Phil rückte Rosa den Stuhl zurecht und versuchte sich daran zu erinnern, was ihm seine Eltern noch so alles an gutem Benehmen im Umgang mit einer Frau beigebracht hatten. Blöderweise war das mit dem Erinnern ziemlich schwierig, denn erstens war das schon etwas länger her und zweitens hatte er nie so genau zugehört, weil es ihn ja schlichtweg nicht wirklich interessiert hatte, wie man eine Frau beeindruckte. Nein, das hatte er noch nie gewollt. Obwohl, nie stimmte ja nicht wirklich. Einmal hatte er das wirklich gewollt, aber Blanca hatte ihm ja ziemlich schnell gezeigt, dass das völlig sinnfrei war. Wieso also sollte er jetzt Rosa beeindrucken wollen? Das war doch Quatsch. Er wollte sie nicht beeindrucken, sondern ihr nur zeigen, dass er ein guter Arbeitgeber war, der seinen Angestellten die Wertschätzung entgegenbrachte, die sie verdienten. Ja, genau so war es und nicht anders. Mit Sebastian ging er ja auch ab und zu in einer Kneipe ein Bier trinken. Also, das alles hier war total ungefährlich und unverfänglich. Phil setzte sich Rosa gegenüber auf den Stuhl. Vor ihnen brannte bereits eine Kerze und ein Blumenstrauß hatte auch den Weg auf den Tisch gefunden. Das gehörte hier wohl dazu, wenn man ein Dinner bestellte. „Ich hoffe dir gefällt das Menü, das ich für uns ausgesucht habe." Ja, am Telefon hatte man ihm mehrere Vorschläge gemacht und er hatte versucht das auszusuchen, was er glaubte, was Rosa auch gerne essen würde. „Also Pizza Diavolo", grinste sie ihn an. Manno, ihre Kornblumen funkelten teuflisch und riefen sofort wieder das Bild von ihr in diesem extrem sexy Halloweenkostüm von gestern hervor. Würde er jemals wieder an etwas anderes denken können, wenn das Wort Teufel in einem Satz vorkam? Wahrscheinlich würde er selbst seine Lieblingspizza nicht mehr ohne ein entsprechendes Bild in sich hineinstopfen können. „Ähm... nein.....ähm, die gibt es hier ja nicht." Verflucht, was stotterte er denn hier so herum? Er ähmte ja schon so, wie sein Vater das in seinen besten Zeiten getan hatte. Konnte er nicht einfach eine total galante und wortwitzige Antwort geben, wie er es normalerweise tat? Scheinbar nicht! So wie es aussah, waren die Kapazitäten seines Gehirns wohl gerade mit Bildverarbeitung blockiert. „Vielleicht gibt es ja was anderes Teuflisches für uns." Rosa zwinkerte ihm zu. Verflucht! Warum war ihm denn plötzlich so warm? Hatte heute eine Hitzewelle die Balearen erreicht? Oder lag das schon wieder an diesen Bildern in seinem Kopf, die jedesmal auftauchten, wenn nur ein Wort fiel, das mit Teufel in jedweder Art in Verbindung stand. Er kratzte sich im Nacken und nickte. Erleichtert atmete er auf, als der Kellner zu ihnen an den Tisch trat und ihn vor einer peinlichen Antwort bewahrte. Verdammt noch mal! Er musste sich wirklich zusammenreißen.
Das Essen, das Phil ausgesucht hatte, war wirklich total lecker gewesen und irgendwie hatten sie sich auch gut unterhalten. Ja, irgendwie! Es war total komisch. Rosa hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass Phil mit seinen Gedanken ganz woanders war. Die Frage war nur, wo und warum? Es war doch seine Idee hier Essen zu gehen und den Abend mit ihr zu verbringen. Wo lag also das Problem? „La cuenta", hörte sie Phils Stimme ihre Gedanken durchbrechen. Okay, dann war das Essen beendet und er hatte wohl doch keine Lust mehr auf Sonnenuntergang. Rosa schaute enttäuscht zum Himmel, der sich schon leicht einfärbte. Schade eigentlich.
Rosa lief auf ihren Krücken neben Phil her zum Ausgang und schlug den Weg nach links ein, wo es zum Parkplatz ging. Vielleicht war es ja auch ganz gut, wenn sie sich beeilten nach Hause zu kommen, bevor es dunkel wurde. Die kurvige Bergstraße hatte es schon in sich und morgen mussten sie ja auch schon früh zum Flughafen. Ja, es war eindeutig besser, wenn sie sich jetzt beeilten. „Wo willst du hin?" Phil hielt sie an ihrem Arm fest. „Na zum Auto." Wieso schaute er denn so enttäuscht? Er hatte den Abend doch eben im Restaurant beendet. „Ich dachte, wir schauen noch den Sonnenuntergang. Da vorne kann man den viel schöner sehen als im Restaurant." Phil deutete auf die Picknick-Area, in der sie bei ihrem Ausritt Pause gemacht hatten. „Willst du uns schon einen Platz reservieren? Ich hole noch schnell etwas aus dem Auto." Rosa nickte. Was wollte er denn jetzt aus dem Auto holen? Wahrscheinlich ihre Jacken, denn wenn die Sonne weg war, wurde es ziemlich schnell kühl. Rosa schaute sich um. Scheinbar hatten sie Glück, denn die ihrer Meinung nach beste Bank war noch frei. Rosa lief dort hin und ließ sich darauf sinken. Ihre Krücken legte sie neben sich ab. „Da bin ich schon wieder." Phil tauchte grinsend neben ihr auf. Über seinem Arm hatte er eine Decke. Den anderen Arm hatte er hinter dem Rücken als versteckte er etwas. Das weckte Rosas Neugier. „Was hast du da?" Sie versuchte um ihn herumzulinsen. „Wie es sich für einen ordentlichen Sonnenuntergang gehört, etwas Kribbelwasser." „Du hast Sekt mit?" Das überraschte Rosa ziemlich. Erstens musste Phil noch fahren und zweitens tranken sie beide das Zeug doch gar nicht so gerne. Das wusste sie aus ihren Unterhaltungen. Phil schüttelte den Kopf und wirkte etwas verlegen. „Nee, Cola. Aber wenn du lieber Sekt möchtest, kann ich schnell im Restaurant....." „Cola ist perfekt! Das Sprudelwasser des Teufels", grinste sie. Warum schaute Phil denn schon wieder so eigenartig? Hatte sie was Falsches gesagt? Vielleicht war es besser, sie hielt jetzt einfach den Mund. Er setzte sich zu ihr und sie schauten dem Naturschauspiel am Himmel zu. Ihre Arme berührten sich und ein Schauer durchfuhr Rosa. „Dir ist kalt?" Phil schaute sie besorgt an. „Wie gut, dass ich die Decke mitgebracht habe." Fürsorglich legte er sie um ihrer beiden Schultern. War er noch etwas dichter an sie heran gerutscht? „Das sieht so unglaublich aus. Der Himmel glüht ja förmlich." Rosa war total geflasht von dem Farbenspiel, das sich ihnen bot. „Meine Oma sagt immer, das ist das Feuer der Hölle, das sich kurz zeigt." Rosa spürte Phils intensiven Blick auf ihrem Gesicht. Sie wendete sich ihm zu. Ja, er schaute sie wirklich mit diesen wunderschönen Augen an, in denen sich das restliche Licht der Sonne glänzend spiegelte. Wie von einem Magneten angezogen, beugte sie sich zu ihm. Phil riss überrascht seine Augen auf und dann.....dann schien die Sonne zu explodieren.
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Schuss und Treffer - Eigentor Teil 16 ✔️
Teen FictionRosas Leben läuft in perfekten Bahnen. Sie hat gerade ihr Abitur als Schulbeste bestanden. Da bremst sie auch kein Numerus Clausus aus. Ihr Traum vom Veterinärstudium in Berlin ist zum Greifen nahe. Und dann ist da dieser eine Tag, der alles, aber...