Was war das Feuchtes, Kaltes in seinem Gesicht? Ups, da war es schon wieder. Phil öffnete langsam sein eines Augenlid, um zu schmulen und schaute direkt in ein paar Welpenaugen. Wieder stupste Nado ihn mit seiner Nase an und ließ die Zunge einmal durch sein Gesicht gleiten. „Was ist denn, mein Großer? Musst du raus?" Phil schaute auf sein Handy, das auf dem Nachtisch lag. Okay, in zehn Minuten würde sein Wecker sowieso los scherbeln. Er streckte und rekelte sich einmal. Der Flug gestern war doch nicht ganz so bequem wie anfänglich geplant gewesen. Mit Alfonso und Rosa-Maria auf den Nachbarsitzen hatte er Nados Tasche die ganze Zeit auf seinem Schoß gehabt und die Füße lang machen war im Flieger ab einer bestimmten Größe auch immer so eine Sache. Da hätte ihm die Businessklasse auch nicht viel geholfen. Phil schwang seine Beine über den Bettrand und griff sich seine Klamotten. „Hältst du noch durch bis ich mich wenigstens gewaschen und rasiert habe?" Nado lief schnuffelnd hinter ihm her ins Bad. Scheinbar schien es wirklich noch nicht so dringlich zu sein, sonst wäre er schon aufgeregter. Und was konnte im schlimmsten Fall passieren? Das er putzen musste. Da das ganze Haus mit Fliesen ausgelegt war, war auch das kein Problem, wenn etwas daneben ging. Phil beobachtete, während er sich rasierte, durch den Badspiegel den jungen Hund, der es sich hinter ihm bequem gemacht hatte und ihn ebenso interessiert im Auge behielt. Schon witzig, dass das das erste Tier war, das in seinem Haushalt lebte. Bisher hatte er als Tierarzt noch nie ein eigenes Tier besessen, also außer seinem Pferd. Ja, sein Vater hatte sich absolut gegen Haustiere gesträubt. Okay, es war schon nachvollziehbar, denn wenn er einem Kind ein Haustier erlaubt hätte, hätte auch das nächste eins haben wollen und bei elf Kindern wäre das dann schnell in einen Zoo ausgeartet. Er konnte auch die Befürchtung seines Vaters nachvollziehen, dass die ganze Arbeit mit den Tieren an ihm kleben geblieben wäre. Schon komisch, dass Phil trotzdem so eine Tierliebe entwickelt hatte. Manche Sachen ließen sich wohl nicht unterdrücken und bahnten sich ihren Weg. Okay, wenn Phil ganz ehrlich war, dann waren es eigentlich die Pferde, die ihn zu seinem Studium getrieben hatten. Ja, er wollte unbedingt in der Lage sein ihnen zu helfen. Er konnte sich noch gut an die Kolik von Salomon erinnern, die ihn in diesem Entschluss bestärkt hatte. Und dann während des Studiums war sein Interesse auch schnell für alle anderen Tiere gewachsen. Klar liebte er immer noch Pferde, aber auch Hunde, Katzen, Kaninchen, Hamster und was es alles noch so in einer Tierarztpraxis gab, waren ihm ans Herz gewachsen. „Du bist mein erster tierischer Hausgenosse." Phil bückte sich zu Nado und strich ihm sanft über den Kopf. „Meinst du, wir kommen gut klar in unserer WG auf Zeit?" Wie zur Bestätigung stupste der Kleine mit seinem Kopf gegen Phils Hand. „Ja, wir beide haben nur eine WG auf Zeit. Da ist nämlich dieses tolle Mädchen, das dich eigentlich gerettet hat. Sie kann sich bloß momentan noch nicht um dich kümmern. Aber was hältst du davon, wenn wir sie heute nach der Sprechstunde mal besuchen fahren? Vielleicht kannst du mit deinem Charme dafür sorgen, dass es ihr etwas besser geht." Phil dachte an das Telefonat mit Alfonso, das er auf Mallorca mitbekommen hatte. Und auch an sein letztes Gespräch mit Max. Vielleicht brauchte Rosa nur einfach wieder ein richtiges Ziel. Und was war ein besseres Ziel als so ein kleiner Hund, der auf einen angewiesen war. Ja, Nado würde ihr mit Sicherheit einen positiven Schub geben. „Und wenn diese dummen Leute dich nicht mit zu ihr lassen wollen, dann holen wir sie da raus oder schmuggeln dich einfach rein, okay?" Das Stupsen war eine eindeutige Zustimmung. Phil fuhr mit seiner Morgentoilette fort. Zum Umziehen ging er wieder in sein Zimmer. Nado folgte ihm auf Schritt und Tritt. Na das könnte heute in der Praxis interessant werden. Der Hund schnupperte an den Socken, die Phil dort gestern vor seinem Bett deponiert hatte und griff sie mit seinem Maul auf. Stolz wackelte er damit los. Das war dann wohl der Retriever in dem Kleinen. Phil musste grinsen. Wie oft hatte er schon von den Herrchen seiner Patienten gehört, dass das alles kleine Sockenmonster waren. Dann sollte er sich wohl daran gewöhnen in Zukunft öfter nur noch Einzelexemplare vorzufinden. Vielleicht sollte er schon einmal neue Socken auf seinen Einkaufszettel setzen. Er folgte dem Kleinen, um schon einmal sein Geheimversteck auszumachen. Erstaunt stellte er fest, dass der Kleine die Socken zu dem Wäscheberg im Bad schleppte, den Phil dort gestern Abend deponiert hatte. Er schien ein echt pfiffiges Kerlchen zu sein. „So, jetzt schauen wir mal, wie dir deine neue Heimat gefällt, Nado." Er machte dem Kleinen sein Halsband um und befestigte die Leine daran, ehe er die Haustür öffnete und sich auf den Weg machte. Eine angenehme laue Luft schlug ihm entgegen. Sein Blick fiel zu dem Haus, das an sein Grundstück grenzte. Ob Sascha wohl auch schon wach war? Seit seinem wütenden Besuch in der Praxis hatten sie nicht mehr wirklich miteinander gesprochen. Sie hatten nur wegen Dalias Verkauf gemailt, weil Sascha seine Gespräche nicht annahm. Vielleicht sollte er den ersten Schritt machen und einfach an der Haustür klingeln. Da konnte er ihm ja schlecht aus dem Weg gehen. Wie sagte man immer, der Klügere gab nach. Oder in dem Fall, der mit dem schlechteren Gewissen. Ja, das wäre vielleicht nicht die schlechteste Idee, wenn er dort klingeln würde und noch einmal das Gespräch suchte, um Sascha ganz ruhig seine Gründe zu erklären, warum er ihm nicht vorher von Rosas Unfall erzählt hatte. Er schaute auf die Uhr an seinem Handgelenk. Aber jetzt wäre wohl nicht der richtige Zeitpunkt. Phil wusste ja, dass Sascha eher ein Langschläfer war. Da sollte er lieber bis heute Abend warten. Sonst gab es gleich wieder neuen Zündstoff. Ja, genau! Das war doch ein Plan. Heute Abend würde er das Gespräch mit Sascha suchen.....und jetzt würde er schnell zum Bäcker laufen, damit sein Besuch aus Mallorca wenigstens etwas zum Frühstück bekam, denn er bezweifelte, dass sein Kühlschrank da viel hergab.
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Schuss und Treffer - Eigentor Teil 16 ✔️
Novela JuvenilRosas Leben läuft in perfekten Bahnen. Sie hat gerade ihr Abitur als Schulbeste bestanden. Da bremst sie auch kein Numerus Clausus aus. Ihr Traum vom Veterinärstudium in Berlin ist zum Greifen nahe. Und dann ist da dieser eine Tag, der alles, aber...