tessa hielt sich theatralisch die Nase zu. Okay, sie mochte Pferde noch nie. „Die Viecher sind übrigens für Romy und Merlin und Pippa" Der Weihnachtsmann schob seine Hand unter seine Mütze und kratzte sich am Hinterkopf. „Fragt mich aber nicht, welches für wen ist. Weißt du das?" Benny schaute zu seinem maskulinen Rauschengelhelfer, der eindeutig sein Kumpel und Mitbewohner Paul war und der nur mit den Schultern zuckte, sich aber einem der Ponys in den Weg stellte um es zu stoppen. „Vielleicht steht das ja am Halsband." Halsband? Phil schüttelte innerlich den Kopf und das Pony zeigte seine Ansicht dazu durch ein Auskeilen, was ein lautes Krachen zur Folge hatte. Das war das Ende des Beistelltischs. Wie gut, dass das Buffet und die weiteren Tische schon weggeräumt worden waren. Es war nicht auszudenken, was sonst hier für ein Chaos geherrscht hätte. „Pau.....sbäckiger Weihnachtshelfer! Sieh zu, dass du die Tiere hier wieder rausbekommst." Ja, da hatte seine Mutter recht. Die hatten hier im Wohnzimmer nichts zu suchen. Das war viel zu gefährlich für Mensch und Tier. „Das ist nicht mehr unser Job", grinste der Weihnachtsengel breit und zog sich über die Terrassentür zurück. „Ich muss dann auch mal weiter", grinste der Weihnachtsmann seine Eltern an und folgte seinem Engel flott. „Scheinbar gibt es selbst beim Weihnachtsmann einen Fachkräftemangel", brummte Phils Mutter kopfschüttelnd und schaute sich in ihrem Wohnzimmer um, in dem drei Ponys munter durch die Gegend rannten. Ein Krachen ließ sie zusammenzucken. „Schnutzelchen, das war das Regal. So war das echt nicht abgesprochen." Okay, seine Mutter war also eingeweiht gewesen. Das erklärte auch, warum sie so sicher war, dass sich einer von Pippas Weihnachtswünschen erfüllte. Aber auch mit ihm war verabredet gewesen, dass Romy und Merlin ihre Ponys im Garten erhielten. Scheinbar interessierte das aber weder seinen Vater noch die beiden Weihnachtschaoten.„Ach Prinzessin, schau nicht so. Das mochtest du doch sowieso noch nie wirklich. Außerdem wolltest du doch schon lange renovieren und das Zimmer neu einrichten." Seine Mutter begann zu grinsen. „Das ist auch wieder wahr. Vielleicht hätten wir den Weihnachtsmann nach seiner Haftpflichtversicherung fragen sollen." „Schreib doch nach Bennisalem an den pausbäckigen Weihnachtshelfer", lachte Maja und sorgte auch bei dem Rest für Heiterkeit. Ein dumpfes Plumpsen auf dem Boden beendete diese aber sofort mit einem mehrstimmigen Igitt. „So wie es aussieht bekomme ich sogar einen neuen Boden", grinste Phils Mutter und reichte seinem Bruder Max die Kehrschaufel, die noch von dem Scherbenhaufen zurückgeblieben war. „Und dann seht zu, dass ihr die Kerlchen hier rausbekommt, bevor ich noch Eintritt für den Weihnachtszirkus verlange." So wie sie Phil und Max anschaute, war klar, an wen ihre Aufforderung gerichtet war. Phil schnappte sich die Halfter der beiden Ponys, die er für Merlin und Romy ausgesucht hatte. Max griff sich das andere Pony. Das hatte sein Vater ja prima eingefädelt. Jetzt war ihm auch klar, warum der alte Gauner die Adresse vom Züchter unbedingt haben wollte als er ihn in der Praxis besucht hatte und warum er den Transport am heutigen Tag auch unbedingt alleine hatte übernehmen wollen. „Papa, welches Pony ist meins? Darf ich mir eins aussuchen?" Pippa hüpfte aufgeregt neben ihm her. „Nein, der Weihnachtsmann hat da Zettel am Halfter gehabt. Das ist für Merlin und das für Romy." „Onkel Phil, dürfen wir darauf jetzt reiten?" „Ja, Papa, darf ich auch darauf jetzt reiten?" Pippa stand schon neben dem dritten Pony. Phil schaute zu Max, der mit den Schultern zuckte und seine Nichte auf das Pony hob, das er am Halfter hatte. Na prima! Dann endete der Heiligabend heute wohl für ihn, genau wie für seine andere Hälfte im Reitstall. Was gab es schöneres. Trotzdem würde er noch einmal ein paar Takte mit seinem Vater reden müssen. Das ging nicht, dass er sich einfach so über seine Regeln hinwegsetzt. Andererseits, so glücklich wie Pippa aussah, hatte sie wenigstens vergessen, dass der Weihnachtsmann ihr weder Rosa noch Nado gebracht hatte.

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt