Kapitel 148

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„So, jetzt müssen wir uns aber schnell umziehen." Phil klopfte den Schnee von dem Schneeanzug seiner Tochter. Den hatte Rosa wohl vorsorglich schon besorgt gehabt. Er und Pippa hatten den ganzen Vormittag im Garten damit verbracht Schneemänner zu bauen und Schneeengel zu fabrizieren. Zu guter Letzt hatte er Schnee geschoben, während die Kleine ihn mit Schneebällen beworfen hatte. So oft wie er einen Treffer abbekommen hatte, hatte sie wohl sein Scheeball-Gen geerbt. Ja, er war auch der König der Schneeballschlachten der Familie Reus. Ein gewisser Stolz erfüllte ihn. Vielleicht konnten sie ja heute eine kleine Schlacht gegen Max, Tessa, Maja und ihre Kinder anzetteln. Die würden sie beide garantiert in die Tasche stecken. „Papa, warum grinst du so?" Pippa schaute ihn neugierig an. „Weil ich eine Idee für später habe. Was hältst du von einer Schneeballschlacht in Opas Garten gegen die anderen?" Pippa begann sofort zu grinsen. „Au ja, die gewinnen wir. Ich habe ja trainiert." Sie hielt ihm ihre kleine Hand hin, damit er sie abklatschte. Plötzlich wurde ihr Gesicht ernst. „Papa. Vielleicht sollten wir doch keine Schlacht machen. Was, wenn der Weihnachtsmann das nicht mag und dann nicht Rosa, Nado und einen eigenen kleinen Hund für mich bringt?" Das würde er so oder so nicht. Aber das konnte Phil ihr ja schlecht sagen. „Meinst du, dass jemand, dem man eine Mail schreiben kann, wirklich so rückständig ist, dass er keine Schneeballschlachten mag, die Kindern Spaß machen?" Ja, Phil hatte gestern Abend festgestellt, dass der Weihnachtsmann wirklich eine Mailadresse hatte. Pippa grinste wieder. „Stimmt Papa. Der Weihnachtsmann mag glückliche Kinder, weil glückliche Kinder keinen Unfug anstellen." Okay, dieser These würde er nur bedingt folgen. Das war dann wohl Pippa-Logik. „Na los, dann geh dich jetzt umziehen, du glückliches Kind." Er drückte seiner Tochter einen Kuss auf den Scheitel und schob sie in Richtung ihres Zimmers. Hoffentlich war sie wirklich ein glückliches Kind, schoss es ihm durch den Kopf. Er versucht jedenfalls sein Bestes, damit es so war. „Papa, was soll ich denn anziehen?" „Na ich würde sagen einen Pulli und eine Hose wie immer." Pippa schüttelte sofort den Kopf. „Das geht nicht Papa! Heute ist Weihnachten und Romy hat gesagt, da muss man sich hübsch machen für den Weihnachtsmann." Na super. Fing das jetzt schon an? Vielleicht sollte er Pippa lieber den Umgang mit ihrer Cousine verbieten, wenn sie solchen schlechten Einfluss auf sie hatte. Wie auch immer, er steckte gerade ziemlich in der Bredouille. Natürlich hatte er nicht daran gedacht, für seine Tochter eine spezielle Weihnachtsgarderobe zu besorgen. Er war schon zu frieden, dass er alle Weihnachtsgeschenke besorgt und sogar verpackt hatte. Scheinbar war er doch noch ziemlich weit von einem brauchbaren Vater entfernt. Leicht überfordert lief er zum Schrank seiner Tochter und ließ seine Gehirnzellen schon einmal warm laufen. Er musste etwas finden, was er ihr als Weihnachtsgarderobe verkaufen konnte, denn seine Uhr sagte ihm, dass er keine Möglichkeit hatte, noch schnell etwas in der Stadt zu besorgen. Die Geschäfte hatten garantiert schon alle geschlossen. Im höchsten Fall konnte er noch einen Notruf an Max absenden. Seine Tochter hatte bestimmt mehr als eine weihnachtstaugliche Garderobe. Phils erster Blick im Schrank wanderte zu den Sachen, die ordentlich auf Bügeln hingen. Er musste schmunzeln. Da hatte Rosa sich echt viel Mühe gegeben und sogar so winzige Kinderbügel besorgt. Er schob einige hin und her und blieb an einer Samthose hängen. Ja, die war garantiert weihnachtstauglich. Außerdem sah sie total niedlich aus mit den aufgedruckten Pferden. Er zog den Bügel heraus. Jetzt musste er nur noch ein passendes Oberteil finden. Sein Blick fiel auf den samtigen Pulli daneben, von dem ihn ein Pferdekopf angrinste und der das farbliche Pendant zu der Hose bildete. Bingo! Er war gerettet. Mit den beiden Kleidungsstücken in der Hand drehte er sich zu seiner Tochter um, die sofort zu strahlen begann. Im Geiste schickte er Rosa ein stilles Dankeschön. Ohne ihre Weitsicht wäre er echt aufgeschmissen gewesen. Und das am Heiligabend. Das wäre eine total Katastrophe und Versagen auf der ganzen Linie. „So, du ziehst das jetzt an und ich gehe mich auch umziehen. Wenn was ist, weißt du, wo du mich findest." Pippa nickte ihm zu und begann sich aus ihren anderen Sachen zu strampeln. Was das anging hatte er echt Glück, dass sie schon so selbstständig war. Er lief in sein Schlafzimmer und öffnete seinen Kleiderschrank. So wie seine Tochter auf Weihnachtsgarderobe bestanden hatte, sollte er wohl auch lieber etwas Besseres heraus kramen. Er schob die Bügel hin und her. Also seine beste Jeans mit einem weißen Hemd, das sogar dank Rosa gebügelt war, wäre doch wohl den Ansprüchen seiner Tochter entsprechend. Sein Blick fiel zum Sakko, das vor ihm auf dem Bügel hing. Das hatte er das letzte Mal auf Mallorca an, als er beim Rechtsanwalt war und von Pippa erfahren hatte. Vielleicht war heute nicht der falsche Tag, um es wider anzuziehen. Er griff sich den Bügel und hängte es an die Schranktür. „Paaapaaa!" Der Aufschrei seiner Tochter ließ seinen Puls beschleunigen. Was war passiert? Er rannte los und stolperte im Flur fast über die Kleine. „Papa! Du musst mir ganz schnell die Zöpfe neu flechten. Die sind total kaputt gegangen als ich den Pulli angezogen habe. Der Weihnachtsmann bringt mir sonst bestimmt nicht Rosa, Nado und ein eigenes Tier." Pippa sah ihn ganz bestürzt an. Na wie gut, dass er dank der Videoturtorials in den letzten Tagen gelernt hatte, wie man einen vernünftigen Flechtzopf hinbekam. Er schob seine Tochter wieder in ihr Zimmer und platzierte sie auf ihrem Bett, ehe er eine Bürste holen ging.„Du musst aber meine Lieblingsspangen nehmen. Die mit dem Pferdekopf", scholl es ihm entgegen. Ja, was sonst! Phil drehte noch einmal ins Bad ab und holte auch die Spangen, die dort feinsäuberlich in einer Kiste gesammelt waren. „Papa, kannst du mir auch so einen Zopf, wie Rosa ihn immer hat, machen, damit ich sie damit überraschen kann, wenn der Weihnachtsmann sie mitbringt?" Während Pippa begeistert mit ihren Beinchen hin und her schwang, stöhnte Phil innerlich auf. Also weder war er in der Lage so einen Zopf zu machen -obwohl das mit einem weiteren Turtorial sogar vielleicht noch machbar war- noch war er dazu in der Lage Rosa herzuzaubern. Das würde ein ziemlich enttäuschendes Weihnachten für seine Tochter. Vielleicht sollte er doch noch einmal schnell auf der Seite des Tierheims......Quatsch! Pippa würde mit seiner Familie ein wunderbares Weihnachten haben und es konnte auch nichts schaden, wenn sie frühzeitig lernte, dass auch der Weihnachtsmann nicht alle Wünsche erfüllte....noch dazu, wenn sie so kurzfristig waren. Ja, genau! Er würde ihr ihre Illusion nicht nehmen. Da sie aber ein ziemlich schlaues Kind war, würde sie das Zeitargument mit Sicherheit verstehen und sich auf das nächste Weihnachtsfest vertrösten lassen.

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt