Kapitel 143

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Rosa schloss die Tür von Phils Haus auf und trat ein. Phils Haus! Sie konnte auf keinen Fall hier bleiben. Nein, das ging nicht, wenn er sie nicht wollte, dann hatte sie hier auch nichts mehr zu suchen. Dieser Gedanke versetzte ihr einen erneuten Stich und weitere Tränen liefen über ihre Wangen. „Princesa, ist etwas passiert?" Alfonso war vor ihr aufgetaucht und starrte sie überrascht an. Ohne zu überlegen warf Rosa sich in seine Arme und schluchzte auf. In ihr tat alles viel mehr weh als damals bei ihrem Unfall. Diesmal würde keine Reha helfen! Ihr Herz war zerfetzt und würde nie wieder heilen. „Princesa, ganz ruhig." Alfonso strich ihr sanft über den Rücken, um sie zu beruhigen und schob sie aus dem Flur. „Rosa-Maria, wir brauchen einen großen Krug heiße Schokolade mit ganz viel Schokolade", rief Alfonso im Vorbeigehen Richtung Küche. Als Antwort begannen die Töpfe zu klappern. Er schob Rosa weiter bis sie die weichen Polster des Sofas in ihren Kniekehlen spürte und sich hinuntergleiten ließ. „So Princesa, jetzt schnaubst du dir erst einmal die Nase und dann erzählst du mir, was so Schreckliches passiert ist." Er reichte ihr eine Packung Taschentücher ehe er seinen Arm um ihre Schulter legte. „Ph...il.....Phi...l...." Sie hasste diesen dämlichen Schluckauf, den sie jetzt auch noch hatte. So wie sie sich benahm, würde Alfonso Phil garantiert recht geben. Verflucht, warum heulte sie hier herum wie ein kleines Baby? Weil es so verdammt weh tat, dass Phil sie ablehnte. Trotzdem würde eine erwachsene Frau das nicht tun. Nein, die würde ihren Kopf hochhalten, den Rücken durchdrücken und einfach weitermachen als wäre nichts passiert. Rosa fuhr sich mit einem Taschentuch durch das Gesicht und richtete sich auf. Na ja, zumindest versuchte sie es. „Hatte Phil einen Unfall?" Alfonsos Blick war als beunruhigt zu beschreiben. Rosa schüttelte den Kopf. „Nein, er hat nur festgestellt, dass er nicht mehr..." Sie machte eine kurze Pause, um einmal durchzuatmen, damit sie die nächsten Worte ganz ruhig und erwachsen aussprechen konnte. „....mit mir zusammen sein mö..ööchte." Wieder schluchzte sie. Warum hatte sie sich nicht besser im Griff! „Wie bitte!" Rosa-Maria war ins Wohnzimmer gekommen und donnerte wütend die Tassen auf den Tisch. Wie gut, dass sie noch leer waren. „Was für ein Idiot!", schnaufte sie empört auf. „Er kann zufrieden sein, dass du ihn überhaupt in Erwägung ziehst. Wer will schon einen Mann mit Kind", polterte sie weiter. „Das ist ja das Problem!" Rosa fuhr sich mit ihrem Ärmel über die Augen, um die letzten Tränen zu vertreiben. „Phil denkt ich bin zu jung, um für Pippa die Mama zu sein." „Madre mia, wie blind ist der Junge? Die Kleine hängt an dir." Rosa-Maria schüttelte ihren Kopf. „Ich hole erst einmal die heiße Schokolade. Damit im Bauch können wir besser denken." Denken? Rosa wusste nicht, was das helfen sollte. Phil hatte seine Entscheidung getroffen. Egal, wie blind und dumm sie war. „Diese Frau denkt auch alles lässt sich mit Nahrungsaufnahme regeln." Alfonso schaute seiner Köchin hinterher, ehe er sich wieder Rosa zuwandte. „Was hat Phil denn alles gesagt? Vielleicht kann ein alter Mann dir ja helfen, den wirklichen Inhalt zu entschlüsseln." „Er hat gesagt, dass er die Verantwortung für mich hat, wenn ich schon alleine nicht dazu in der Lage bin, die richtigen Entscheidungen für mich zu treffen." „Hat er das genau so gesagt?" Alfonso schaute sie nachdenklich an. Sie zuckte mit den Schultern. „So in etwa. Er meint, ich hätte mein ganz Leben noch vor mir und dürfte es nicht an ihn und Pippa verschwenden." Die Traurigkeit in Rosa wurde wieder von Wut abgelöst. „Es ist doch mein Leben und ich bestimme, was ich damit anstelle." „Das stimmt, aber als Mann trägt man auch eine gewisse Verantwortung für die Frau, die man liebt." „Er liebt mich ja nicht, sonst würde er mich ja nicht aus seinem Leben verbannen." Alfonso schüttelte mit einem Lächeln im Gesicht seinen Kopf. „Ach Princesa, wenn er dich nicht lieben würde, wäre ihm egal, ob sich deine Träume erfüllen oder nicht. Er will dir einfach die Möglichkeit geben, deine Flügel zu spreizen und deinen Träumen entgegen zu fliegen. Er möchte, dass du es nicht irgendwann bereust, dass du dein Studium für ihn und Pippa aufgegeben hast." Na so ein Blödsinn! „Ich kann doch irgendwann immer noch studieren. Außerdem will ich jetzt auf keinen Fall von Dortmund und Pippa und Phil weg." „Princesa, Phil ist Tierarzt und weiß genau, dass man nur Vögel halten kann, wenn man sie fliegen lässt und nicht in den Käfig sperrt. Wenn der Vogel sich wohlfühlt, kommt er nämlich immer zurück." „Ja, ja, das hört sich total romantisch und philosophisch an, ist aber absoluter Unfug." Rosa-Maria befüllte die Tassen. Sofort breitete sich ein Schokoladenduft im Zimmer aus. „Wir Frauen sind ja keine Vögel, sondern wissen selbst, was wir wollen und das meist viel früher als diese unterentwickelten und zurückgebliebenen Männer. Willst du Phil?" Rosas Patentante musterte sie ernst. Natürlich wollte sie Phil. Also nickte Rosa, ohne lange zu überlegen. „Klar will ich ihn, aber ich kann ihn ja nicht zwingen, mich zu lieben." Rosa-Maria grinste breit. „Nein, das kannst du nicht, aber du kannst ihm zeigen, wie leer sein Leben ohne dich ist." „Und wie soll das funktionieren?" Rosa hatte echt keinen Plan, wie sich Rosa-Maria das vorstellte. „Du alte Teufelin", wandte Alfonso sich breit grinsend an seine Köchin und nahm einen großen Schluck aus der Tasse, während er Rosa zuzwinkert. Musste sie das gerade verstehen?

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt