Phil konnte Saschas Enttäuschung durchaus nachvollziehen. Ihm wäre es im umgekehrten Fall auch nicht anders gegangen. Er hoffte aber auch, dass Sascha seine Bredouille, in der er gesteckt hatte genauso reflektieren konnte. Aber das genau war momentan schwer abzusehen, denn Sascha saß ihm gegenüber auf dem Sofa und brütete stumm vor sich hin. Phils Blick wanderte zu Marshmallow, die ihm aufmunternd zuzwinkerte und immer noch oder schon wieder an einem Stück Baguette knabberte. Okay, wenn Sascha nicht weiter mit ihm reden wollte, dann hatte das mit der Aussprache wohl nicht funktioniert oder er brauchte noch mehr Zeit zum Nachdenken. Das war zwar nicht das, was Phil sich erhofft hatte, aber dann war es halt so. Er erhob sich von dem Sofa und straffte seine Schultern. Man musste ihm seine Enttäuschung ja nicht auch noch ansehen. „Ich geh dann mal und störe euch nicht länger. Würdest du mich bitte raus lassen", wandte er sich an Marshmallow. „Echt jetzt! Du willst dich einfach so verdrücken?" Sascha war auch aufgesprungen. Okay, dann ging es wohl in eine zweite Runde. Phil wusste aber beim besten Willen nicht, was er da noch vorbringen sollte. Er hatte doch alles an Gefühlen, Gedanken und Beweggründen vor Sascha offengelegt. So wie der aber von der Tarantel gestochen aufgesprungen war, schien er die Diskussion wohl auf die körperliche Ebene verlegen zu wollen. Okay, wie er meinte. Phil würde ihm dann trotzdem Paroli bieten. „Also nach dem Ganzen schuldest du mir mindestens Unterstützung am Grill." Hatte Phil gerade richtig gehört? „Du willst, dass ich zum Grillen bleibe?" Sascha nickte grinsend. „Ich habe gehört, dass Freunde so etwas zusammen machen." „Aaawww!" Marshmallow schmiss ihr angeknabbertes Stück Brot auf den Tisch und sprang auch auf. „Das ging ja schnell mit euch beiden. Echt erstaunlich, dass Männer manchmal doch gar nicht so begriffsstutzig sind, wenn sie nicht einfach weglaufen können. Jetzt wo ihr euch wieder lieb habt, gibt es noch eine Bro-Umarmung und dann geht es ab auf die Terrasse. Rosa-Maria wird wahrscheinlich schon Amok laufen und Angst haben, dass ihr vorbereitetes Grillgut vergammelt." Delphie gab beiden eine Stups und sie klopften sich in bester Kumpelmanie auf die Schulter. Das fühlte sich wieder richtig gut an. Phil hatte sein bester Freund wirklich gefehlt. Und wenn sie zusammenhielten, dann fanden sie bestimmt auch einen guten Weg, um Rosa aus ihrem Loch zu ziehen. „Ach übrigens..." Marshmallow öffnete die Terrassentür. „Ihr beiden Gehirnakrobaten hättet auch jederzeit einen Abgang durch diese Tür machen können." Sie schüttelte sich vor lachen, als sie auf die Terrasse hinaustrat. Auch Phil und Sascha lachten. Sie waren so fixiert auf ihr Problem gewesen, dass ihnen dieser Gedanke nicht einmal gekommen war. „Da seid ihr ja endlich. Und alles geklärt?" Alfonso schaute zwischen Phil und Sascha hin und her. Man konnte dem älteren Herren ansehen, wie wichtig ihm diese Aussprache auch war. Sie nickten beide und klopften sich zur Bestätigung noch einmal auf die Schulter. „Sie haben sich ausgesprochen und wieder vertragen", übersetzte Alfonso seine Erkenntnisse für Rosa-Maria, die auf einem der Lounge Sessel saß und sie finster anschaute. Sofort sprang die kleine Spanierin auf und kam auf Phil und Sascha zugeschossen. „Das wurde aber auch Zeit, ihr beiden dummen Jungs. Meine eingelegten Garnellen haben ja schon fast Junge bekommen." Phil biss sich auf die Zunge, um nicht loszuprusten. „Was hat sie gesagt?" Phil fragte sich, warum Sascha eigentlich kein Spanisch gelernt hatte. „Sie hat gesagt, dass sie sich freut, dass wir uns wieder vertragen haben." Sascha schaute ihn durchdringend an. „So würde sich Rosa-Maria nie ausdrücken. Hast du nicht gerade eben versprochen, mir ab jetzt immer die Wahrheit zu sagen? Egal, wie scheiße sie ist." Phil nickte. „Okay, es war nur eine sinngemäße Übersetzung. Wörtlich hat sie etwas von dummem Jungs gesagt." Sascha begann zu grinsen und nickte. „Ja, das hört sich schon mehr nach Rosa-Maria an." „Na los, Jungs, dann schmeißt den Grill an, bevor meine Lieblingsköchin noch den Dienst einstellt", feuerte Alfonso die beiden an. „Manchmal kann sie nämlich wirklich ungemütlich werden, wenn es nicht nach ihrer Nase geht." „Oh ja, das weiß ich", stimmte Sascha sofort zu. „Was habt ihr gesagt?", kam es auch gleich auf Spanisch von Rosa-Maria. Sie hatte wohl mitbekommen, dass über sie gesprochen wurde. „Wir haben gerade gesagt, wie sehr wir uns auf deine Garnelen freuen. Die bekommt keiner so wie du hin", antwortete Alfonso lächelnd. Phil grinste. Okay, der ältere Spanier nahm es mit der Übersetzung auch nicht so genau, liebte aber den häuslichen Frieden und wusste, wie er mit seiner Köchin umgehen musste. „Sí, verdad", stimmte ihm Rosa-Maria sofort selbstsicher zu. Ja, Selbstsicherheit war den spanischen Frauen kein Fremdwort. Das hatte Phil damals bei Blanca gelernt. Selbstsicherheit und gut versorgt sein, stand für sie ganz oben, ohne Rücksicht auf Verluste und Gefühl. Blöderweise war er der gewesen, der es hatte ausbaden müssen. Sein Blick fiel zu seinem Haus und seiner kleinen- naja, so klein war sie eigentlich gar nicht- Tierklinik hinüber. Wahrscheinlich hätte er jetzt bessere Chancen bei ihr, auch ohne Yacht. Andererseits hätte er keinerlei Interesse mehr an Blanca. Nein, er gehörte garantiert nicht zu den Wiederholungstätern, die einen Fehler zweimal machten. Weder in der Liebe noch im Alltagsleben. Deshalb war es ihm auch so leicht gefallen Sascha sein Versprechen zu geben, dass er ihm nie wieder etwas in Bezug auf Rosa verheimlichen würde. Nein, ab jetzt würde er alles offen mit ihm besprechen und darauf setzen, dass sein Kumpel auch ein klardenkender Erwachsener war, der seine Entscheidungen selbst treffen musste. Egal, ob Phil es mit ihm gut meinte oder nicht. Gut gemeint, war nicht immer gut gemacht. Das hatte Phil jetzt begriffen.
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Schuss und Treffer - Eigentor Teil 16 ✔️
Teen FictionRosas Leben läuft in perfekten Bahnen. Sie hat gerade ihr Abitur als Schulbeste bestanden. Da bremst sie auch kein Numerus Clausus aus. Ihr Traum vom Veterinärstudium in Berlin ist zum Greifen nahe. Und dann ist da dieser eine Tag, der alles, aber...