„Glaubst du das wirklich?" Rosa schaute Phil kopfschüttelnd an. Das konnte er auf keinen Fall ernst meinen. Sein Nicken sagte aber etwas anderes. Genau wie seine Körperhaltung. Nein, da war nirgendwo ein Ansatz zu sehen, dass er gleich anfangen würde zu lachen und ihr erklärte, dass das nur ein ziemlich missglückter Scherz war. Rosa schluckte. Klar, hatte sich bei den Worten wir müssen reden schon alles in ihr zusammengezogen. Wenn ein Satz so begann, dann endete das selten positiv. So wie sich Phil in letzter Zeit zurückgezogen hatte, war ihr schon klar gewesen, dass da irgendetwas nicht stimmte. Sie hatte es aber einfach auf die Eingewöhnung von Pippa geschoben. Deshalb hatte sie auch gehofft, dass dieses Gespräch für Klarheit sorgte, damit sie dann einen neuen gemeinsamen Weg finden konnten. Gemeinsam! Wie blöd von ihr! „Meinst du nicht, dass du mich das selbst entscheiden lassen musst?", versuchte Rosa noch einmal zu Phil durchzudringen. „Schließlich ist es doch mein Leben." Diesmal schüttelte er den Kopf. „Willst du mir meine Selbstbestimmung absprechen?" Rosa hörte selbst den leicht angriffslustigen Tonfall in ihrer Stimme. „Darum geht es doch gar nicht." Phil fuhr sich mit seiner Hand durch den Nacken. „Aber ich kann meine Verantwortung auch nicht einfach ausblenden. Das musst du doch verstehen." Musst sie das wirklich verstehen? Nein, musste sie nicht. Das war doch alles total unlogisch. Wieder schüttelte Rosa ihren Kopf. „Ich versteh nur, dass du dich hinter deiner Tochter versteckst und dass es scheinbar egal ist, was ich denke oder sage. Du weißt ja so wie es aussieht besser, was richtig für mich ist." Spätestens jetzt müsste Phil doch auffallen, wie dumm und übergriffig sein Verhalten war. „Ja, scheinbar als einziger." Das hatte er nicht wirklich gesagt! Rosa spürte wie die Wut in ihr hochkochte. Was bildete er sich bitte ein? Nein, das würde sie sich auf keinen Fall gefallen lassen. Sie war doch kein kleines Kind mehr, das nicht wusste, was es wollte und was gut für es war. „Du bist so ein...." „Hallo, hier steckt ihr zwei!" Vicky steckt ihren Kopf durch die Tür der Sattelkammer. „Ich wollte mich nur kurz verabschieden." Der Blick von Rosas Tante wanderte zwischen ihn beiden hin und her. „Das ist ja prima, dann kannst du ja Rosa vielleicht zu Hause absetzen. Ich reite noch etwas mit Pippa." Echt jetzt! Wollte dieser Mistkerl sich einfach verdrücken bevor sie ihm die Meinung geigen konnte? „Ja, kein Problem. Dann wünsche ich dir ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch. Wir sehen uns ja erst im neuen Jahr wieder." Vicky umarmte Phil, der sich an ihr vorbei aus der Sattelkammer drücken wollte. „Wünsche ich dir auch und grüße den Rest der Familie auch von mir." Er hatte es wirklich getan und sich verdrückt, ohne ihr die Möglichkeit einer weiteren Diskussion zu geben. Das war......das war echt unfair. Rosa schnaubte wütend durch die Nase. „Also du erinnerst mich gerade an einen wütenden Stier und Phil an einen flüchtenden Torero. Vielleicht hast du ja Lust mir im Auto zu erzählen, was los ist." Hatte Rosa dazu Lust? Nicht wirklich. Also nicht, dass sie ihre Tante nicht mochte und ihr und ihren Ratschlägen vertrauen würde, aber irgendwie wäre das ja dann wirklich so wie Phil es behauptet hatte. Sie wäre nicht in der Lage eigene Entscheidungen zu treffen. Nee, das würde sie sich nicht noch einmal vorwerfen lassen. Scheinbar hielt er sie ja für ein unmündiges Kleinkind. Rosa schluckte und schüttelte den Kopf. „Ist schon gut. Lass uns einfach nach Hause fahren." Vicky nickte verstehend und zwinkerte ihr zu. „Ja, manchmal muss man die Sachen auch erst einmal alleine durchdenken. Und vergiss nie, Männer sind manchmal echt kleingeistige Idioten. Deshalb hat der liebe Gott uns Frauen geschaffen. Ein echtes Kunstwerk der Schöpfung mit Nerven wie Stahlseile, damit wir diese Idioten ertragen können und einer überdurchschnittlichen Intelligenz, die es uns ermöglicht nicht den Schwachsinn zu glauben, den sie von sich geben. Ich greife da auf langjährige Erfahrung zurück." Ja, wahrscheinlich lag ihre Tante mit ihrer Einschätzung komplett richtig. Jedenfalls was Phil anging. Rosa folgte ihr zu ihrem Auto und setzte sich schweigend auf den Beifahrersitz. Ihr gingen so viele Sachen durch den Kopf.
„Kopf hoch, Krümel. Das wird schon wieder." Vicky zog Rosa zum Abschied in ihre Arme bevor sie aus dem Auto ausstieg. Die ganze Fahrt über hatte sie nur neben ihrer Tante gesessen und ihr halbherzig zugehört. Ja, im Moment interessierte sie das Bastelchaos, das ihr Onkel veranstaltet hatte, nicht wirklich. „Und wenn du doch noch jemanden zum Reden brauchst, du hast ja meine Nummer." „Alles klar. Aber das ist alles nur halb so schlimm. Grüß Feli, Vivi und Milli von mir." Rosa versuchte sich ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Scheinbar hatte es funktioniert, denn ihre Tante winkte ihr noch einmal zu Abschied zu und fuhr wieder los. Rosas Lächeln fiel in sich zusammen. Nichts war nur halb so schlimm. In ihrem Kopf tobte ein Gedankentornado. Sie hatte die ganze Fahrt über versucht alles für sich zu ordnen. Sie war aber nur zu einem Schluss gekommen. Phil wollte sie nicht mehr und hielt sie für zu jung und unreif. Er traute ihr keine Partnerschaft zu. Und noch viel weniger traute er ihr zu, dass sie dazu in der Lage war, seine Tochter mit ihm zusammen aufzuziehen. Diese Einsicht schmerzte sie am meisten. Was hatte sie falsch gemacht, dass er ihr das alles nicht zutraute? Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen. Der Vorwand, dass sie erst einmal ihren eigenen Platz in dieser Welt finden musste, war so eine Lüge. Sie hatte ihren Platz schon gefunden. Aber er wollte ihr diesen nicht zugestehen.
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Schuss und Treffer - Eigentor Teil 16 ✔️
Novela JuvenilRosas Leben läuft in perfekten Bahnen. Sie hat gerade ihr Abitur als Schulbeste bestanden. Da bremst sie auch kein Numerus Clausus aus. Ihr Traum vom Veterinärstudium in Berlin ist zum Greifen nahe. Und dann ist da dieser eine Tag, der alles, aber...