„Puh, heute war ganz schön was los!" Rosa rollte mit ihrem Rollstuhl zu ihrem Platz am Esstisch. Phil zog sich gegenüber den Stuhl hervor. „Ich dachte schon der Computer fliegt mir gleich wegen Überhitzung um die Ohren." Alfonso ließ sich stöhnend auf seinen Stammplatz gleiten. Er hatte heute wieder die Anmeldung übernommen, während Rosa Phil in der Praxis assistiert hatte. „Das ist montags immer so. Da kommen die ganzen Notfälle, die nicht den Wochenendzuschlag zahlen wollen." Sebastian platzierte sich neben Phil. „Nicht wahr, Chef?" Er erntete ein Nicken. „Ich muss unbedingt Personal einstellen. Sind denn schon neue Bewerbungen eingegangen?", wandte sich Phil an seinen Angestellten und Rosas Herz schlug etwas schneller. Sie musste sich bremsen, um nicht ein schnelles Ja heraus zu posaunen. Eine Bewerbung war ganz sicher gestern Abend eingegangen. „Kannst du nachher mal schauen, und Vorstellungsgespräche vereinbaren?" Sebastian biss sich auf seine Unterlippe. „Ähm Chef, kann ich das auch erst morgen machen? Nachher habe ich ein Videodate mit meinem Kleinen und das dauert immer etwas länger." „Ich kann das ja übernehmen", nutzte Rosa diese einmalige Chance. Ja, dann konnte sie das Ganze so planen, dass die anderen Bewerber vor ihr dran waren. Das war perfekt! Wenn Phil sich dann für sie entschied, nachdem er schon alle Bewerber gesehen hatte, konnte sie sich wenigstens sicher sein, dass das nicht nur ein Freundschaftsdienst war, sondern er sie wirklich für seine Praxis anstellen wollte. „Hast du nicht noch deine Reha? Ich kann das ja auch selbst machen." Klar, dass Phil darauf achtete, dass das bei ihr nicht zu kurz kam. Trotzdem würde sie sich diese Chance nicht einfach wieder so aus den Händen nehmen lassen. Deshalb schüttelte sie schnell den Kopf. „Vicky arbeitet erst morgen wieder mit mir. Ich habe also nichts zu tun und du musst noch Salomon reiten. Der ist gestern ja zu kurz gekommen." Normalerweise nutzte Phil gerade den Sonntag, um sein Pferd zu reiten, aber wegen der Überraschung mit Dalia, war das ausgefallen. Phil kratzte sich im Nacken. „Das stimmt schon. Aber...." „Kein aber! Du gehst reiten und ich mache die Termine. Oder traust du mir das nicht zu?" Das war ein echtes Totschlagargument , denn keiner würde es sich wagen das auch nur ansatzweise, ihr gegenüber im Raum stehen zu lassen. „Okay, du machst die Termine", stimmte auch Phil gleich zu. Zufrieden lehnte sich Rosa in ihrem Rollstuhl zurück und freute sich schon auf den vollgeladenen Teller, den Rosa-Maria ihr gleich vorsetzen würde.
„Mm, das war total lecker." Rosa legte das Besteck auf ihren leer geputzten Teller. Phil musste ihr recht geben. Die Tortilla war wirklich genau das gewesen, was er heute gebraucht hatte. „Dann werde ich mich mal umziehen gehen." Er schob seinen Stuhl vom Tisch zurück und stand auf. Auch wenn er das Gefühl hatte mit diesem Zusatzjob Rosa langsam wirklich auszunutzen, freute er sich doch darauf, noch etwas Zeit im Reitstall zu verbringen. Eigentlich hätte er sie ja gerne wieder mitgenommen, aber reiten wäre heute nicht möglich. Dazu benötigte er schon noch die Unterstützung der anderen. Und Max hatte heute Dienst. Das wusste er. Außerdem war es ja auch wichtig, dass er Rosa Aufgaben übertrug, wenn sie sich schon anbot. Hätte er nein gesagt, hätte es wahrscheinlich wieder einen empfindlichen Dämpfer für ihr Selbstbewusstsein gegeben. Und das wollte Phil garantiert nicht, gerade wo sich bei ihr endlich alles wieder in die richtige Richtung entwickelte. Seine Gedanken wanderten zu gestrigen Nachmittag und dem Streit mit Sascha - na ja zumindest halbwegs in die richtige Richtung. Dieses Störfeuer hätte echt nicht sein müssen. Sein Blick wanderte noch einmal zu Rosa. Auch wenn sie sich nichts anmerken ließ, war er sich sicher, dass der Streit mit ihrem Bruder doch an ihr nagte. Er kannte ja das enge Verhältnis der beiden zueinander. Ein Klingeln an der Haustür riss ihn aus seinen Gedanken. „Ich gehe schon!" Mit schnellen Schritten lief er über den Flur zur Eingangstür. Hoffentlich war das nicht noch ein Notfall. Manchmal neigten die Patienten dazu nach Praxisschluss an seiner privaten Tür zu klingeln. Erleichtert atmete er auf als er in die Gesichter von Rosas Eltern schaute. „Geht einfach durch, Rosa und die anderen sind in der Küche." Dann stand seinem abendlichen Reiten auf Salomon ja doch nichts im Weg.
„Was macht ihr denn hier?" Rosa schaute überrascht zu ihren Eltern. „Also Krümel, du tust ja gerade so, als wäre es so etwas Außergewöhnliches, dass wir dich besuchen." Ihr Vater beugte sich zu ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Das nicht, aber normalerweise ruft ihr vorher an." Sie griff nach ihrem Handy, um zu schauen, ob sie den Anruf übersehen hatte.„Seit letzter Woche erreicht man dich doch sowieso nicht mehr", zwinkerte ihre Mutter ihr zu. Da hatte sie wohl recht, denn in der Praxis hatte sie das Handy auf lautlos und auch keine Zeit darauf zu schauen. „Hilfst du immer noch bei Phil aus?" Rosa nickte sofort und ein breites Grinsen manifestierte sich in ihrem Gesicht. Sie musste an ihre Bewerbung denken und das Grinsen wuchs sogar noch etwas. Ja, wenn alles wie erhofft lief, würde das auch so bleiben. „Ist das nicht zu viel für dich, Krümel?" Ihr Vater beäugte sie mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht. „Du hast doch auch noch deine Reha mit Vicky, auf die du dich voll konzentrieren solltest, damit du bald wieder ganz gesund bist. Nicht dass dir die Kraft dafür dann fehlt. Mir ist da zu Ohren gekommen, dass....."
„Ihr wart bei Sascha!", unterbrach sie ihren Vater unwirsch. Deshalb waren sie also unangemeldet vorbeigekommen.
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Schuss und Treffer - Eigentor Teil 16 ✔️
Fiksi RemajaRosas Leben läuft in perfekten Bahnen. Sie hat gerade ihr Abitur als Schulbeste bestanden. Da bremst sie auch kein Numerus Clausus aus. Ihr Traum vom Veterinärstudium in Berlin ist zum Greifen nahe. Und dann ist da dieser eine Tag, der alles, aber...