Kapitel 159

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„Guten Morgen!" Sascha ließ sich gutgelaunt auf den Stuhl gegenüber von Rosa gleiten. „Guten Morgen!" Delphie folgte ihm nicht weniger gutgelaunt mit einem Lächeln im Gesicht. So wie die beiden strahlten und ihre Hände unter dem Tisch gleich wieder zusammenfanden, musste man kein Hellseher sein, um eine gewisse Vorstellung zu haben, warum trotz der glücklichen Gesichter leichte Augenringe unter ihren Augen zu finden waren. Verdammt! Das wollte Rosa auch. Also nicht die Augenringe. Die hatte sie auch so, aber aus weniger befriedigendem Grund. Nein, sie wollte Phil neben sich, der genauso strahlte wie ihr Bruder, weil sie die ganze Nacht ... Rosa spürte, wie ihre Wangen zu brennen anfingen. Manno, an dem Gedanken war doch nichts peinlich. Das war die natürlichste Sache der Welt. Ja, aber eine Sache, die sie noch nie ausprobiert hatte. Also würde es doch peinlich werden, schließlich war Phil Vollprofi, wenn sie nicht alles täuschte. Andererseits war sie Reiterin. Zog man da nicht immer gewisse Parallelen. Vielleicht sollte sie trotzdem noch einmal ein paar Worte mit Delphie darüber sprechen. Ja, das konnte nichts schaden. Zeit genug hatte sie ja noch. Leider! „Du siehst aus als hättest du überhaupt nicht geschlafen. Geht es dir nicht gut?" Saschas besorgter Blick ruhte auf ihr. Ging es ihr nicht gut? „Na, was meinst du denn, wie es mir geht, wenn ich die ganze Nacht nach Flügen gesucht habe, aber erst Morgen einer geht", platzte es aus ihr heraus. Ja, sie hatte fast die ganze Nacht an ihrem Laptop verbracht. Der erste freie Flug ging morgen nach Dortmund. „Du willst wegfliegen?" Ihr Bruder schaute sie überrascht an. „Aber Mama und Papas Silberhochzeit ist doch an Silvester." „Da ist sie dann ja wieder da und bringt noch jemanden mit." Rosas Mutter drückte ihr einen Kuss auf ihr Haar und setzte sich auf den Stuhl neben ihr. „Coole Idee!", grinste Delphie breit. „Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg zum Propheten." „Muss ich das gerade verstehen?" Sascha schaute verwirrt zwischen den drei Frauen hin und her. „Nee, mein Sohn, musst du nicht. Sie sprechen gerade Weibisch, dass ist eine Sprache, die uns Männern unmöglich ist zu verstehen." „Wann geht denn dein Flug, Krümel? Wir fahren dich dann zum Flughafen." „Gleich morgens zum Glück." „Das würde ich nicht Glück nennen, denn das bedeutet, dass wir früh aufstehen müssen, um dich zu fahren", brummte ihr Vater und griff nach seiner Tasse. „Warum willst du überhaupt weg?" „Weil sie noch ihr Weihnachtsgeschenk abholen muss", zwinkerte ihre Mutter Rosa zu. „Weihnachtsgeschenk? Aber gestern war doch...." „Ich sagte doch Weibisch, mein Sohn." „Ich übersetze dir das später." Delphie drückte Sascha grinsend einen Kuss auf die Lippen. „Dann bekommst du auch deine erste Stunde Weibisch, damit du das alles immer verstehst." Wieder landeten ihre Lippen auf seinen. In Sascha Gesicht breitete sich ein verschmitztes Grinsen aus. „Ich war noch nie der lenguale Typ. Ich glaube ich brauche da eine Menge Unterricht. Wo fliegst du denn morgen hin?", wandte er sich an Rosa. „Nach Dortmund" In seinem Gesicht flackerte die Erkenntnis auf. „Blöderweise ging heute ja kein Flug." „Hast du denn auch nach Düsseldorf oder Köln geschaut", ertönte es sofort zweistimmig. Hielten ihre Mutter und ihre Schwägerin sie für so dumm? „Natürlich! Und auch nach Münster, Paderborn, Hannover und New York." „New York?" Sascha schaute sie irritiert an. „Was wolltest du denn in New York, wenn du zu Phil nach Dortmund willst?" In ihrer Verzweiflung hatte Rosa wirklich alle möglichen Flüge, die von Mallorca abgingen durchgespielt. Ja, und einer ging nach New York. Tatsächlich wäre dort sogar ein Platz für sie frei gewesen. Blöderweise, wäre der Flug aber samt Hin- und Rückflug sowie Umstiegszeit erst nach dem morgigen Flug von Mallorca nach Dortmund in Düsseldorf gelandet, so dass sie ihn dann doch verworfen hatte. Ja, ihre Verzweiflung war groß gewesen. Warum Vergangenheit? Sie war immer noch groß, denn jede Sekunde, Minute oder Stunde, die sie hier verbrachte und nicht bei Phil war, hielt sie von ihrem persönlichen Glück fern. Und das war Mist! Denn zum einen vermisste sie ihn und Pippa unendlich und zum anderen gab es ihm immer mehr Zeit, festzustellen, dass er sie vielleicht gar nicht in seiner Nähe brauchte. Das machte es dann noch schwerer ihn davon zu überzeugen, dass das absolut nicht der Fall war und er ohne sie überhaupt nicht leben konnte. Boah, das hörte sich so...so übertrieben an. Aber im Grunde war es genau das, was sie sich wünschte, dass er das dachte. Ja, ihr ging es auf alle Fälle so. Von Tag zu Tag vermisste sie ihn immer mehr. Es war echt eine saublöde Idee gewesen hierher zu flüchten, damit er sie vermisste. Sie hätte stattdessen sofort eine Aussprache mit ihm suchen und für sich und ihre Liebe zu ihm einstehen müssen. Sie hätte Rückgrat zeigen sollen. Das würde sie jetzt aber tun. Sie würde um das kämpfen, was sie wollte. Und das war eine Beziehung mit Phil. Egal, was er sagte, noch einmal würde sie sich nicht so leicht abschütteln lassen. Und wenn sie hier heute schon noch herumsaß, konnte sie sich wenigstens gut auf das Gespräch vorbereiten. Ja, wer gut vorbereitet war, konnte gar nicht verlieren. Das war wie bei Prüfungen. Außer man hatte das falsche Thema erwischt. Nein, das würde nicht passieren. Auf gar keinen Fall! Es gab nur das Thema Phil und Rosa. Da konnte man gar nicht daneben liegen. Ihr Blick wanderte zu Sascha und Delphie, die schon wieder mit ihren Lippen aneinander klebten. Ja, genauso würde das morgen Abend auch bei ihr und Phil aussehen. Da konnte überhaupt nichts schief gehen, wenn man zu allem entschlossen war.

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt