-fünf-

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Pashee, Iléa
Dena's Point of View:

Gegenwart:

"Dena, bist du fertig? Unten steht schon die Kutsche bereit!", rief Neyla mir aus dem Badezimmer zu. Zwei Familienmitgliedern ist es gestattet die jeweilige Lady ins Schloss zu begleiten und dort für einen Tag zu verweilen, das war eine vieler Regeln, die ich in den letzten Tagen auswendig gelernt hatte. Und das war die einzige gute...
Auf jeden Fall hatten sich Neyla und Prue dazu entschlossen mitzufahren, besser gesagt hatte Prue Mum angefleht, dass sie mitdarf, und Mum hatte natürlich irgendwann nachgegeben. Jack würde bei Cas und Mum bleiben und auf die beiden aufpassen, so war es jedenfalls geplant.

"Jaha!", rief ich ihr zu. Sie machte sich gerade fertig, da sie auch gepackt hatte und nun ebenfalls eine lange Reise vor sich hatte. Bei Prue bezweifelte ich, dass sie alles mithatte, aber Neyla musste eher auf mich aufpassen. "Ich sag' nur kurz Mum Tschüß.", fügte ich hinzu und stieß mit Neyla zusammen, die gerade das Bad verließ. "Ups. Sorry", murmelte ich und ging weiter zum Zimmer meiner Mutter.
"Beeil dich bitte!", rief Neyla mir von der Treppe aus zu. Ich nickte, obwohl sie es nicht sehen konnte und klopfte mit zitternden Händen an das Zimmer meiner Mutter.

"Ja?", ertönte eine leise Stimme von innen. Ich seufzte enttäuscht auf, denn ich wusste, dass diese nicht von Mum stammte. Wahrscheinlich schlief sie. Trotzdem drückte ich die Klinke herunter und betrat das dunkle Zimmer. An dem Bett in der Mitte des Zimmers saß Jack, der eilig aufstand und mich am Arm festhielt. "Sie schläft", sagte er leise, "Schreib ihr am besten eine Nachricht, aber ich möchte sie jetzt nicht aufwecken." Ich nickte langsam und warf einen letzten Blick auf meine schlafende Mutter und drückte Jack den Brief in die Hand, den ich schon vorher geschrieben hatte. Ich hatte gewusst, dass sie wahrscheinlich schlafen würde, aber ich hatte es mir eben anders erhofft.

"Tschüß, Prinzessin", murmelte Jack und umarmte mich fest, "Für mich hast du schon gewonnen." Ich lächelte leicht und löste mich dann von ihm. "Danke Jack. Ich werde alles tun, um Mum zu helfen", versprach ich leise, aber er schüttelte nur den Kopf.
"Tu' alles, was sie auch gewollt hätte, Dena. Nicht mehr und nicht weniger. Und versprich mir eins: Bleib' du selbst. Wenn du wiederkommst, möchte ich dich genau so antreffen, wie ich dich in Erinnerung hatte.", murmelte er und sah mir fest in die Augen. Ich nickte leicht, eine Träne verließ meine Augenwinkel. "Ich werde euch vermissen, Jack.", gab ich leise zu. "Ich weiß, ich weiß", erwiderte er und umarmte mich erneut, "Wir dich auch."

"Dena!", Neyla rief mich erneut, dieses mal klang sie sehr ungeduldig. Ich löste mich von Jack und sah zu ihm auf. "Ich muss dann wohl." Er nickte und drückte einmal meine Hand, bevor ich die Treppe hinunterlief.
Ich drehte mich nicht mehr um, sonst hätte ich es nicht geschafft wegzufahren. Es brach mir das Herz meine Mutter alleine zu lassen, aber ich wusste, dass es das beste war. Ich tat immer das beste und das war auch gut so. In einer armen Familie mit vier Kindern musste sich jeder seinem Schicksal fügen, auch wenn es einem nicht gefiel. Das beste musste nicht saß beste für einen selbst sein, Sonden für die Familie.

Ich sah lächelnd zu Cas und Prue, die sich gerade voneinander verabschiedeten. Neyla streckte ihre Hand aus und drückte aufmunternd meinen Arm, dann schob sie mich zu Cas. Er lächelte mich aus großen, braunen Augen an. "Du wirst Königin, Dey", sagte er fest überzeugt, "Ich weiß es." Ich lächelte und blinzelte eine Träne weg. Dann zog ich ihn in eine lange Umarmung. Eine warme Hand auf meiner Schulter ließ mich ihn loslassen. Neyla lächelte und wies mit einem Kopfnicken auf die Tür. Ich nickte langsam und verließ das Haus. Mit schnellen Schritten stieg ich in die Kutsche, ohne auf die helfende Hand von dem einen Soldaten zu achten. Ich wollte einfach nur noch weg, damit ich mich nicht mehr umentscheiden konnte.

Prue stieg ebenfalls in die Kutsche. Sie lächelte die Wache kokett an und ließ sich dann neben mir auf den Sitz fallen. "Puuh. Es ist echt anstrengend, dieses ganze Lächeln, findest du nicht auch?", fragte sie erschöpft und grinste mich schief von der Seite an. Ich rang mir ein müdes Lächeln ab und strich mir über mein schlichtes blaues Kleid. Es war das schönste, was ich besaß und war mir sogar schon ein bischen zu kurz, aber zu diesem Zweck musste es noch einmal herhalten. Auch Prue trug ihr bestes Kleid, welches sie von mir geerbt hatte und ebenfalls nicht mehr im besten Zustand war. Nur Neyla, die gerade in die Kutsche stieg, hatte ein wunderschönes mintfarbenes, weil Jack eine Schneiderei besaß. Eigentlich hatte er mir und Prue auch eins schneidern wollen, aber... Mum hatte es nicht annehmen wollen.

"Wir können los", erklärte Neyla dem Kutscher und lehnte sich zurück. Trotz ihrer entspannten Haltung sah sie unglaublich elegant und hoheitlich aus. Ich fühlte mich neben ihr so.. klein und unbedeutend. Nicht, dass ich es ihr nicht gönnte, aber ich verstand einfach nicht, wieso ich ausgewählt wurde. Wahrscheinlich weil ich einen anderen Hintergrund genommen hatte und nicht wegen meiner Person selbst. "Und Dena?", meine große Schwester sah mich noch einmal an, bevor sie die Augen schloss, "Mach dir nicht so viele Gedanken. Du siehst wunderschön aus."

vier stunden später:

Schloss, Iléa

Würde ich in einer Klischee-geschichte leben, hätte ich jetzt geschlafen und wäre mit einem 'dena! wir sind da!' von Prue geweckt worden, die schon ganz begeistert am Fenster der Kutsche hängt und allen Leuten winkt, die an uns vorbeigehen. Aber so ist es nicht. Ich habe weder geschlafen, noch bin ich begeistert von dem Schloss. Ich bin diejenige, die meine beiden Schwestern wecken muss, damit sie von der öden Landschaft und dem mickrigen Schloss enttäuscht werden. "Miss Dena Caplan aus Pashee!", ruft eine Stimme. Erschrocken reiße ich die Augen auf, als die Kutsche geöffnet wird und ein adrett aussehender mann mir seine Hand hinhält. Neyla lächelte mir aufmunternd zu, während Prue hämisch grinst.
Erwartet mich da draußen das halbe Königshaus oder was?

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