Kapitel 21

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Der Wallach, auf dem Rosa saß lief vorsichtig den mit Wurzeln überhäuften Berghang hinauf. Hinter sich hörte sie das leise Schnauben von Phils Pferd. Sie musste schmunzeln. Ja, die Idee von Alfonso mit dem Ausritt war wirklich perfekt gewesen. Es war hier wunderschön durch das Gelände zu reiten. In einiger Entfernung vor ihnen war ein Gebäude zu sehen. Das war das Kloster Santuari de Nostra Señora de Cura. Sie mussten noch ein kurzes Stück den Berg hoch reiten, um dort hinzukommen und ihr Ziel zu erreichen. Rosa trieb ihr Pferd etwas an, denn das Gelände ließ einen kleinen Trab zu. Das Geräusch der Hufe hinter ihr wurde immer lauter. Ein Seitenblick sagte ihr, dass Phil zu ihr aufgeschlossen hatte. Kurz vor dem Kloster stoppte sie wieder ab und verfiel ins Schritttempo. Phil folgte ihrem Beispiel und lief ebenfalls langsamer neben ihr her. Er ließ seine Zügel locker über den Hals des Pferds hängen und klopfte ihm anerkennend den Hals. „Wollen wir hier eine kleine Pause machen?" Rosa nickte sofort. „Da vorne ist ein Picknickplatz." Sie deutete mit ihrer Hand in die Richtung. „Unterhalb gibt es die Möglichkeit die Pferde festzumachen und zu tränken." „Du kennst dich hier wohl aus?" Phils ganze Aufmerksamkeit lag bei ihr, als sie den Kopf schüttelte. „Ich war noch nie hier." Wenn sie auf Mallorca war, dann war sie im Grunde immer auf dem Schiff oder in Alfonsos Finca. Okay, dort in der Nähe war sie auch schon ein paarmal geritten, aber hier noch nicht. „Ich habe das gestern zusammen mit Alfonso geplant und er hat mir ein bisschen was dazu erzählt. Den Rest habe ich dann gegoogelt." Rosa spürte, wie sich wieder Hitze in ihren Wangen ausbreitete. Manno, das klang irgendwie wie ein Kleinkind, das einen Erwachsenen brauchte, um so etwas zu planen. Warum musste sie unbedingt Alfonso erwähnen? Sie konnte ja auch gleich noch heraus posaunen, dass das eigentlich seine Idee war.
Wieso war das Mädel denn schon wieder rot angelaufen? Es war doch nichts Schlimmes daran, wenn man Google nutzte. Wenn sie wüsste, wie oft Phil das selbst tat, wäre ihr das wohl nicht so peinlich.  Er ließ sich aus dem Sattel gleiten und befestigte die Zügel an einer Stange. Er schaute sich suchend um. „Da drüben sind Eimer." Rosa deutete mit ihrer Hand zur Wand eines Hauses, an dem ein paar Eimer gestapelt standen. Dann fehlte ja nur noch das Wasser zum Befüllen. Auch das war schnell gefunden. „So, die Pferde sind versorgt. Dann lass uns mal ein bisschen schauen gehen, was es hier alles zu entdecken gibt." Er wandte sich wieder Rosa zu, die auf ihrer Unterlippe kaute. „Meinst du, wir können die beiden hier einfach so unbeaufsichtigt stehen lassen?" Phil verkniff sich ein Schmunzeln. Die Kleine ähnelte ihrem Bruder definitiv. Sascha war auch immer überkorrekt. „Sagtest du nicht, dass das hier ein Kloster ist?" Rosa nickte. „Na dann hoffe ich doch mal, dass die göttliche Hand auf unsere beiden Freunde hier aufpasst. Außerdem sieht das hier alles auch ziemlich übersichtlich aus, dass wir auch immer ein Auge auf sie haben können." Er strich beiden Pferden über die Flanke und schien auch Rosa überzeugt zu haben. „Na, dann sollten wir nach da vorne gehen. Da müsste man eine ganz tolle Aussicht auf das Meer haben." So leicht hibbelig gefiel ihm die Kleine schon viel besser. „Schau nur, das sieht so schön aus. Mallorca ist überhaupt so eine schöne und vielfältige Insel. Man hat hier total viel landwirtschaftliche Flächen neben dem ganzen Tourismus. Und das Tramuntana Gebirge ist sogar Welterbe. Auf dieser Insel gibt es wirklich so ziemlich alles." Die Kornblumen strahlten Phil total an. Diese Begeisterung war echt ansteckend. Ja, Phil musste ihr schon recht geben. Mallorca war wirklich eine interessante Insel, die eine Menge zu bieten hatte. Sie war auch total anders als Ibiza, das er seit seiner frühsten Jugend kannte. Okay, genaugenommen war er sogar auf dieser Insel gezeugt worden, wenn er den Erzählungen seiner Eltern glaubte. Das war schon faszinierend, wie sehr sich die beiden Inseln unterschieden, obwohl sie so dicht beieinander lagen. „Wenn es auf dieser Insel so ziemlich alles gibt, meinst du, ob wir dann auch hier etwas zu essen bekommen? Die Nonnen oder Mönche werden ja wohl auch nicht nur von Luft und Gottesliebe leben." Phil war es zwar durch seinen Job gewohnt keine regelmäßigen Mahlzeiten zu bekommen, aber ein Apfel und eine Banane als Frühstück hielten nun einmal nicht ewig satt. „Oh verdammt! Ich hätte uns ein Picknick von Rosa-Maria einpacken sollen." Manno, wie unfähig war sie bitte? Rosa spürte wie die Wut auf ihre Unfähigkeit in ihr hochkochte. Da sprach sie große Einladungen zu einem Ausritt aus und dann sorgte sie nicht einmal für das leibliche Wohl. „Es ist nur ein ehemaliges Kloster", entschuldigte sie sich und spürte das Glühen im wohlbekannten Gesichtsbereich. Manno, wenn sie mit Phil zusammen war, würde sie wahrscheinlich noch irgendwann als neues Werbegesicht für Rotbäckchen gecastet werden. Stop, ehemaliges Kloster! Hatte sie nicht in Google gelesen, dass es hier jetzt ein edles Hotel gab? Wo ein Hotel war, musste es auch etwas zu essen geben. Sie scannte die umliegenden Gebäude ab.„Da.....da drüben ist ein Restaurant." Die Eistafeln hatten ihr den Hinweis gegeben. „Na dann lass uns mal schauen gehen, zu was ich dich einladen kann", zwinkerte Phil ihr zu. „Aber ich...." „Du hast schon den Ausritt organisiert, jetzt bin ich dran", unterbrach er sie sofort. Und so entschieden wie er klang, würde er sich wohl auch nicht davon abbringen lassen. Na ja, irgendwie war das wohl okay. Unter Freunden wechselte man sich ja immer mit den Einladungen ab. Das war ja bei Delphie und ihr auch nicht anders.

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt