„Muchas gracias, mi amigo!" José bedankte sich bei Phil mit einer Umarmung, nachdem er sie durch die Praxis geführt und alles Grundlegende erklärt hatte. Rosa hatte erleichtert aufgeatmet, denn glücklicherweise unterschied sich hier nicht viel von der Praxis in Dortmund und es war auch alles für sie mit ihrem Rollstuhl erreichbar. Ja, sie nutzte ihn immer noch zur Sicherheit. Mit Krücken war es doch noch ziemlich anstrengend zu laufen und sie schaffte nur kleine Strecken. So ein ganzer Praxistag war da eindeutig noch zu viel. „Ich weiß gar nicht, wie ich dir für deine Hilfe danken soll." Phil grinste breit und seine Sommersprossen tanzten wieder. „Was meinst du, Rosa? Uns fällt da bestimmt etwas ein, wie wir den Gefallen wieder einfordern können." Er zwinkerte ihr zu. „Oh ja, auf alle Fälle, wenn Frau Döringer mit ihren Minilöwen zur jährlichen Untersuchung kommt. Da sollten wir unbedingt auch einen Kurzurlaub machen", stieg Rosa sofort darauf ein. Diese Patientin mit ihren verwöhnten Perserkatzen war echt zum Weglaufen. Das hatte Rosa erst vor einer Woche erfahren. Sie schaute auf ihren Arm, den immer noch so einige Schrammen zierten. Die Viecher waren echt wie zehnpfötige Monster, bei denen man gar nicht wusste, welche Pfote man zu erst halten sollte. José schaute zwischen ihnen beiden hin und her. „Also ich springe nur zu wichtigen Ereignissen wie zum Beispiel Hochzeitstagen ein." „War ja klar, du Drückeberger. Und wenn du nicht bald loskommst, dann wird das nichts mit dem zehnten Hochzeitstag und du kannst dir einen guten Scheidungsanwalt suchen." Phil schob seinen Kollegen zur Tür. „Genießt das Wochenende." „Ähm, ich...." José blieb in der Tür stehen und knetet seine Hände. „Keine Angst, wir werden deine Praxis schon nicht in Schutt und Asche legen", beruhigte Phil ihn. „Ihr nicht. Das ist mir klar, aber...." „José, ich passe schon auf, dass alle Tiere richtig versorgt werden und nichts kaputt geht." Neben dem spanischen Tierarzt war das kleine Mädel aufgetaucht, dass Rosa bei ihrem letzten Besuch schon kennengelernt hatte. Damals war die Kleine von der Schaukel gefallen. Wie hieß sie noch? Rosa kramte in ihrem Gehirn. Die rötlichen Haare gaben ihr dann den entscheidenden Hinweis. „Hallo Pippi", grüßte sie die Kleine. „Ich heiße Pippa und nicht Pippi. Aber Pippi ist mein großes Vorbild. Ich kann irgendwann auch ein ganzes Pferd anheben, damit José es besser untersuchen kann", kam es grinsend zurück. „Das ist etwas, wovor wir uns schon alle fürchten", stöhnte der Spanier. Er knetete wieder seine Hände und Rosa hatte so das Gefühl, dass sie wusste, warum. „Ich....also nein falsch.....eigentlich hatte ich einen Babysitter für Pippa dieses Wochenende...." „Ich bin aber kein Baby mehr", schmollte die Kleine sofort. „Aber der ist mir Blöderweise abgesprungen." José verzog sein Gesicht als hätte er Zahnschmerzen. „Eigentlich sollte sich eine Freundin von ihrer Mutter aus Ibiza um sie kümmern, aber sie hat so viel mit ihrer Praxis dort zu tun, dass sie nicht die Kleine abholen kann. Könntet ihr nicht vielleicht...." „Du meinst, ob wir nicht vielleicht eine weitere Praxishilfe gebrauchen können, die uns nach Praxisschluss die besten Strände der Insel zeigt und uns erklärt, wie man richtige Sandburgen baut?" Phil hatte sich vor Pippa hingekniet, damit er auf Augenhöhe mit ihr war. „Meinst du dazu hättest du Lust?" Die Kleine nickte sofort wild mit dem Kopf. „Au ja! Und übermorgen können wir uns zu Halloween verkleiden und um Süßes betteln oder die Leute bestrafen, wenn sie nichts da haben." Wieso hatte Rosa bei Pippa das Gefühl, dass ihr weniger an den Süßigkeiten lag als an den Streichen? „Das nenne ich mal einen Plan." Phil schaute zu Rosa. „Was meinst du, wir brauchen doch dringend Unterstützung, oder?" Natürlich nickte sie sofort. Die Kleine war so süß. Wie sollte man da schon nein sagen. „Ich danke euch." Man sah José deutlich an, wie erleichtert er war. „Jetzt stehst du noch mehr in unserer Schuld", zwinkerte ihm Phil zu. „Dann werde ich mal schnell abhauen, ehe ihr es euch noch überlegt." Der Spanier ging noch einmal vor der Kleinen in die Knie. „Du bist ganz artig. Haben wir uns verstanden?" Sie nickte ehrfürchtig, ehe sich ein Grinsen in ihr Gesicht schlich. „Wenn ich ganz artig bin, gehst du dann nächste Woche mit mir reiten?" José nickte ergeben und verabschiedete sich dann schnell. Wahrscheinlich hatte er Angst mit noch mehr Forderungen konfrontiert zu werden.
„So, und was machen wir jetzt?" Phil schaute zu Rosa. „Meinst du, Alfonso hat was dagegen, wenn wir Pippa mitbringen? Ich kann sonst auch meine Sachen holen und hier übernachten." Sie schüttelte sofort den Kopf. „Quatsch! Rosa-Maria wird die Kleine garantiert total verwöhnen und uns etwas Luft zum Atmen lassen." „Oder die Kleine treibt sie in den Wahnsinn, wenn sie die Finca durcheinander wirbelt", lachte Phil. „Auch das verschafft uns Freiraum", kicherte Rosa. „Na dann lass uns ein paar Sachen zusammenpacken." „Wieso?" Pippa hatte ihre kleinen Ärmchen in die Hüften gestützt. „Wo wollt ihr mit mir hin? Und wer ist Rosa-Maria?" „Du verstehst Deutsch?" Das überraschte Rosa. Die Kleine nickte stolz. „Natürlich! Meine Mama spricht genau wie José deutsch. Sie hat nämlich in Deutschland studiert. Und außerdem bin ich ganz schlau und gehe in die internationale Schule." Wahnsinn! Wie alt war die Kleine? Vielleicht vier oder fünf Jahre. Okay, in Spanien begann der Kindergarten mit drei Jahren und war in die Schule integriert. Trotzdem konnte Rosa sich nicht erinnern, dass sie damals auch so fit war. Dieses Mädel musste echt hochbegabt sein. Sie sprach schon zwei Sprachen und von Kindersprache war sie auch weit entfernt. Rosa dachte über die Kinder im Bekanntenkreis nach. Okay, dieser kleine Teufelsbraten unterschied sich da wirklich und war definitiv schon viel weiter. Das war fast beängstigend. Wahrscheinlich würde das Wochenende mit ihr echt spannend.
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Schuss und Treffer - Eigentor Teil 16 ✔️
Teen FictionRosas Leben läuft in perfekten Bahnen. Sie hat gerade ihr Abitur als Schulbeste bestanden. Da bremst sie auch kein Numerus Clausus aus. Ihr Traum vom Veterinärstudium in Berlin ist zum Greifen nahe. Und dann ist da dieser eine Tag, der alles, aber...