Die Katharina schaukelte ganz sanft im Hafenbecken hin und her, während die Sonne vom mallorquinischen Himmel strahlte. In Rosa breitete sich so etwas wie ein Heimatgefühl aus. Ja, dieses Schiff gehörte seit ihrer frühsten Jugend zu ihrem Leben. Jedes Jahr hatte sie hier ein paar Wochen Urlaub mit ihrer Familie auf diesem Schiff verbracht. Und jetzt heiratete Sascha hier seine Delphie. Das war so....so romantisch und auch total passend. Ihre Eltern hatten damals auch hier geheiratet. Ja, die Katharina war für ihre Familie ein ganz besonderer Dreh- und Angelpunkt. Ob sie wohl irgendwann auch einmal hier heiratete? Die Frage war ja viel eher, wollte sie überhaupt jemals heiraten? Momentan konnte sie sich das nicht wirklich vorstellen. Ein Mann in ihrem Leben, den man ja für so eine Hochzeit brauchte, war völlig überflüssig. Dafür hätte sie gar keine Zeit. Da gab es ihre Dalia und das Studium. Damit war sie schon genug ausgelastet. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, dass es wirklich einen Mann gab, den es nicht störte, wenn sie den Großteil ihrer Freizeit lieber im Reitstall und mit ihrem Pferd verbrachte als mit ihm. Nee, da hatte bestimmt keiner für Verständnis. Und sie hätte absolut kein Verständnis dafür, etwas an ihren Prioritäten zu verändern. Ihr Pferd würde immer an erster Stelle kommen. Komme was wolle! „So, dann sind wir ja mit der Besprechung und der Probe durch. Das wird die Hochzeit des Jahrhunderts." Pippi-Phils Sommersprossen führten eine Samba auf, während er mit der Hand abwinkte. „Ach Quatsch, was sage ich da. Das wird die Hochzeit des Jahrtausends." Das hoffte Rosa auch. Sie wollte, dass Sascha und Delphie die schönste Hochzeit ever hatten. Aber bestimmt lief wieder irgendetwas schief, was sie völlig übersah oder falsch einschätzte. Der Junggesellenabschied war ja der beste Beweis für ihre Unfähigkeit gewesen. „Übermorgen wird schon alles klappen." Scheinbar hatte Phil ihr wohl ihre Zweifel angesehen. Ja, es waren nur noch zwei Tage bis zur Hochzeit und sie und Phil hatten heute alles mit Rosa-Maria und Alfonso durchgesprochen. Die beiden würden sich jetzt um den Rest der Organisation kümmern. Okay, das ließ Rosa dann doch aufatmen. Die beiden würden schon für einen reibungslosen Ablauf sorgen, selbst wenn sie etwas verbaselt hatte. „Ich mache mich dann mal vom Parcour. Kommst du mit?" Rosa musste über seine Wortwahl schmunzeln. Da kam der Reiter in ihm durch. „Nein, ich bleibe noch etwas hier." Sie würde noch etwas an der Reling stehen und einfach dieses Schiffsgefühl genießen. Vielleicht konnte sie ja auch noch ihrer Patin und Namensvetterin etwas in der Kombüse zur Hand gehen. Ja, sie liebte es, wenn ihr die ältere Spanierin, die sie über das Taufbecken gehalten hatte, ein paar ihrer Küchentricks zeigte. Obwohl man ehrlicherweise sagen musste, dass sie es noch viel mehr liebte die Sachen zu probieren und Zeit mit Rosa-Maria zu verbringen. „Du willst aber nicht alleine nachher ins Hotel laufen?" Phils Besorgnis war nicht zu überhören. Was sollte das denn? Hielt er sie für ein Kleinkind?„Ich schaffe es durchaus alleine über eine vierspurige Straße zu gehen, an der es eine Ampel gibt." Sie versuchte gar nicht den schnippischen Klang zu unterdrücken. Das Hotel lag gleich gegenüber vom Hafen und man musste nur die Straße überqueren. „Das ist mir schon klar, aber das ist hier die Hafengegend." Phil war ja scheinbar mit dem gleichen übertriebenen Beschützerinstinkt ausgestattet wie ihr Bruder. „Ja, von Palma und nicht von St.Pauli", konterte sie sofort. Das war echt lächerlich. „Aber..." „Keine Angst, mein Junge. Ich bringe unsere Princesa nachher ins Hotel." Alfonso zwinkerte Phil zu, ehe er großväterlich den Arm um Rosas Schulter legte. Ja, irgendwie war er ihr Großvaterersatz, denn ihren einen Großvater Theodor hatte sie ja nicht wirklich kennengelernt, weil er sehr früh gestorben war. „Okay, dann bin ich mal weg." Mit einem kurzen Winken verschwand Phil die Gangway hinunter. So eilig wie er es auf einmal hatte, war in seinem Kopf wohl eine spontane Abendplanung entstanden. Na ja, in Palma gab es mit Sicherheit für ihn genug Vergnügungsmöglichkeiten. Alfonso schaute Phil nachdenklich hinterher, ehe er sich wieder Rosa zuwandte. „Der Junge ist ein feiner Kerl." Sie zuckte mit den Schultern. Darüber hatte Rosa sich nie wirklich Gedanken gemacht. Aber da Sascha mit Phil befreundet war, musste das wohl so sein. „Er mag dich." Rosa schaute Alfonso verwirrt an. „Jetzt schau nicht wie ein Engel, der von seiner Wolke gefallen ist. Du bist ein wunderschönes junges Mädchen. Da passiert das schon, dass die Männer dich mögen. Da solltest du dich dran gewöhnen." Okay, was hatte Rosa gerade verpasst? In welche Richtung lief das Ganze hier gerade? „Er ist der Tierarzt von Dalia." Das sollte doch als Erklärung genügen. „Er hat mir vorhin erzählt, dass er auch Reiter ist, so wie du." „Ja, Phil hat schon jede Menge Turniere gewonnen. Und er weiß unglaublich viel über Pferde......und er ist ein unglaublich guter Tierarzt." Alfonso begann zu schmunzeln. „Er ist sozusagen dein Vorbild?" Rosa verzog kurz nachdenklich ihr Gesicht, ehe sie nickte. Ja, so könnte man das sagen. Sie wollte ja auch Tierärztin werden und hoffte, dass sie es auch schaffen würde, so geduldig und liebevoll mit den Tieren umzugehen, wie Phil das tat. Und was das Reiten anging, hätte sie auch nichts dagegen, wenn noch ein paar Pokale und Schleifen in ihr Regal wanderten. „Vielleicht solltest du ihm dann morgen eine Überraschung bereiten und einen schönen Ausritt für euch beide organisieren. Mallorca ist für seine schönen Geländeritte bekannt. Das weißt du doch." „Aber, ich wollte morgen Rosa-Maria...." „Nichts aber....", unterbrach Alfonso sie rigoros. „Rosa-Maria ist morgen garantiert schlecht gelaunt, wenn du ihr zwischen den Füßen herumstehst, während sie alles für die Hochzeit vorbereitet." Okay, damit könnte Alfonso recht haben. Und eigentlich hätte sie auch große Lust etwas reiten zu gehen. „Hast du schon eine Idee, wo wir einen Ausritt machen könnten?" Alfonso begann breit zu grinsen. „Hätte ich sonst den Vorschlag gemacht? Komm mit, wir organisieren das jetzt und dann gehen wir ein Eis essen, ehe ich dich ins Hotel bringe." Voller Vorfreude folgte Rosa Alfonso in die Messe.
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Schuss und Treffer - Eigentor Teil 16 ✔️
Teen FictionRosas Leben läuft in perfekten Bahnen. Sie hat gerade ihr Abitur als Schulbeste bestanden. Da bremst sie auch kein Numerus Clausus aus. Ihr Traum vom Veterinärstudium in Berlin ist zum Greifen nahe. Und dann ist da dieser eine Tag, der alles, aber...