Kapitel 134

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„Sie müssen gleich da sein!" Leokardia gab allen ein Zeichen still zu sein. „Max hat mir geschrieben, dass sie am Flughafen los sind." Ja, die komplette Familie Reus hatte sich in Phils Wohnzimmer versammelt. Als Rosa von ihrem Shoppingtrip mit ihrer Mutter nach Hause gekommen war, war ihr Rosa-Maria mit Mehlspuren im Gesicht entgegengekommen und hatte ihr geschworen, dass sie es noch schaffen würde ein hervorragendes spanisches Buffet für die Ankunft der Kleinen fertig zu bekommen. Ihr gefolgt war die Neuoma und Leokardia, die Girlanden in ihren Händen gehalten hatten. Ja, man hatte sie total überrollt und eine Willkommensparty aus dem Boden gestampft. Mittlerweile rannten hier auch noch jede Menge anderer Reus herum. Rosa fragte sich, ob das wirklich das war, was sich Phil für die Ankunft mit seiner Tochter wünschte? Wahrscheinlich hätte er es lieber etwas ruhiger. Ja, wie musste das auf Pippa wirken, wenn hier auf einmal so viele Leute waren, die sie begrüßten. Sie kannte sie doch alle nicht. Genauso wenig wie die Umgebung in die sie kam. Aber was sollte Rosa machen? Sie konnte sie ja nicht alle hinauswerfen, obwohl sie das am liebsten getan hätte. Warum konnten sie die Kleine nicht erst einmal ankommen lassen und dann morgen oder übermorgen wie die Heuschrecken über sie herfallen? Also eins war klar, wenn Rosa bemerkte, dass es Pippa zu viel wurde, würde sie sie sich einfach schnappen und mit ihr in ihr Zimmer verschwinden. „Mama, ich habe schnell noch das Willkommensschild an die Tür gepappt." Stella kam ins Wohnzimmer gestaubt. „Warum seid ihr denn alle so leise?" Ja, leise war in der Familie Reus wirklich selten. „Na, weil sie gleich kommen müssen und wir sie überraschen wollen, du Hohlbirne", kicherte Mari. „Machen wir auch das Licht aus, wie in den Filmen immer, Mama?" Also das würde Rosa mit Sicherheit unterbinden. Da konnten sie machen, was sie wollten. „Nein, wir warten hier nur ganz ruhig. Pippa soll ja keinen Schreck bekommen." Na wenigstens hatte Franzi ein Einsehen. „Sie kommen!" Benny hatte aus dem Fenster die Straße beobachtet. „Max parkt schon ein." Rosas Herz begann zu rasen. Gleich wäre Phil wieder hier und sie würde ihn endlich wiedersehen, genau wie Pippa. Das wäre der Anfang von ihrem gemeinsamen neuen Leben. Alleine bei diesen Gedanken legte ihr Herz noch ein paar Schläge zu.
„So, mein Schatz. Wir sind zu Hause." Phil hob seine kleine Tochter aus dem Kindersitz von Merlin. Glücklicherweise hatte sie sein Bruder vom Flughafen abgeholt und sein Auto war ja kindergerecht ausgestattet. Phil musste morgen unbedingt einen Kindersitz für sein Auto besorgen. Der Einkaufszettel in seinem Kopf wurde immer länger. „Papa, und wo ist hier der Garten?" Pippa schaute sich suchend um. „Der ist hinter dem Haus." Die Kleine nickte. „Können wir uns den jetzt ansehen?" „Maus, das ist doch schon viel zu dunkel. Das machen wir morgen." Pippa nickte und begann mit den Zähnen zu klappern. „Iii....st ka...alt." „Ja, komm, wir gehen jetzt ganz schnell rein und erkunden erst einmal das Haus." Wieder nickte Phils Tochter und klapperte mit den Zähnen. Verflucht, warum hatte er nicht schon auf Mallorca etwas Wärmeres für sie zum Anziehen gekauft? Hoffentlich erkältete sie sich nicht gleich. Alleine der Gedanke, dass sie krank werden könnte, ließ sich seinen Magen zusammenziehen. „Geht schon mal vor. Ich bringe die Koffer gleich rein." Max zwinkerte ihm zu und Phil machte sich auf den Weg zur Haustür. „Papa, das ist voll lustig, dass der Onkel Max genauso aussieht, wie Opa und wir." Pippa grinste ihren Vater an. „Sehen eigentlich alle in unserer Familie so aus, wie ich?" Phil hatte etwas Zeit während des Flugs genutzt, um Pippa auf ihre neue und ziemlich große Familie vorzubereiten. Er hatte ihr von seinen Geschwistern und deren Kindern erzählt. Pippa hatte die ganze Zeit mit großen Augen seinen Worten gelauscht und breit gegrinst, als sie gehört hatte, dass es noch eine ganze Menge anderer Kinder in ihrem Alter gab. „Na ja, die Hälfte hat wirklich auch so rote Haare und Sommersprossen. Aber Oma zum Beispiel nicht." „Aber Opa!", grinste Pippa breit und ließ ihren Blick zu Phils Vater wandern, der mit den Rucksäcken bepackt hinter ihnen lief. „Du wirst sie ja alle gleich kennenlernen." Phil hatte nicht gerade mit Freude die vielen Autos auf dem Parkplatz der Praxis zur Kenntnis genommen. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn seine Familie Pippa und ihn wenigstens einen Tag verschont hätte. Aber das war die Familie Reus, da konnte man Zurückhaltung nicht wirklich zum Wortschatz zählen. Außerdem konnte er sie ja auch irgendwie verstehen. Trotzdem hätte er sich einfach einen ruhigen ersten Abend mit seiner Tochter alleine gewünscht. „Papa, da steht mein Name!" Pippa deutete ganz aufgeregt auf das Willkommensschild an der Tür. „Du wohnst ja auch hier!" Sie nickte mit ihrem Kopf und hüpfte dabei wie ein kleiner Flummi. Wo bitte holte sie die ganze Energie her? „Papa, nun mach die Tür auf." Phil wollte gerade den Schlüssel ins Schloss stecken, als die Tür aufgerissen wurde. Vor ihnen stand seine Mutter. Die sich sofort zu Pippa hinunterbeugte. „Hallo, Pippa! Ich bin Franzi, deine Oma." Seine Mutter sprach ja glücklicherweise auch etwas Spanisch. Die Kleine nickte grinsend. „Papa, sie sieht wirklich nicht wie wir aus." Phil hörte die Rucksäcke hinter sich plumpsen und wurde von seinem Vater zur Seite geschoben. Er gesellte sich zu seiner Mutter und ging vor Pippa in die Knie. „Pippa, yo soy tu abuelo!" „Ich weiß, Opa!" Pippa grinste Phils Vater breit an und schlang ihre kleinen Ärmchen um seinen Hals. „Du sprichst deutsch?" Phils Vater schaute mindestens so überrascht wie seine Familie bei seinen spanischen Wörtern. „Ja, natürlich. Mama und José haben viel deutsch mit mir gesprochen und ich bin in den internationalen Kindergarten gegangen." Scheinbar hatte seine Tochter wohl beschlossen auch wieder deutsch zu sprechen. Das gab ihm ein gutes Gefühl. „Seit wann sprichst du Spanisch, Schnutzelchen?" Phils Vater fuhr sich mit seiner Hand durch den Nacken und hatte eine gute Blutzirkulation im Gesicht. „Na ja, ich habe im Flugzeug mit ein paar Vokabeln angefangen. Ich dachte, ich muss mich doch mit meiner kleinen spanische Enkelin unterhalten können." Phils Mutter drückte ihrem Mann einen spontanen Kuss auf die Wange. „Schnutzelchen, genau deshalb liebe ich dich so." „Ja, aber Papas Vorstellung hatte schon ein bisschen was von Darth Vader. Pippa, ich bin dein Opa!" lachte Max, der vorher seine Stimme verstellt hatte. „Nee, du bist Onkel Max." Pippa schüttelte entschieden ihren Kopf. „Stimmt's, Papa?" Noch bevor Phil antworten konnte, hatte sich seine Mutter die Hand ihrer Enkelin geschnappt. „Komm, dann stelle ich dir auch den Rest der Familie vor." So wie Pippa begeistert mit hüpfte, war er wohl erst einmal abgemeldet.

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt