Kapitel 160

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Phil schaute durch die Frontscheibe zum Himmel. Er näherte sich gerade der französischen Grenze und die Wolken am Himmel sahen nicht mehr ganz so dunkelgrau aus wie in Dortmund als er losgefahren war. Ja, er hatte sich Pippa und ein paar Sachen geschnappt und war in sein Auto gesprungen, um so schnell wie möglich zu Rosa nach Mallorca zu kommen. „Die nächtlichen Temperaturen sinken auf Minus fünf Grad und in den frühen Morgenstunden zieht aus Richtung Skandinavien ein breites Niederschlagsband heran, das bis in tiefere Lagen in Nordrhein Westfalen für Niederschlag in Form von Schnee sorgen wird. Das sind die Aussichten für den zweiten Feiertag. Also macht es euch an der Heizung gemütlich und genießt die restlichen Weihnachtsnaschereien." Toller Wetterbericht! Na ein Glück, dass er schneller aus Deutschland raus war als die Schlechtwetterfront nachrückte. Auf Schnee- und Eischaos auf den Straßen konnte er wahrlich verzichten.Phil dimmte die Lautstärke des Radios nach einem Seitenblick auf Pippa, die heute in ihrem Kindersitz neben ihm saß. Ja, so hatte er sie bei der längeren Fahrt besser unter Kontrolle und konnte besser auf sie eingehen. Die Kleine saß ganz still in ihrem Sitz. Ihre Augen waren geschlossen und in ihren Armen hielt sie ihr Plüschpony an sich gedrückt. Sein Display zeigte einen eingehenden Anruf an. Max! Phil nahm das Gespräch sofort an. „Frohe Weihnachten." „Ähm...ähm hatten wir das nicht gestern schon?" Max schien über seine Begrüßung verwirrt. „Bist du gerade im Auto unterwegs?" Max fing an zu lachen. „Ja klar bist du im Auto unterwegs. Deine Tochter treibt dich gerade in den Reitstall zu ihrem Pony. Du hast ja heute keine weiteren familiären Verpflichtungen." Nein, die hatte er leider nicht. Aber wenn alles so lief, wie er sich das vorstellte, würde er sie zum nächsten Weihnachtsfest auch haben. „Wir sind ja heute bei Jasi und Marvin. Das gefällt Romy und Merlin nur bedingt. Sie wollen nämlich auch zu ihren Ponys. Damit hat Papa echt den Haupttreffer gelandet. Vielleicht sehen wir uns dann ja nachher noch in der Reithalle." „Das bezweifele ich, denn ich bin gerade auf dem Weg nach Mallorca." „Mallorca? Das finde ich einen sehr guten Ansatz. Willst du die ganze Sache endlich klären und dich bei Rosa entschuldigen. Da solltest du dir aber etwas Gutes als Versöhnungsangebot einfallen lassen. Warum hast du mir nicht vorher Bescheid gesagt? Ich hätte euch doch zum Flughafen gebracht." „Nix Flugzeug. Wir fahren mit dem Auto. Flüge wären erst übermorgen gegangen und solange will ich nicht warten." Wieder scholl ein Lachen durch den Lautsprecher. „Ist klar, wenn es bei dir erst einmal Klick gemacht hat, dann hält dich nichts mehr auf. Na dann wünsche ich euch eine gute Fahrt und vor allem auch viel Erfolg bei deinem Vorhaben. Lass dir eins gesagt sein, es ist gar nicht so schwer sich zu entschuldigen und meist sind die anderen auch geneigt die Entschuldigung anzunehmen, wenn man seine Dummheit ihnen eingesteht." „Ja, ja, ich weiß. Musst du jetzt nicht zu der verkohlten Weihnachtsgans deiner Schwiegermutter?" Wieder lachte Max. „Vielleicht habe ich ja Glück. Wenn sie zu verkohlt und ungenießbar ist, gibt es die leckeren Eierkuchen von Jasis Mom. Also gute Fahrt und gib Bescheid, wie es gelaufen ist." „Wenn es gut läuft, werde ich dazu keine Zeit haben." Das bescherte ihm ein weiteres Lachen seines Bruders, ehe das Gespräch beendet war. Ja, wenn alles lief, wie er es sich wünschte, würde er mit Sicherheit nicht mit seiner anderen Hälfte telefonieren, sondern die Zeit ganz alleine seinen beiden Mädels und davon ganz besonders seiner kleinen Kornblume widmen. „Papa, warum sagt Onkel Max, dass du dich bei Rosa entschuldigen musst? Habt ihr euch gestritten?" Na prima, seine Tochter war wach. Eigentlich hatte er ja darauf gehofft sich noch ein paar sinnvolle Gedanken zu seinem Vorgehen bei Rosa machen zu können, während die Kleine schlief. So konnte er das vergessen, denn ihr kleines Plappermaul würde garantiert nicht still stehen. „Ich dachte, du schläfst." „Haben meine Augen ja auch, aber meine Ohren waren wach." Pippa schaute ihn grinsend an. „Papa, wenn du mit Rosa gestritten hast, musst du dich bei ihr entschuldigen und ihr das geben, was du am liebsten hast. Das klappt bei Romy auch immer, wenn wir uns streiten. Ich gebe ihr dann immer Cabi und dann ist alles wieder gut." Die Stirn von Pippa bildete kleine Denkfalten und sie zog ihre Unterlippe zwischen ihre Zähne. „Hör auf darauf zu kauen." Phil gefiel die Angewohnheit seiner Tochter beim Denken ihre Unterlippe durchzunagen nicht. Sie gab ein Brummen von sich. „Papa, was ist dein Liebstes?" „Das bist du. Aber dich würde ich nie weggeben." Für diese Antwort musste er nicht einmal überlegen. Im Gegensatz zu seiner Tochter, die schon wieder ihre Lippe zu malträtieren begann. „Pippa!", ermahnte er sie sofort. Diesmal kam aber kein Brummen sondern ein breites Grinsen als Antwort. „Mhm, wenn du aber Rosa mich gibst, wäre das schon okay, weil wenn sie deine Entschuldigung annimmt, dann kommt sie ja zu dir zurück und dann sind wir ja alle zusammen und sie kann meine Mama sein." Okay, das war typische Pippa-Logik, die ihm aber durchaus gefiel. Ja, wenn das so funktionieren würde, wäre das cool. Aber ihm war auch klar, dass er da nicht seine Tochter mit reinziehen wollte. Auch wenn das die Sache mit Sicherheit erleichterte, so wie Rosa die Kleine mochte. Nein, die Kuh musste er ganz alleine vom Eis holen. Schließlich hatte er das Ganze ja auch alleine verbockt. „Ich muss mir einfach nur etwas ganz Tolles und Romantisches einfallen lassen, damit Rosa uns zurücknimmt." Pippa nickte. „Das macht José auch immer, wenn Marisol sauer auf ihn ist. Ruf ihn an! Er hat bestimmt eine tolle Idee." Pippas auffordernder Blick lag auf ihm und sie tippste ungeduldig mit ihren Fingern auf ihrem Oberschenkel. Sie erinnerte ihn an seine Mutter, wenn sie darauf wartete, dass er einen ihrer Aufträge endlich ausführte. Da half wohl nur eins. Phil scrollte durch seine Kontaktliste. Ja, ein Anruf bei José war eine wirklich gute Idee. Es konnte nichts schaden, wenn er einen Vertrauten vor Ort hatte, der für ihn schon einige Vorbereitungen treffen konnte. Und José hatte mit Sicherheit die entsprechenden Kontakte für seine Romantik-Idee. Er tippte den Kontakt an und schaute zu seiner Tochter, der er zuzwinkerte. Sie lehnte sich entspannt in ihrem Sitz zurück und schloss ihre Augen. „Papa, ich schlafe dann noch ein bisschen." Phil schmunzelte. Wieso hatte er das Gefühl, dass wieder nur die Augen seiner Tochter schliefen als sich José meldete?

Schuss und Treffer -  Eigentor   Teil 16      ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt