Kapitel 39

170 39 10
                                    


„So Chef, wir sind dann durch für heute. Wann soll ich morgen bei dir sein?" Sebastian grinste Phil breit an. Morgen? Mensch klar, da war ja sein Umzug. Gestern waren endlich alle Bauarbeiter abgezogen und nicht nur die Praxis erstrahlte im neuen Glanz, sondern auch das Haus, das gleich an die Praxis grenzte und das er ab morgen bewohnen würde. Ja, dieses Wochenende würde die Praxis noch einmal geschlossen bleiben, damit er sich hier wohnlich einrichten konnte. Ab Montag wäre er dann dafür aber auch rund um die Uhr für seine Patienten griffbereit. Er war schon gespannt, wie oft er aus seinem Feierabend geklingelt wurde. „Es wäre super, wenn du den Transporter um 8 Uhr bei der Mietwagenbude abholen und zu mir kommen könntest." Ja, Sebastian hatte sich freiwillig als Umzugshelfer angeboten. Genau wie ein Teil seiner Familie. So viele Leute wie da zusammenkamen, würde der Umzug hoffentlich schnell Geschichte sein. Phil musste grinsen. Sogar Stella hatte sich angeboten ihm zu helfen. Natürlich war ihm klar, wo die Hilfsbereitschaft seiner jüngeren Schwester herrührte. Sie hatte es darauf abgesehen als Nachmieter in seine Wohnung zu ziehen. Na mal schauen, wie sehr sie sich morgen mit dieser Karotte vor der Nase triezen ließ. „Geht klar, Chef. Ich bin dann auch mal weg. Wir sehen uns dann morgen." Sebastian hob zum Abschied die Hand und verschwand aus dem Untersuchungsraum, in dem Phil gerade seinen Medikamentenbestand geprüft hatte. Er schaute sich einmal kurz um. Ja, das war wirklich alles geworden, wie er sich das vorgestellt hatte. Ein unglaublicher Stolz brandete in ihm auf, wenn er daran dachte in welchem Zustand er diese Praxis übernommen hatte. Es war eine alte Dorftierarztpraxis gewesen. Und jetzt war es eine moderne Tierklinik. Ja, er hatte alles vergrößert, um den heutigen Ansprüchen gerecht zu werden. In seinem Besitz befanden sich die modernsten Geräte. Das Klingeln seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Er nahm das Gespräch an, ohne auf das Display zu schauen. „Hola, mi amigo", scholl es ihm entgegen. „José! Wie geht es dir? Was macht Nado?" Ja, seinen mallorquinischen Kollegen und ihn verband mittlerweile eine lose Freundschaft und sie telefonierten des öfteren miteinander. Der kleine Findelhund war nicht mehr ihr einziger Gesprächspunkt. „Mir geht es ziemlich gut. Ein bisschen viel Stress im Moment. Aber das ist mehr privat als beruflich, also kannst du mir nicht helfen. Es sei denn, du kennst dich mit aufsäßigen Kleinkindern und ihren drogenabhängigen Müttern aus." Ja okay, das war wirklich nicht gerade sein Spezialgebiet. Da mochte er mit José auch nicht tauschen. Er war zufrieden, wenn er sein eigenes Leben stressfrei über die Runden brachte. Als Konfliktlotse war er da nicht die Starbesetzung. „Also, was macht Nado?", wechselte er deshalb auch schnell das Thema. „Der Kleine entwickelt sich prächtig. Er bekommt jetzt noch nächste Woche die letzte Impfung und dann kann er zu seinem neuen Frauchen nach Deutschland. Hast du schon einen Flugpaten gefunden? Oder kommt sie ihn persönlich abholen?" Mist! Rosa war ja das neue Frauchen. José wusste ja gar nichts von ihrem Unfall. Sie fiel auf alle Fälle aus und würde den Kleinen nicht abholen können. Also blieb nur ein Flugpate......oder aber er holte den Kleinen selbst ab. Das würde ihm am besten gefallen. Also nächstes Wochenende hatte er sich noch freigehalten, weil er sich erst noch in seinem neuen Haushalt einrichten und finden wollte. Was sprach aber dagegen, wenn er das einfach ein wenig schneller in der Woche erledigte und am Wochenende nach Mallorca flog, um den Hund zu holen. Max hatte ihm erzählt, dass die Ärzte aus der Reha ihm mitgeteilt hätten, dass Rosa sich nicht wirklich in ihr Aufbauprogramm kniete und sich eher hängen ließ. Okay, er hatte Phil auch erklärt, dass das oft am Anfang so war, wenn die Patienten sich erst einmal mit ihrer neuen Situation zurecht finden mussten. Vielleicht gelang das Rosa ja besser, wenn sie wusste, dass ihr kleines Findelkind bei ihm auf sie wartete. Ja, das würde ihr bestimmt einen kleinen Motivationsschub geben. „Rosa, kann nicht. Aber ich komme Nado abholen." „Perfecto", lachte José begeistert. „Gib mir Bescheid, mit welchem Flieger du kommst, dann sorge ich dafür, dass du abgeholt wirst. Du willst doch keinen Wendeflug machen, oder?" So genau hatte Phil sich das noch gar nicht überlegt, schließlich war es ein spontaner Entschluss. Aber eine Nacht auf Mallorca würde sicherlich drin sein. Vielleicht konnte er ja bei Alfonso....sicher konnte er das. Der alte Mann hatte ihm das ja zur Hochzeit angeboten, dass er bei ihm auf der Finca übernachten konnte, wenn er mal wieder Sehnsucht nach Mallorca hatte. „Ich kläre das noch und melde mich dann wieder." „Einverstanden. Gib mir einfach Bescheid." „Si, claro! Hasta luego." Phil lief zu dem Computer und begann zu googlen. So wie es aussah, waren noch einige Flüge zu bekommen. Mit dieser Auswahl hatte er gar nicht gerechnet, schließlich war gerade Hauptsaison. Für den Rückflug buchte er sich die komplette Sitzreihe. Das war dann doch angenehmer, wenn er den Kleinen mit in die Kabine nahm. Glücklicherweise war das mit seinem momentanen Gewicht noch möglich. Hunde im Gepäckraum zu befördern war für ihn als Tierarzt nicht gerade eine adäquate Beförderungssituation. Besonders, wenn es sich um einen vielleicht traumatisierten Hund handelte, der noch keine wirklichen Bezugspersonen hatte, denen er vertraute. Nein, in der Kabine war es auf alle Fälle besser. Da konnte er den Kleinen beruhigen und sie hatten in ihrer Sitzreihe ihre Ruhe. Zufrieden schloss er die Buchung ab. Dann würde er Freitag Abend nach Praxisschluss los fliegen und Sonntag am Nachmittag wieder landen. Das war perfekt und nicht nur Stress. Ja noch einmal etwas Meerluft schnuppern und Sonne tanken, konnte nicht schaden. Phil griff nach seinem Handy und scrollte in seiner Telefonliste Er sollte gleich Alfonso anrufen, falls er doch noch ein Hotelzimmer brauchte. Ein lautes Poltern ließ ihn hochschrecken. Was war denn das?

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt